40 Tote, schwere Verwüstungen
Pulverfass in Wesel - Ein Funke genügt -

zeitgenössische Darstellung des Unglücks (Quelle: wickicommons)
  • zeitgenössische Darstellung des Unglücks (Quelle: wickicommons)
  • hochgeladen von Hansfried Münchberg

Ein Funke genügt
Wie gefährlich der Umgang mit dem sprichwörtlichen Pulverfass ist, seit Anfang dieses Jahres sitzt Europa, mit dem Krieg Putins gegen die Ukraine, wieder auf einem solchen, zeigt eine Begebenheit aus weit entfernten Tagen. Auch die grausamen Bilder, die uns heute per Fernsehen ins Haus geliefert werden, die Schrecken, die die Bevölkerung in der Ukraine erleiden muss, sind vergleichbar mit dem, was die Menschen vor etwa 400 Jahren zu ertragen hatten. Man fragt sich, ob die Menschheit in den zurückliegenden Jahrhunderten überhaupt nichts dazu gelernt hat.

Pulverfass – Ein Funke genügt

Am 12. Juli 1642, hatte sich in Wesel ein schlimmes Unglück ereignet. Schauplatz der Katastrophe war beim „Viehtor“. Die heute in der Innenstadt liegende Straße „Viehtor“ erinnert noch an das ehemalige, 1739 wegen Baufälligkeit abgerissene, Stadttor. Zum Zeitpunkt des Unglücks war das Viehtor einer der Hauptzugänge in der Stadtbefestigung, durch den das Vieh auf die Weide getrieben wurde. Später wurde dort die „Mathena Kirche“ gebaut.

Im 1692 erschienen Jahrbuch „Theatrum Europaeum“ des Matthaeus Merian wird berichtet: „....hat sich ein seltsam Unglück mit angezündetem Pulver in der Stadt Wesel zugetragen: Ein Karrenmann hat das Pulver geführet / dessen ein Fässlein nicht zum besten zugeschlagen oder verwahret gewesen: des Pferds Hufeisen eines hat im Ziehen Feuer geschlagen/ davon dieses Fässlein angezündet worden: welches nicht allein an den Häusern und Fenstern trefflichen Schaden gethan/ sondern auch über vierzig Personen getödtet hat/ zu allem Glück sind zween von gleichem Pulver geladenen Karren schon in dem Ausfahren durch die Vieh-Pforten passieret gewesen / sonsten wäre der Schaden noch viel größer worden / der Karrenmann/ Pferd und Karren sind auch drauf gegangen.

Krieg am Niederrhein vor 380 Jahren

Im Jahr 1642, vor 380 Jahren, fanden gerade auch am Niederrhein zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen statt.
Europa befand sich im 24. Jahr des 30 jährigen Krieges.
Im Laufe dieses Krieges, der in den verschiedenen Landstrichen unseres Kontinents immer wieder hin- und herwogte wurde die Bevölkerung heftig in Mitleidenschaft gezogen. In diesem Krieg, der vordergründig um die wahre Religion geführt wurde, ging es immer wieder auch um die Macht und Habgier verschiedener gekrönter Häupter. Das Kriegsvolk, das für die jeweils Mächtigen in die Schlacht zog, rekrutierte sich eher selten aus den jeweiligen Landeskindern. Die Heere, die aufgestellt wurden, waren zum großen Teil Landsknechtsheere, zusammengewürfelte Söldnertruppen die gegen Geld und Kriegsbeute ihre Dienste den Kriegsherren anboten.
Der Sold, den die Söldner erhielten, musste oft von den ausgeplünderten Ländern, bzw. Städten aufgebracht werden. Nicht selten wurden diese um Lösegeld erpresst, wenn eine Stadt nicht zahlen konnte oder wollte, wurde sie der Zerstörung, Plünderung und Brandschatzung anheim gegeben.

Brutalität und Verrohung
Im Laufe der langen Kriegsjahre trat auch eine immer größer werdende Verrohung der Soldateska ein. Grausamkeiten gegen die Bevölkerung, wie wir das auch heute in der Ukraine wieder beobachten müssen, wurden immer brutaler.

Die Lage am Niederrhein
Die Truppen der Reformierten, unter dem Kommando des Feldmarschall Graf Wilhelm zu Oranien – Nassau, lagen in diesem Jahr (1642) die meiste Zeit in der Gegend um Budberg.
Sie hatten bei Wesel eine Schiffsbrücke über den Rhein gelegt. Über den Niederrhein verteilt hatten sie zahlreiche Schanzen angelegt. Noch heute deuten in vielen Orten Straßennamen auf solche Auseinandersetzungen hin. So gibt es zum Beispiel im schon erwähnten Budberg die Straßenbezeichnung „Spanische Schanzen“ . So hatten die „Reformierten“ über Jahre am Niederrhein den papsttreuen Truppen, den Bayrischen, Kaiserlichen und Spanischen Paroli geboten. Nicht immer ohne schwerwiegende Folgen wurden im Zuge dieser Auseinandersetzungen die Städte mit reichlich Waffen aufmunitioniert.

Nach Weihnachten 1641 zog der französische König seine (protestantischen) Truppen und die der mit ihm verbündeten Hessen und Weimaraner am linken Niederrhein zusammen. Seine Truppen überquerten bei Wesel über eine Schiffbrücke den Rhein . Sie richteten auf eigentlich kurkölnischem (katholischen) Gebiet, am linken Niederrhein ihr Winterquartier ein. Die protestantischen Truppen vereinigten sich zu einem Heer mit insgesamt etwa 9000 Mann Stärke . Mitte Januar 1642 eroberten sie das kurkölnische Uerdingen, Das benachbarte Linn wurde eingeschlossen und die Burg Linn belagert.

Gleich darauf, am 17. Januar 1642 trafen das kurkölnisch/ katholisch/ kaisertreue Heer unter Oberbefehl des flandrischen General Lamboy, etwa 13 000 Mann stark und das französisch / hessisch/ weimarische Heer in der Schlacht auf der Kempener Heide zusammen.

Der Schatz von Bedburg
Alles was die Truppe plünderte wurde zu Geld gemacht. Viel Beute wurde nach Wesel und ins Klevische geführt, darunter ein in Bedburg, in einem seit undenklichen Jahren ungeöffneten Gewölbe gefundener, bis dahin unbekannter, Schatz, der so groß war, daß man ihn auf 2 Wagen von Bedburg nach Wesel transportieren musste.

Der Krieg geht weiter
Das „Theatrum Europaeum" berichtet: „Um den 17. Juni kam der Prinz von Uranien mit der Armee, von Kleve kommend, über den Weg nach Xanten, Rheinberg, Orsoy und Mörß, samt seinen Schiffsverbänden zu Wasser, herangezogen. Die Schiff-Brücke von Wesel wurde bis ungefähr bei Budberg rheinaufwärts verlegt. Die Armee des Prinzen von Orange war um diese Zeit etwa 22000 Mann und 80 Geschützen stark. Die (protestantischen) Unierten lagerten derweil von Grävenbruck (Grevenbroich) abwärts des Rheins um Linn und Uerdingen.
Die gegnerische Kaiserlich- und Bayerische Armee mit ihrer Schiff-Brücke lagerte abwärts Zons
So übel die Weimarischen gehaust haben, so arg haben es auf der Gegenseite auch die Kaiserlichen und Bayerischen gemacht. Im Bergischen hat das Landvolk die Weimarischen wieder ersehnt, da diese am wenigsten die Häuser und Gebäude angegriffen und auch weniger Abgaben verlangt haben.“

Noch 6 weitere Jahre Krieg

Es sollte noch 6 Jahre dauern, bis sich die kämpfenden Seiten derart erschöpft hatten, bis das Land so ausgelaugt war, daß man sich endlich zum Friedensschluß zusammenfand

Autor:

Hansfried Münchberg aus Moers

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