Interview mit Kai Havaii

Kai "Havaii" Schlasse. (Foto: Michael Gertzen)
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IMKE: Hallo Kai, als Auftakt zu diesem Interview hätte ich erst mal eine kleine Scherzfrage Habt ihr einen Werbevertrag mit der Firma Edding?

KAI: (lacht) Komisch, weil die Frage kam gerade erst bei dem Internetradio, wo kommt der Name (Extrabreit) her. Du weisst es anscheinend?

IMKE: Ja ich habs im Internet gelesen.

KAI: Das ist richtig, der Name stammt von einem dieser dicken, fetten Eddingmodelle. Einen Werbevertrag haben wir deswegen nicht, aber es gab tatsächlich mal eine Art 'Special Edition', wo ein Edding mit unserem Schriftzug belegt war. Das ist halt so eine kleine Anekdote am Rande, aber das ist schon wahr, der Firma Edding haben wir unseren Namen zu verdanken.

IMKE: Ihr macht jetzt seit 36 Jahren Musik und wenn man mal Studioaufnahmen mit Live Auftritten vergleicht, dann kommt ihr Live wesentlich besser rüber, ist zumindest meine Auffassung. Meine Frage ist, habt ihr eigentlich immer noch Lampenfieber?

KAI: Ja doch! Das ist natürlich unterschiedlich und auch eine Frage der Tagesform. Aber ich muss sagen, manchmal bin ich doch ganz schön nervös. Kommt auch drauf an, wo wir spielen. Aber ein bisschen Lampenfieber und Adrenalin muss auch sein vorher. Wenn man zu ruhig ist, bevor man auf eine Bühne geht, kommt man nicht richtig auf Touren. Also ein bisschen Aufregung und Nervosität vor dem Auftritt ist gut.

IMKE: Gibt es da irgend ein Ritual?

KAI: Ich glaube da hat jeder so seine eigenen Methoden. Also ich tiger ganz gerne so ein bisschen auf und ab und versuche nochmal mich in einzelne Songs hinein zu versetzen - mir diese Situationen vorzustellen.
Ein Ritual gibt’s in sofern bei uns, dass wir 'Fußballmanschafts-Technisch' vor jedem Auftritt erst mal einen Kreis bilden, unseren gemeinsamen Urschrei loslassen und uns vornehmen den besten Gig unseres Lebens zu machen. Das machen wir immer.

IMKE: Kai Havaii du bist ja sozusagen der kreative Kopf der Band. Wie viele Lieder schreibst du im Monat?

KAI: Ich bin nicht der einzige Kreative bei uns. Ach, das ist natürlich völlig unterschiedlich. Es gab Phasen und Jahre wo ich wirklich wenig geschrieben hab. Aber jetzt ist es so, dass wir wieder anfangen. Wir wollen im Sommer an neuem Material arbeiten und wir wollen auch im Herbst was neues haben, was man den Leuten auch in die Hand drücken kann. Und deswegen habe ich angefangen mich wieder intensiver damit zu beschäftigen. Und dann kann es auch sein, das man mal zwei, drei Sachen im Monat raus haut. Das muss nicht immer gleich erste Liga sein, man sortiert ja immer hinterher aus. Aber zur Zeit schreibe ich relativ viel.

IMKE: Ich habe mal in einem anderen Interview gehört, dass du dir deine Songs aus Zeitungsschnipseln zusammen sammelst …

KAI: Nein das ist nicht grundsätzlich so, das ist ganz unterschiedlich! Das kann natürlich mal sein das ich einen Artikel in der Zeitung lese, der mich in irgend einer Weise auf was bringt. Das war z. B. so bei 'Besatzungskind' auf dem letzten Album 'Neues von Hiob', da hatte ich einen Artikel gelesen über die verschiedenen Maßnahmen damals, kurz nach dem 2. Weltkrieg, wie die US-Armee versucht hat die horizontale Verbrüderung zwischen amerikanischen Soldaten und deutschen Mädchen zu verhindern und das hat mich in der Tat zu diesem Lied inspiriert, in dem Fall war es tatsächlich ein Zeitungsartikel.
Das können aber auch ganz andere Sachen sein, das können Geschichten sein, die mir z.B. ein Freund erzählt, das können persönliche Erfahrungen sein oder was man mal im Fernsehen sieht, alles was so zum Leben gehört.

IMKE: EXTRABREIT hat doch den Anspruch eine politische Band zu sein, seht ihr euch als so eine Art „Aufklärer“? Aus den 80ern ist mir so der Satz hängen geblieben „Das Volk wachrütteln“ z.B. Stichwort 'Polizisten'

KAI: Also „Das Volk wachrütteln“, so was hätte ich ehrlich gesagt nie in den Mund genommen, denn das klingt mir zu sehr nach Agitprop und nach Politband. Und es ist richtig, das wir eine Band sind, die auch politische Statements macht und auch immer machen wird, weil wir eine kritische Einstellung haben.

Aber es ist nicht immer alles schwarz und weis und von vielen Seiten werden einem immer vermeintliche Wahrheiten vorgebetet die man immer wieder hinterfragen sollte.

Und ich denke das ist eine Grundeinstellung zu sagen „Die Welt ist nicht so eng, wie einem manchen Leute immer erklären wollen“ sondern getreu dem Motto eines unserer frühen Songs 'Ich seh in 3D'. Es gibt Themen zu denen man sich immer mal wieder äußern kann und auch SOLLTE. Und im weiteren Sinne ist unsere Band auch eine politische.
Aber wir wollen keine Politband sein, die zu jeder Sau die irgendwann mal durchs Dorf getrieben wird, auch einen Kommentar abgeben muss.

IMKE: Also einiges ist es vielleicht auch gar nicht wert …

KAI: Nee, natürlich nicht! Manche Dinge sind einfach total aufgebauscht und hochgejazzt und sind es wirklich nicht wert, dass man sich damit zu sehr beschäftigt.

IMKE: 'Polizisten' ist mal im Bayrischen Rundfunk verboten gewesen, weil es angeblich dieses Staatsorgan verhöhnt, besteht eigentlich das Verbot heute noch? Und wenn nicht, wie ist es denn zu der Aufhebung dieses Verbots gekommen?

KAI: Also ich glaube nicht, dass es heute noch besteht. Das war ja auch zu Franz Josef Strauß Zeiten 1981. Das ist ja eine ganze Weile her. Ich wüsste allerdings auch nicht, das es offiziell aufgehoben worden wäre, das Verbot, das habe ich das jedenfalls nicht mitbekommen. Aber das stimmt, zu der Zeit als es in den Charts war, ist es in Bayern nicht gelaufen.

IMKE: 'Für mich soll's rote Rosen Regnen' ist eines meiner persönlichen Lieblingsstücke, wie habt ihr denn die Zusammenarbeit mit Hildegard Knef erlebt?

KAI: Ja das war schon eine besondere Sache, ein spezielles Highlight in all den Jahren. Irgendjemand war auf das Lied gestoßen und ich kannte die Knef ja auch schon vorher. Meine Eltern hatten ihre Platten und ich hab schon mit 13 ihre Platten gehört, auch wenn ich damals nicht so genau wusste, was sie da eigentlich alles erzählt, hat mich das schon fasziniert. Diese Stimme, dieses leicht morbide …

Und dann hatten wir diesen Song ausgegraben und haben ihn gecovert, so in EXTRABREIT-Manier und hatten ihn auch schon aufgenommen und ihr unsere Version geschickt.
-Es war gar nicht so leicht sie ausfindig zu machen, damals redete kein Mensch mehr von ihr. -
Und wollten einfach mal einen Kommentar oder ein Statement von ihr. Irgendein Goodwill, was man auch zitieren konnte.
Dann hat sie es bekommen und meinte „Oh das finde ich gut, da will ich aber dabei sein!“ Und dann versuchten wir das mal als Duett und dann nahm das Schicksal seinen Lauf und das war eine schöne Sache!

IMKE: Glaubst du, dass es heutzutage leichter ist als Musiker erfolgreich zu sein oder war es früher leichter?

KAI: Ich glaube weder noch. Es ist zu allen Zeiten schwer, weil viele Leute Musik machen und es gibt auch viele Leute die echt talentiert sind. Aber es gehören alle möglichen Faktoren dazu, dass es tatsächlich zu seinem Erfolg führt. Dazu gehören viele Faktoren und auch kosmische Zufälle. Es gehört natürlich eine gewisse Entschlossenheit dazu und eine gewisse Radikalität und man muss auch mal Brücken hinter sich abbrechen können.
Nur mit dem Sicherheitsdenken, „Ich kann es ja mal versuchen, aber so richtig ernst mein ich es nicht.“ so gehts nicht. Aber ein Rezept gibt es nicht!

IMKE: Was haltet ihr von Show's wie 'Deutschland sucht den Superstar'?

KAI: Also ich muss dir sagen, dass ich dazu wirklich relativ wenig sagen kann, denn ich gucks mir nicht an. Es interessiert mich nicht, ich finds langweilig und ich find es eher peinlich. Diese hoch gepuschten Emotionen, diese Tränen die da fließen, die Beleidigungen die da ausgestoßen werden …. Es ist nicht meine Welt, ich kann nur sagen, es interessiert mich einfach nicht!

IMKE: Währt ihr denn in so eine Castingshow gegangen, wenn es das damals schon gegeben hätte 1978?

KAI: Ich kanns mir nicht vorstellen. Denn es gab zwar damals schon Band-Wettbewerbe, aber von denen haben wir uns immer fern gehalten. Das war nicht unsere Welt.

Vielen Dank lieber Kai, für das ausführliche Interview!

Autor:

Imke Schüring aus Wesel

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