Gemeinschaft tut gut und macht stark: Der Styrumer Treff holt Arbeitssuchende aus der sozialen Isolation heraus
Mit seinen 69 Jahren ist Jürgen von Beusekom so etwas, wie die „graue Eminenz“ des Styrumer Treffs. Vor 17 Jahren hat er die KAB-Initiative für aktive Arbeitssuchende mit Gleichgesinnten aus der Gemeinde St. Mariae Rosenkranz ins Leben gerufen. Damals waren auch noch Diakon Reiner Könen, der Bäckermeister Heinz Sense und Werner Tintrop mit von der Partie. „Styrum ist ein alter Industriestadtteil. Der Bau der Styrumer Marienkirche wurde in den 1890er Jahren unter anderem mit Geld von August Thyssen bezahlt. Hier sind im Laufe der letzten Jahrzehnte zig tausend Industriearbeitsplätze verloren gegangen. Die Zahl der Arbeitslosen ist deshalb entsprechend hoch. Für diese Menschen wollten und mussten wir einfach etwas tun“, erinnert sich von Beusekom an den Gründungsimpuls.
Sein erstes Quartier fand der Styrumer Treff im Gemeindehaus von St. Mariae Rosenkranz. Doch die Räumlichkeiten waren dort kaum geeignet, um Veranstaltungen und Kurse durchzuführen. So war man froh, als der KAB-Bezirksverband 2004 größere Räume an der Oberhausener Straße anmieten konnte. Inzwischen ist man seit vier Jahren in einer umgebauten 100-Quadratmeter-Wohnung zu Hause. Hier finden heute wöchentlich Frühstückstreffen, Computerkurse, Spiele-Nachmittage oder der Styrumer Internet- und Lerntreff SILT statt. Hier kann man zum Beispiel einen sehr gut ausgestatteten Arbeitsraum mit acht PC-Arbeitsplätzen nutzen, um seinen Schriftverkehr zu erledigen, im Internet nach Stellen zu suchen oder andere wichtige Dinge zu recherchieren und nicht zuletzt, um Bewerbungen schreiben.
Bildung und Beratung
„Unser Motto ist Bildung und Beratung“, erklärt der arbeitssuchende Einzelhandels-Kaufmann Klaus Peter Jesko, der über die Jahre zum Computerfachmann und Mutmacher des Styrumer Treffs geworden ist. „Viele Menschen verlieren mit ihrer Arbeitsstelle auch ihr Selbstbewusstsein und ihre sozialen Kontakte. Bei manchen wird es so schlimm, dass sie sich gar nicht mehr aus ihrer Wohnung trauen. Die muss man erst mal wieder aufbauen und ihnen auch zeigen, wie man selbstbewusst bei der Sozial- oder Arbeitsagentur auftritt und seine berechtigten Ansprüche vertrvertritt und im Notfall auch mal Widerspruch gegen einen fehlerhaften Leistungsbescheid einlegt“, erklärt Jesko das Hauptproblem seiner Leidensgenossen. Als langjähriger Arbeitnehmer, „der über 35 Jahre in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt hat“, lehnt er es ab sich als „Almosenempfänger“ behandeln zu lassen.
Wer sich in Mülheim, auch jenseits des Styrumer Treffs, mit sozialpolitischen Akteuren, wie dem Geschäftsführer des Diakoniewerkes Arbeit und Kultur, Ulrich Schreyer, unterhält, der hört schnell die Forderung nach einem sozialen Arbeitsmarkt, der die Menschen auffängt, die aus unterschiedlichsten biografischen Gründen zu den drei Millionen Arbeitslosen gehören, die laut Schreyer, in keiner Arbeitslosen-Statistik vorkommen, weil sie sich zum Beispiel mit Arbeitsgelegenheiten der unterschiedlichsten Art irgendwie über Wasser halten. Schreyer kritisiert immer wieder, dass der Bund seine Mittel für auskömmlich bezahlte Arbeitsplätze auf dem sogenannten 2. Arbeitsmarkt in den letzten Jahren massiv zurückgefahren hat und stattdessen lieber Arbeitslosigkeit finanziert und die vom Strukturwandel gebeutelten Ruhrgebietsstädte im Regen stehen lässt.
Jürgen von Beusekom hat nach 17 Jahren aktiver Mitarbeit im Styrumer Treff die Hoffnung auf die Hilfestellung der Politik aufgegeben. „Früher haben wir uns öfter Politiker zu Gesprächen eingeladen. Doch das haben wir inzwischen sein lassen, weil sie viel geredet und versprochen, aber nichts für die Arbeitslosen getan haben“, berichtet er. Und dann fügt von Beuskom noch hinzu: „Doch eine Politikerin, die mit uns gesprochen hat, die damalige Vorsitzende der Grünen-Ratsfraktion, Annette Lostermann-DeNil, hat nach der Diskusion, 200 Mark aus ihrem eigenen Portemonnaie dagelassen, die wir für unsere Projekte und Bildungsseminare einsetzen konnten.“
Mit seinen 69 Jahren steht Jürgen von Beusekom dafür, dass die Gründungsgeneration des von der KAB getragenen Styrumer Treffs in die Jahre gekommen ist. Der demografische Wandel lässt grüßen.
Alle Generationen ansprechen
Doch mit finanzieller Unterstützung aus dem Sozialfonds der Europäischen Union konnte die KAB erst im September dem Styrumer Treff eine Auffrischungs- und Verjüngungskur verpassen, in dem sie die angehenede Psychologin und Medienwissenschaftlerin Lisa Moseler als neue hauptamtliche Koordianatorin einstellte. „Die Leute, die heute zu uns kommen, sind zwischen 40 und 70. Aber die Unter-40-Jährigen fehlen uns“, erklärt die Mittzwanzigerin das Struktur-Problem des Styrumer Treffs. Bisher hat die KAB-Initiative unter www.styrumertreff.de nur eine Internetseite. Die will sie aufhübschen und durch eine Facebook-Seite ergänzen. Außerdem sucht sie nach neuen Netzwerkpartnern für den Treff und pflegt die bereits vorhandenen Kooperationen, etwa mit dem Styrumer Netzwerk der Generationen. Dessen Lenkungsgruppe trifft sich regelmäßig in den Räumen des Styrumer Treffs, die am Rosenkamp 3 auch mit der Straßenbahnlinie 112 /Haltestelle Sültenfuss/ gut erreichbar ist.
Kontakt aufnehmen
Moseler, die sich zurzeit noch in ihre neue Aufgabe einarbeitet, kann sich zum Beispiel Themenabende beim Styrumer Treff vorstellen, die auch Menschen jenseits des KAB-Umfelds ansprechen und mit dem bereits bestehenden Kreis des Styrumer Treffs ins Gespräch und auch langfristig in Kontakt bringen könnten. Man darf also weiter gespannt sein, was sich auf der Baustelle des Styrumer Treffs tut. Erreich- und kontaktierbar ist die KAB-Initiative für aktive Arbeitssuchende unter der Rufnummer: 0208-4446852 oder per E-Mail an: l.moseler@kab-essen.deThomas Emons
Autor:Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr |
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