Erinnerungen an Zeche Rosenblumendelle - Veranstaltungen erinnern an die Schließung der letzten Mülheimer Zeche vor 50 Jahren
Mutterklotz, Bullenkloster, Tutenbank und Bergmanns-Kajal – nur wenige Menschen wissen 50 Jahre nach der Stilllegung der letzten Mülheimer Zeche noch, welche Bedeutung diese mit dem Bergbau verbundenen Begriffe haben. Und doch gibt es noch montanhistorisch Interessierte, die an den Bergbau in Mülheim an der Ruhr als einst für die Stadt so wichtigen Industriezweig erinnern wollen. So auch an die lange Geschichte der Zeche „Rosenblumendelle“, die 1966 als letztes Bergwerk stillgelegt wurde.
Alles begann mit der Kohlengräberei
Entlang der Ruhr begann im 13. Jahrhundert die erste Epoche des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet, die sogenannte „Kohlengräberei“. Auch im heutigen Mülheimer Stadtgebiet ist die frühe und noch recht einfache Art des Abbaus umgegangen. In dieser Epoche wurde die Kohle in trichterförmigen Gruben oder nur wenige Meter tiefen Schächten dort abgebaut, wo man sie aufgrund der geologischen Situation im Ruhrgebiet an der Erboberfläche fand. Das diese Art des Abbaus eher chaotisch und noch mit sehr kleinen Fördermengen betrieben wurde, verdeutlicht bereits der Begriff „Kohlengräberei“.
Durch die zweite Epoche des Bergbaus, dem sogenannten „Stollenbergbau“, konnten die Fördermengen vor allem ab dem 16. Jahrhundert bereits erheblich gesteigert werden. Hierzu trieb man Stollen in den Berg und konnte somit den Flözen folgend die Kohle an mehreren Punkten gleichzeitig abbauen. Auch der Wasserabfluss war durch die leichte Neigung der Förderstollen, sowie vorwiegend zur Wasserableitung errichtete Wasserlösungsstollen möglich. Aus dieser Zeit stammt auch der erste urkundliche Nachweis des Mülheimer Bergbaus. Im Jahr 1610 wird ein bereits 1580 angelegter Stollen erstmals urkundlich erwähnt, der als einer der Vorgänger der späteren Zeche „Sellerbeck“ gilt.
Auch auf „Rosenblumendelle“ gab es Stollenbergbau
Im Jahr 1641 wurde erstmals das „Kohlwerk uff der Roßdeel im Heißer Bruch“ erwähnt. Das daraus entstandene Bergwerk „Rosendelle“ wurde Mitte des 18. Jahrhunderts in Betrieb genommen und förderte zunächst im Stollenbetrieb. Um 1800 ging die Zeche zur dritten Epoche, dem sogenannten „Tiefbau“, über. Eine wichtige Voraussetzung hierfür war die Erfindung der Dampfmaschine, mit deren Hilfe man Pumpen antreiben und das zufließende Wasser aus den Schächten heben konnte. Dadurch war man in der Lage immer tiefere Schächte niederzubringen, mit denen man auf unterschiedlichen Ebenen - sogenannten Sohlen – mehrere Flöze erreichen und abbauen konnte. Der Weg in die Tiefe und damit ein wahrer Bergbauboom im gesamten Ruhrgebiet hatten damit begonnen.
Erst kam das Wasser, dann auch der Erfolg
Auch die Zeche „Rosendelle“ teufte einen ersten Schacht ab und errichtete 1809 eine Wasserhaltungs-dampfmaschine. In den folgenden Jahren kam es jedoch immer wieder zu Problemen bei der Wasserhebung, bis diese 1817 komplett zum Erliegen kam, und das Bergwerk stillgelegt werden musste.
Erst 1841 schloss sich „Rosendelle“ mit mehreren kleinen Bergwerken zur Zeche „Vereinigte Rosen- und Blumendelle“ zusammen und begann 1856 einen neuen Schacht im Bereich der heutigen Straße „Am Förderturm“ abzuteufen. Rund 40 Jahre später folgte unmittelbar daneben ein zweiter Schacht. Diese Schachtanlage „Rosenblumendelle 1/2“ blieb bis zum Ende 1966 als Förderstandort in Betrieb.
Der Ausbau der Zeche und die Kohlenkrise
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich „Rosenblumendelle“ zu einem erfolgreichen Bergwerk, dessen geförderte Kohle insbesondere im Hausbrand und bei der Eisenbahn Verwendung fand. 1903 wurde die Zeche endgültig in den 5 Jahre zuvor gegründeten „Mülheimer Bergwerksverein“ (kurz: MBV) übernommen, den u.a. Hugo Stinnes und August Thyssen gegründet hatten, um einzeln nicht mehr wirtschaftliche Bergwerke zu einer neuen Einheit zusammenzufassen. Auch die Zechen „Wiesche“ und „Humboldt“ in Mülheim, sowie „Hagenbeck“ in Essen-Frohnhausen gehörten zum MBV. Zur Rationalisierung wurden „Humboldt“ und „Hagenbeck“ Ende der 1920er-Jahre stillgelegt und die Förderung untertage zur Schachtanlage „Rosenblumendelle 1/2“ transportiert und zutage gefördert. Auch die Kohle von „Wiesche“ gelangte nach der dortigen Fördereinstellung 1952 nach „Rosenblumendelle“, die fortan als Zentralschachtanlage diente. Hier wurde 1954 auch die modernste Brikettfabrik Europas zur Herstellung von Eier- und Nusskohlen in Betrieb genommen.
Alle diese Maßnahmen konnten jedoch die u.a. durch das auf den Markt drängende Heizöl verursachte Kohlekrise nicht aufhalten. Durch geologische Schwierigkeiten begünstigt zeichnete sich somit das Ende von „Rosenblumendelle“ ab. Am 29.07.1966 wurde die Zeche stillgelegt und Mülheim war die erste bergbaufreie Stadt im Ruhrgebiet.
Erinnerungen an den Bergbau
Nur wenig ist noch von den einstigen Bergwerken erhalten geblieben. Die Erinnerung an den Bergbau hält die „Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Bergbau“ wach. So bietet der Verein auch in diesem Jahr - möglicherweise zum vorerst letzten Mal - Führungen rund um den Mülheimer Bergbau an.
Los geht es am 19.06.2016 mit der Bergbau-Stadtrundfahrt „Einmal Mülheimer Bergbau und zurück…!“, bei der ein Gästeführer des Vereins bei einer Rundfahrt mit dem Bus Wissenswertes über die Bergwerke und deren Reste erzählt. Auch die Zeche „Rosenblumendelle“ ist anlässlich des 50. Jahrestages in einer Tour vertreten. Am 24.07.2016 zeigt der Verein noch einmal die Gebäude und Schachtstandorte beim Bergbaurundgang „Auf den Spuren der Kumpel...!“ über und rund um das einstige Zechengelände.
Am 23.10.2016 geht der Verein während der Bergbauwanderung „Auf den Spuren der Zeche Wiesche“ auf Spurensuche entlang der Schachtstandorte der Zeche.
Zusätzlich zum Mülheimer Teil bietet der Verein weitere Führungen im Ruhrgebiet an. Dazu gehört am 21.08.2016 die neue Führung „Stollen, Schacht und Kohlenturm…!“, bei der die Teilnehmer die Standorte und die Geschichte der Zeche „Eintracht-Tiefbau“ in Essen kennen lernen.
Die nächste Premiere findet dann am 24.09.2016 statt, wenn zum ersten Mal die Rundfahrt „Grubenluft und Dampfmaschine“ stattfindet. Mit dem Bus führt der Verein die Gäste zu den Standorten des Steinkohlenbergbaus an Emscher und Lippe u.a. in Recklinghausen, Herten und Gelsenkirchen. Zur Tour gehören auch die Besichtigungen eines Lehrstollens sowie einer Dampffördermaschine.
Abgerundet wird das Programm durch die Besichtigung des aktiven Hüttenwerksbetriebes der HKM am 05.09.2016 und eine Haldennachtwanderung in Oberhausen-Königshardt am 21.10.2016, bei der die Teilnehmer mit Helm und Grubenlampe ausgestattet Wissenswertes über den Bergbau erfahren und die noch in Betrieb befindlichen Fördermaschinen am Schacht „Franz-Haniel 2“ besichtigen werden.
Eine Übersicht aller Termine und Veranstaltungen, nähere Angaben zur Anmeldung zu den einzelnen Touren und Informationen über den Verein gibt es auf der neuen Vereinswebsite unter www.bergbauverein.de oder telefonisch unter 0157 / 77 24 64 83 (vorwiegend Mo-Sa 18.30 – 20.00 Uhr).
Die „Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Bergbau“
Innerhalb des „Initiativkreises Bergbau und Kokereiwesen e.V.“ entstand bereits in den Anfangsjahren das vereinseigene Projekt „Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Bergbau", dass sich für die Dokumentation und Präsentation der Mülheimer Bergbaugeschichte einsetzt. In Zusammenarbeit mit ehemaligen Mülheimer Bergleutenwird durch Ausstellungen und geführte Exkursionen die Erinnerung an die Bergbaugeschichte wach gehalten. Doch auch der aktive Erhalt montanhistorischer Zeitzeugen gehört zum Aufgabenbereich.
Ziele der „Arbeitsgemeinschaft Mülheimer Bergbau“
- Dokumentation der Geschichte des Mülheimer Bergbaus
- Darstellung der Rolle des Mülheimer Bergbaus für die Stadtgeschichte
- Zusammenarbeit mit Archiven, Behörden und themenbezogenen Vereinen
- Exkursionen zu montanhistorischen Orten für geschichtlich Interessierte
- Durchführung von Ausstellungen
- Erhalt montanhistorischer Relikte
Autor:Lars van den Berg aus Mülheim an der Ruhr |
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