Energiewende
Stadt Mülheim und Siemens machen auf dem Wärmesektor gemeinsame Sache
Dieser Deal soll eine Strahlkraft über Mülheim hinaus entwickeln: Die Stadt und Siemens Energy machen auf dem Wärmesektor mit dem Projekt „Mülheim Heat“ gemeinsame Sache, um die bis 2035 angestrebte Klimaneutralität zu gewährleisten.
Deutlich über die Hälfte des jährlichen Energieverbrauchs in Mülheim macht die Bereitstellung von Wärme aus. Wie hoch der Bedarf im gewerblichen und insbesondere industriellen Sektor ist, zeigt das Beispiel des Rhein-Ruhr-Hafens, der als Modellregion von „MHeat“ ausgewählt worden ist. Obwohl der Hafen nur 2,3 Prozent der Gesamtfläche Mülheims umfasst, liegt der jährliche Nutzwärmebedarf bei etwa elf Prozent.
„Wärme darf aber nicht mehr nur durch einen Verbrennungsprozess mit fossilen Brennstoffen entstehen“, betont Michael Kretschmer, Projektleiter bei Siemens Energy. Im Gegenteil: Eine Hochtemperatur-Wärmepumpe soll Wärme von bis zu 500 Grad Celsius und Kälte bis zu 70 Grad erzeugen – und den C02-Ausstoß im Produktionsprozess reduzieren. „Diese Technik bietet vor dem Hintergrund steigender Energiepreise ein bislang noch unterschätztes wirtschaftliches Potenzial“, findet Oberbürgermeister Marc Buchholz.
Aufbau eines Wärme- und Kältenetzes im Mülheimer Hafen
Dieses Potenzial möchte die Stadt nun gemeinsam mit ihrem neuen Verbündeten – vielleicht früher als andere – heben. „Viele setzen ja jetzt auf den Wasserstoff, der ist in aller Munde“, sagt Felix Blasch, Leiter des Amtes für Stadtplanung und Wirtschaftsförderung. Im Frühjahr soll Buchholz die ersten Gespräche mit SE-Standortleiter Nevzat Oezcan und Betriebsratschef Jens Rotthäuser über das Thema Transformation geführt haben. Am Donnerstag präsentierten die beiden Parteien nun ihre neue Partnerschaft.
Sie soll den Aufbau eines Wärme- und Kältenetzes im Mülheimer Hafengebiet beinhalten, dem sich möglichst viele Unternehmen anschließen sollen. Für sie – da sind sich die beiden Partner sicher – wird eine sichere dekarbonisierte Wärme- oder Kälteversorgung einen entscheidenden Standortvorteil ergeben.
Entwicklung von Anlagen in den USA
Siemens sieht sich deswegen als der richtige strategische Partner, weil das Unternehmen schon jetzt einen Beitrag zur weltweiten Dekarbonisierung mittels Design und Herstellung von Schlüsselkomponenten am Standort Mülheim leistet. „Wir haben die Veränderungen des Marktes frühzeitig erkannt“, betont Roland Berghaus.
Seit 2018 läuft in den USA die Entwicklung einer Anlage, die Wärme und Kälte auf C02-freiem Weg erzeugen soll. Sie könnte 2023 in Betrieb genommen werden. Klassische Siemens-Komponenten wie Generatoren, Turbinen und Kompressoren spielen dabei weiterhin eine Rolle. Der Prozess „PHES“ (Pumped Heat Energy Storage) überführt dabei elektrische in thermische Energie. Dabei werde aber nicht nur Wärme und Kälte an energieintensive Unternehmen ausgeleitet, die Energie lasse sich auch speichern und in Elektrizität zurückverwandeln. Auch eine Fernwärmeversorgung für Wohngebiete sei möglich.
Wirtschaftsförderer glaubt an neue Arbeitsplätze
Siemens Energy sieht in der neuen Technologie einen Beitrag für die Sicherung des Industriestandortes – und seines eigenen. War der Konzern in der jüngeren Vergangenheit ein ums andere Mal mit Stellenkürzungen in den Schlagzeilen, stellt Wirtschaftsförderer Felix Blasch durch den nun eingeschlagenen Weg sogar neue Arbeitsplätze in Aussicht.
„Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir es mit den ortsansässigen Firmen zu einem Erfolg machen können“, sagt Standortleiter Nevzat Oezcan. Nicht umsonst stellt sein Konzern unternehmerisches Geld für das Projekt zur Verfügung.
Noch in diesem Jahr sollen die möglichen Kooperationspartner zusammengebracht werden. 2022 ist dann die Gründung einer Gesellschaft geplant, um Wärme- und Kälteanwendungen in den Markt auszurollen. „DecarbM“ bezieht sich in erster Linie auf den Mittelstand, dem bei der Implementierung von Projekten zur Energiewende beratend zur Seite gestanden werden soll.
Autor:Marcel Dronia aus Mülheim an der Ruhr | |
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