ROST STATT MARMOR
Es war schon eine lange Zeit vergangen, dass ich als Besucher die Großstadt Münster/Westfalen besuchte. Hier hatte ich stets das Gefühl mich in einer Kleinstadt zu bewegen und fühlte mich recht wohl. Alles war innerhalb eines überschaubaren Umfeldes zu erreichen. Dieses Mal wollte ich mir den neu gestalteten Hafen ansehen.
Am Ufer des Hafens waren inzwischen eine große Anzahl Lokale entstanden, von der einfachen Kneipe bis hin zum Restaurant der besonderen Klasse. Auf der Rückseite der "Spiegelburg" in dem Hafenweg stieß ich mit einer guten alten Bekannten zusammen, die ich ebenfalls vor etlichen Jahren zum ersten Mal in Paris traf. Das war im Louvre. Bewundernd bestaunt von unzähligen Augenpaaren stand sie da auf ihrem Sockel. Die marmorne Schönheit einer Venus, deren linker Arm vollständig vom Rumpf getrennt war, während der rechte Arm nur noch einen kurzen Teil ihres Oberarms zeigte. Dadurch wurde das Augenmerk um so mehr auf den sonst makellosen, formvollendeten Körper gelenkt. Wie ich dann belehrt wurde, ward sie etwa 100 v.Chr. von einem unbekannten Bildhauer geschaffen worden und im Jahre 1820 von einem hellenischen Bauer auf der Kykladeninsel Milos im Acker gefunden worden. Man nannte sie daher "Die Venus von Milo". Nun stand sie auf einmal da vor mir, nicht in Paris sondern hier in Münster. Von ihrem makellos glatten und marmornen Körper war nichts zu sehen. Braun bis dunkelrot war ihr ganzer Körper von oben bis unten anzusehen. Eine rauhe rostige Haut überzog die Gestalt dieser Venus von Milo, die als Stahlnachbildung zwar noch den gleichen wohlgeformten Körper zeigte, doch der Zahn der Zeit hatte dieser Stahl-Dublette eine rostige Patina aufgesetzt.
Autor:Peter Reiss aus Wesel |
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