Ab in den Hörsaal für die Zukunft der Kirche
Den Glauben zeitgemäß vermitteln

Johannes Geis. | Foto: Johannes Geis
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Seit Januar gibt es an der Ruhruniversität Bochum das Studium „Crossmediale Glaubenskommunikation“. Wie sie die ersten Kurse und Kampagnen erlebt haben, was zeitgemäße Kommunikation ausmacht und warum Kirche in Deutschland diesen Wandel dringend nötig hat, erzählen die beiden Erstsemester Rebecca Weidenbach und Johannes Geis.

„Es wurde noch niemals jemand erfolgreich zum Medienprofi geweiht.“ „Zur Ehre Gottes baute man früher Kathedralen. Jetzt baut man Handzettel in Comic Sans.“ Die Slogans zum crossmedialen Studium auf der Infoseite der Akademie an der Ruhruniversität Bochum sind scharf formuliert, treffen da, wo es weh tut. Das Zertifikatsstudium „Crossmediale Glaubenskommunikation“ soll genau dort ansetzen und den Studierenden vermitteln, wie moderne Kommunikation in der Kirche funktionieren kann und muss.

„Wir ziehen deutschlandweit an einem Strang“

„Wir Seelsorger und Theologen sind oft mit unserem eigenen Sprachjargon unterwegs und es scheitert daran, wie wir es rüberbringen. Das zeigt, wie sehr wir Kommunikation schätzen müssen, um damit unser Alltagsgeschäft zu meistern“, sagt Gemeindereferentin Rebecca Weidenbach. Seit einem Semester belegt die 30-Jährige das neue Zertifikatsstudium an der Ruhruniversität. Dafür hat das Bistum Essen sie und Pastoralreferent Johannes Geis jeweils mit einer halben Stelle angestellt. Beide sind zwei von 21 Studierenden aus ganz Deutschland, die sich nochmal in den Hörsaal wagen, um die Botschaften der Kirche zeitgemäß und auf allen Kanälen sichtbar zu machen: mit Worten, Farben, Bildern, Tönen, analog und digital.

Im Januar fiel der Startschuss für das Studium. Nicht nur die Studierenden, auch Dozenten und die Uni mussten sich auf etwas ganz Neues einlassen, die Corona-Pandemie warf das Studienprogramm zusätzlich durcheinander. Kennengelernt hat sich der erste Jahrgang nur digital, Kurse und Klausuren haben sie per Videokonferenzen gemeistert. Fast jedes zweite Wochenende haben sie sich freitags und samstags von etwa 9 bis 19 Uhr zum gemeinsamen Lernen in ihrem digitalen Hörsaal getroffen.

„Das ist natürlich herausfordernd, man muss sich selbst noch besser organisieren, aber wir sind trotzdem alle zusammengewachsen“, sagt Rebecca. Pastoral- und Gemeindereferenten, Priester und Pfarrerinnen, Sozialarbeiter, Schulseelsorger, Sozialpädagogen: Die Studierenden kommen aus sehr unterschiedlichen Funktionen in der katholischen und evangelischen Kirche, haupt- und ehrenamtlich. Auch vom Alter ist mit Ende 20 bis Mitte 50 fast alles vertreten. Für die Studierenden ist diese Vielfalt ein großer Vorteil, um Perspektiven auszutauschen, sich zu vernetzen und in sozialen Netzwerken gegenseitig zu unterstützen: „Wir ziehen deutschlandweit an einem Strang“, sagen die beiden Erstsemester aus dem Bistum Essen.

Selbstbewusst kritisieren

Gemeinsam hat der erste Jahrgang in den vergangenen Monaten aktuelle Kampagnen der Kirche in Deutschland analysiert, reflektiert und verändert. Hat eigene Kampagnen für echte Kunden aus dem katholischen und evangelischen Milieu erarbeitet, präsentiert, produziert und veröffentlicht. Schon nach dem ersten Semester konnten Rebecca und Johannes viel für ihre Arbeit im Bistum Essen mitnehmen, Projekte vor Ort konkreter und besser umsetzen.

„Gerade das Fach Religionssoziologie hat mir nochmal deutlich gemacht: Wer sind überhaupt die Leute, die wir ansprechen wollen?“, erzählt Johannes. Für den 40-Jährigen bieten die unterschiedlichen Standbeine des Studiums von Soziologie über Theologie bis hin zu Kommunikationswissenschaft immer wieder neue Blickwinkel auf seine Arbeit. „Ich bin sehr gespannt, wie es ab dem Sommersemester weitergeht und freue mich vor allem auf das Produzieren von Storyboards und -lines“, sagt er. „Ich mache meinen Job ja, um eine Botschaft zu senden.“

In Zukunft möchte er mit seinem Wissen vor allem langfristige Kampagnen etwa über Ostern, Weihnachten oder andere gesellschaftlich und kirchlich relevante Ereignisse in seiner Pfarrei Liebfrauen in Bochum und darüber hinaus veröffentlichen. Rebecca ist durch ihr neues Wissen auch selbstbewusster geworden und profitiert davon auch bei ihrer Arbeit in der Duisburger Pfarrei Liebfrauen. „Dass ein Produkt nicht gut aussieht, kann man leicht sagen. Für mich war es immer schwierig, zu zeigen, wie es besser geht. Jetzt bin ich da schon mutiger“, sagt sie stolz.

„Crossmediale Glaubenskommunikation“ – ein zeitgemäßer Studiengang der nicht nur bei den Studierenden aus dem Ruhrbistum gut ankommt. Für den zweiten Jahrgang haben sich schon viele Interessenten gemeldet, Start ist im Herbst. Für Rebecca und Johannes hat die Corona-Pandemie den Studienstart deutlich verändert, für ungeplante Hürden und Kommunikation auf Abstand gesorgt, aber auch das digitale Arbeiten schneller vorangetrieben. Sie hat den Beiden vor allem eins gezeigt: „Jetzt wird umso sichtbarer, wie nötig so ein Veränderungsprozess für die Kirche ist. Das ist unaufschiebbar.“

Johannes Geis. | Foto: Johannes Geis
Rebecca Weidenbach.  | Foto: Nicole Cronauge
Autor:

Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr

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