Abul Abbas
Ausstellung „Abul Abbas – Der Elefant Karls des Großen in Wesel“
Ausstellungseröffnung „Abul Abbas – Der Elefant Karls des Großen in Wesel“
Die städtische Brisürenkasematte im LVR-Niederrheinmuseum Wesel gehört zu den architektonischen und historischen Highlights der alten Festungsstadt Wesel. Neben standesamtlichen Trauungen etabliert das Stadtarchiv in Kooperation mit dem LVR-Niederrheinmuseum eine lose Veranstaltungsreihe „Brisüren-Abende“. Angeboten werden seit Oktober 2022 in intimer Runde und in der besonderen Atmosphäre des aufwendig sanierten Gewölberaums u.a. Vorträge, Lesungen und Ge-sprächsrunden zu Themen der Weseler Stadtgeschichte.
Zum ersten Mal wird in diesem Rahmen nun in Kooperation mit der Historischen Vereinigung Wesel eine Ausstellung angeboten. Vom 27. April bis zum 27. Juni 2023 ist „Abul Abbas – Der Elefant Karls des Großen in Wesel“ zu sehen. Der Eintritt ist kostenlos möglich und zwar zu den Öffnungszeiten des LVR-Niederrheinmuseums Wesel: Dienstag bis Sonntag, von 11 bis 17 Uhr.
Abul Abbas – Der Elefant des Kaisers
Abul Abbas ist der erste namentlich und urkundlich belegte Elefant in Mitteleuropa. Ursprünglich aus Indien stammend, verstirbt Abul Abbas im Jahr 810 nach Christus in Lippeham bei Wesel.
Die Ausstellung entführt die Besucherinnen und Besucher in eine märchenhafte und längst vergangene Zeit und erzählt die Geschichte des Elefanten von Karl dem Großen. Der Frankenkönig hatte den Elefanten als Geschenk des Kalifen von Bagdad erhalten.
Der Kalif und der Kaiser haben sich nie persönlich getroffen, aber intensive diplomatische Kontakte unterhalten, die zurückgehen auf noch viel ältere arabisch-fränkische Verbindungen.
Vor dem Hintergrund des Schutzes christlicher Pilger in Jerusalem reist eine Gesandtschaft Karl des Großen nach Bagdad. Dort werden Geschenke ausgetauscht und politische Verhandlungen geführt. Festgelegt wird u.a., den jeweils anderen Glauben – Christentum und Islam – zu tolerieren.
Zu den Geschenken für die fränkische Delegation gehört auch der Elefant Abul Abbas. Der jüdische Kaufmann Isaak, einer der Unterhändler von Karl, macht sich mit dem Elefanten auf die beschwerliche Heimfahrt nach Europa. Die Reise führt auf alten Römerstraßen entlang des Mittelmeeres bis nach Tunis. Hier sitzt Isaak zunächst fest, da kein Kapitän einen Elefanten befördern will.
Etwa zeitgleich wird Karl der Große in Rom zum Kaiser gekrönt und erfährt dort vom Schicksal seines Elefanten. Er befiehlt den Bau von Schiffen und so gelangt Abul Abbas nach Ligurien. Im Frühjahr 802 wagt dann Isaak – wie einst Hannibal – die Alpenüberquerung mit dem Dickhäuter. Im Sommer 802 trifft Isaak mit seinem Elefanten schließlich nach fast fünfjähriger Reise in Aachen ein.
Abul Abbas begleitet Karl den Großen im Jahr 810 auf einen Kriegszug gegen die Wikinger. In Lippeham bei Wesel schlägt Karl sein Lager auf, um sein Heer zu vergrößern. Während dieser Zeit verstirbt Abul Abbas aus unbekannten Gründen.
Die Ausstellung zeigt reich bebildert alle bekannten Details aus dem Leben von Abul Abbas und seinem historischen Umfeld. Knochenfunde – u.a. ein seltener Milchzahn eines jungen Mammuts – runden die Schau ab. Die Besucherinnen und Besucher erfahren auch, wo das fast legendäre Lippeham genau gelegen hat.
Die Märchen aus Tausendundeiner Nacht
Was hat der berühmte Elefant, der tatsächlich existiert hat, mit den fiktiven, aber berühmten gesammelten Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht zu tun? Eine zentrale Figur vieler Erzählungen ist Hārūn ar-Raschīd, der bis 809 nach Christus Kalif in Bagdad war. Unter heutigen Muslimen aufgrund seiner Brutalität umstritten, wird er im Westen meist als märchenhafte Gestalt und damit positiv wahrgenommen. Er war es auch, der Karl dem Großen den Elefanten Abul Abbas schenkte.
Die berühmte morgenländische Erzählsammlung ist ein Buch der Weltliteratur und zugleich ein Beispiel für den Brückenschlag zwischen den Kulturen.
Die ältesten Vorläufer der Rahmengeschichte stammen aus Indien und sind fast zweitausend Jahre alt. Ihre Erzählmotive wanderten nach Persien, wo sie im 2. bis 6. Jahrhundert nach Christus eine schriftliche Form erhielten. Die mittelpersische Fassung wurde um ca. 800 nach Christus – wahrscheinlich in Bagdad – ins Arabische übersetzt und begann sich danach mit arabischen Geschichten zu füllen.
Seit über dreihundert Jahren wurde und wird „Tausendundeine Nacht“ in europäische Sprachen übersetzt. Die erste Übersetzung des französischen Orientalisten Antoine Galland stammt von 1704. Diese sehr freie Nachschöpfung löste maßgeblich den Orient-Boom in der europäischen Literatur, Dichtung und Malerei aus. Keine große Kunstgattung konnte sich dem Zauber von „Tausendundeine Nacht“ entziehen. In der Ausstellung zu sehen ist eine der seltenen Ausgaben vom Ende des 19. Jahrhunderts, die mit sehr dekorativen Zeichnungen zudem in Wesel gedruckt wurde. So gibt es wie bei Abul Abbas auch zwischen Tausendundeiner Nacht und Wesel einen nicht geahnten Zusammenhang.
Kinderprogramm
Ein Elefant, ein Kalif, eine der bekanntesten Märchensammlungen aller Zeiten. Was liegt da näher, als sich dem Ausstellungsthema auch durch Kinderaugen zu nähern? Die jungen Ausstellungsbesucher*innen (6–12 Jahre) begeben sich auf eine spannende Zeitreise. Sie erleben eine fünf Jahre dauernde „Geschenkübergabe“, also die Reise des Elefanten Abul Abbas aus Bagdad an den Niederrhein. Vermittelt werden spielerisch die Strapazen einer Reise im Jahr 800. Das lässt sich z.B. anhand der Frage, wie viel ein solcher Dickhäuter überhaupt frisst, beantworten. Die Kinder erfahren auch, was es heißt, wenn vor 1200 Jahren ein Kaiser mit seinem riesigen Hofstaat in ihre eigene Heimat kam. Anhand praktischer Beispiele und historischer Bilder erarbeiten die Kinder sich schließlich, wie schwierig es ist, etwas zu malen, was man vorher nicht mit eigenen Augen gesehen hat. Als Abschluss hören die Kinder ein Märchen aus der Sammlung „1001 Nacht“.
Rahmenprogramm
Die Ausstellung wird begleitet von einem Rahmenprogramm mit Führungen und Lesungen. Ein besonderer Schwerpunkt ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Aber auch Führungen durch die Ausstellung durch den Kurator werden angeboten:
- 27.04.2023, 18 Uhr: Ausstellungseröffnung mit einem Vortrag des Kurators Peter Bruns
- 30.04.2023, 14 Uhr: Kinderprogramm (6–12 Jahre): Stadtentdeckerin Ingeborg Deselaers-Pottgießer
- 06.05.2023, 15 Uhr: Kurator Peter Bruns, Öffentliche Führung
- 03.06.2023, 15 Uhr: Kurator Peter Bruns, Öffentliche Führung
- 27.06.2023, 11–13 Uhr: Kinderprogramm (6–12 Jahre): Stadtentdeckerin Ingeborg Deselaers-Pottgießer
Alle Veranstaltungen finden in der Brisürenkasematte statt, die über das LVR-Niederrheinmuseum Wesel zugänglich ist. Außerdem wird es noch eine Lesung aus 1001 Nacht geben für Erwachsene geben, zu der noch gesondert eingeladen wird. Gruppenführungen sind auf Anfrage kostenlos möglich. Bitte melden Sie sich bei Peter Bruns per E-Mail peter-bruns@gmx.de an.
Aufgrund der begrenzten Kapazitäten in der Brisürenkasematte wird um Voranmeldung sowohl zur Eröffnung als auch zu den Veranstaltungen des Rah-menprogramms gebeten; entweder per Mail an archiv@wesel.de oder per Telefon an 0281/1645400.
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