Abendspaziergang
Welcher Hundebesitzer kennt das nicht: Es wird Abend, eigentlich möchte man sich aufs Sofa fläzen und in die Glotze glotzen – aber der beste Freund des Menschen steht vor einem und schaut einen erwartungs- bzw. vorwurfsvoll an. Den Blick gleichzeitig auf sein (in diesem Falle) Frauchen und auf den Platz, wo die Leine hängt, gerichtet. Und er schielt nicht einmal dabei! Keine Ahnung, wie er das macht. Meistens – nein! Immer! – erhebt man/frau sich dann seufzend, nimmt den Schlüssel in die Hand und den Hund an die Leine und ab geht’s. Schnell mal um den Block und wieder rein!
Nicht so dieser Tage. Wenn die Abende lau und die Sonnenuntergänge prächtig sind, dann liebe ich den abendlichen Spaziergang. So auch heute.
Nach zwei kalten verregneten Tagen genieße ich die klare, angenehm temperierte Luft. Der Himmel ist von einem eigenartig verwaschenen und gleichzeitig klaren Blau. Vielleicht liegt das an den Wolken, die wie ein weißes Aquarell auf blauer Leinwand aussehen. Zwischen den hohen Bäumen am Straßenrand lugt noch golden die Sonne hervor. Ein paar Autos fahren noch, aber sonst begegnet mir niemand. Der Hund trapst neben mir her, die Nase am Boden, während ich in den Himmel schaue. Nun ja – umgekehrt sähe es auch etwas seltsam aus.
Ich überquere die Hauptstraße und gehe auf dem Fahrradweg weiter, der an der Umgehungsstraße entlang führt. Von links blöken mir die Schafe ein fröhliches „Hallo“ zu – die kennen mich von meinen Spaziergängen, ich gehöre beinahe schon zur Familie. Trotzdem verkneife ich es mir, den Gruß zu erwidern. Der Hund schaut mich eh schon manchmal so komisch an.
Auch hier nur ein paar Autos und zwei Radfahrer, die auf einer Bank ein kleines Päuschen machen. Ansonsten gehört die Welt hier allein mir. Ein großer Greifvogel fliegt nur knapp zwei Meter über meinen Kopf hinweg. Natürlich hab ich gerade jetzt die Kamera in der Jackentasche. Schade.
Ein Flugzeug zieht seine Bahn über den Himmel und einen weißen Kondensstreifen hinter sich her. Wo mag es wohl hinfliegen? Aber eigentlich will ich es gar nicht unbedingt wissen. Ich bin nicht der Typ für Fernweh. Heute schon gar nicht.
Ich habe die Straße verlassen und gehe zwischen den Feldern hindurch – dem Sonnenuntergang entgegen. Die Sonne hat sich inzwischen hinter ein paar Wolken zurückgezogen und färbt diese golden ein. Es wird heute wohl kein spektakulärer Untergang werden, mit beeindruckenden Wolkenformationen in leuchtenden Farben. Dieser Sonnenuntergang ist leise, sanft und beruhigend. Aber nicht minder schön!
Langsam mache ich mich auf den Rückweg. Hänge meinen Gedanken nach und bewundere gleichzeitig die Blumen in den Gärten und am Wegesrand. Ich schaue mich um und atme tief durch. Schön ist es hier!
Eine Stunde ist vergangen, als ich wieder in meine Straße einbiege. Auch hier kein Mensch mehr zu sehen. Nur die Dohlen treffen sich laut kreischend auf dem Turm, bevor sie ihr Nachtlager in den Bäumen aufsuchen. Der Hund schaut empört und ärgert sich, dass er nicht fliegen kann. Er würd denen so gern mal zeigen was ‘ne Harke ist! Ein andermal, Joey.
Jetzt gehen wir schlafen!
© Siglinde Goertz
Autor:Siglinde Goertz aus Uedem |
7 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.