Kopfhörerparty im Scala
Da gibts was auf die Löffel
Da draußen gibt es nur Pepsi oder Coke, McDonalds oder Burger King, Android oder Apple… oder eben Kanal A oder Kanal B auf einem Kopfhörer, der per Funk vom DJ mit Musik gespeist wird.
Kennen Sie noch die Apple-Werbespots, in denen Silhouetten von wild ausgelassenen Menschen mit Kopfhörern im Ohr vor quietschbunten Flächen tanzen? Sowas gibt es auch in echt zu bestaunen — nämlich wenn man auf einer Kopfhörerparty im Scala der Stereophonie huldigt, zuletzt geschehen am 24. November.
Als ersten Impuls der Neugier — nach Erhalt und Aufsetzen der Kopfhörer — schiebt man den Schalter auf an und hört (wirklich keine Überraschung) Musik. Und als zweiten Impuls schaltet man direkt weiter auf den zweiten Kanal, womit dann plötzlich die Gehörknöchelchen, die drei »Musiketiere« Hammer, Amboss und Steigbügel ("Einer für alle, alle für einen!") in eine musikalische Parallelwelt teleportiert werden. Es ist großartig!
Sofort wertet man die Stile gegeneinander aus und nennt Kanal A WDR2-Classics mit ausgeliehenem WDR4-Musikredakteur aus der postschlagermusikalischen Ausrichtung und Kanal B ist 1live vor 4 Jahren mit mehr Remixen. Und nach einiger Zeit muss man sich relativieren und eingestehen, dass die Musikvielfalt deutlich über ersteren Klassifikationsversuch hinausgeht.
Die zwei DJs, jeweils Herren ihrer eigenen Playlist und des eigenen Einspeisungssignals stehen da hinter den Pulten der tanzverordnenden Macht. Gott sprach es werde Licht — der DJ schraubt am Volume-Knopf und es werde lauter.
Mal schnappen sie sich gegenseitig die Hörer weg, weil auf dem anderen Kanal das bessere Lied läuft, mal kontrastieren sie die Geschmäcker, um die Tanzlandschaft zu polarisieren. Es ist wie das sich überschneidende Sendegebiet von zwei Piratensendern, die sich insgeheim 'ne Kaffeetasse teilen. 49% der Gäste schwofen, 49% der Gäste drehen sich wie vom Beat aufgezogen, und ich (selber Generation Kopfhörer) stehe da und denke mir nur: es war niemals cooler, Lärmschutzgesetze so abgefahren raffiniert zu umgehen und dabei was derart Spaßiges zu kreieren. "Da gibt's was auf die Löffel" ist in diesem Fall alles, nur keine Drohung. Sondern ein Stimmungsmacher.
Erkenntnis des Abends:
nichts hilft besser gegen Alltagsmonotonie,
als Scala-Kukturspielhaus-Stereophonie.
Autor:Timothy Kampmann aus Wesel |
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