Stimmen gegen Rassismus - Gymnasium Broich initiiert Aktion „Schrei nach Liebe“
Von Hans A. Wunder
Fast fünf Jahre ist es her, dass das Gymnasium Broich vom Land NRW als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet wurde. Jetzt starteten sie eine neue Aktion: „Schrei nach Liebe“.
Es ist heute wichtiger denn je, sich aktuell gegen den Rassismus zu wehren. Das ergab eine Diskussion am Ende der Veranstaltung. „Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe“, so heißt es in einer Textzeile des Liedes „Schrei nach Liebe“ von der Band „Die Ärzte“ aus dem Jahre 1993. Dieses Lied richtet sich gegen Neonazis.
Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasium Broich haben im Rahmen von „Schule ohne Rassismus“ am Donnerstag das komplette Lied der Ärzte als Symbol gegen den Rassismus auf dem Schulhof lautstark gesungen und so ihre Abscheu gegen den Rassismus deutlich gemacht. Aus einem Fenster wurde ein selbst hergestelltes Transparent entrollt mit den Aufschriften „Gemeinschaft, Toleranz, Vielfalt" und "Gymnasium Broich #Wir sind mehr“.
Flugblattaktion nach Vorbild der Weißen Rose
Verstärkt wurde die Aktion noch durch eine Flugblattaktion. Nach dem „Schrei nach Liebe“ fielen 700 Flugblätter mit Texten der „Weißen Rose“, einer studentischen Widerstandsgruppe gegen das Nazi-Regime, gegründet von den Geschwistern Scholl Anfang der 1940er Jahre, auf den Schulhof. 900 Schüler der Klassen 5 bis 12 hatten die Aufgabe, diese Blätter wieder einzusammeln und auf der Rückseite ihre Meinung oder eine Idee für ein Projekt gegen den Rassismus aufzuschreiben.
Der stellvertretende Schülersprecher Tom Herzberg unterstrich in seiner Begrüßungsrede die Ziele der Aktion. Seydi Güngör, der am Gymnasium als Geschichts- und Sportlehrer tätig ist, leitete die gesamte Aktion. Er gedachte auch dem führenden Mitglied der Weißen Rose, Hans Scholl, der am Wochenende 100 Jahre alt geworden wäre. „Wenn in Dortmund Neonazis rassistische Parolen rufen, sei uns gestattet, ein Wort in den Mund zu nehmen, das wir nur ungern verwenden. Aber für uns werden Nazis immer nur eins sein: Arschlöcher“. Damit griff er eine andere Liedzeile der Ärzte auf.
Aus der Vergangenheit lernen
Nach dem Ende der Aktion besprachen die Schüler in einer folgenden Unterrichtsstunde mit ihren Lehrkräften die Aktion. In der Klasse D mit Lehrerin Tanja Weymann gab es erstaunlich rege Beteiligungen an den Diskussionen. Die Kinder waren auf das Thema sehr gut vorbereitet. Im Mittelpunkt stand eine plakative Forderung der „Weißen Rose“: „Man muss etwas tun, und zwar heute noch!“.
Es gab klare Vorstellungen, was man tun könnte: Vergangene Taten der Nazis in Erinnerung rufen und daraus lernen, Leuten etwas vermitteln, selbst lernen, in der Familie und mit Freunden diskutieren und selbstverständlich auch in der Schule. Aufmerksam sein bei Äußerungen, die unter dem Deckmantel “Humor“ getan werden.
Ein Schüler stellte fest, dass es Angst vor Asylbewerbern zum Beispiel in Orten gibt, in denen überhaupt keine Asylbewerber leben. Es lohne sich, sich zusammen zu schließen, mehr Mut zeigen, wenn man „mehr ist“. Es müssten alle Schulen mitmachen. Eine Schülerin fand es traurig, dass man solche Lieder wie „Schrei nach Liebe“ singen müsse, um auf gravierende Missstände hinzuweisen.
Auch gab es eine Erklärung dafür, warum die Flugblattaktion an der Schule durchgeführt worden ist. Die Geschwister Scholl haben zusammen mit ihren Gleichgesinnten Flugblätter verteilt. Symbolisch steht das weiße Papier aber auch für weiße Tauben, das Symbol für den Frieden. Bemerkenswert war, dass ein großer Teil der Schüler Migrationshintergrund hat. In der Diskussion spielte das überhaupt keine Rolle.
Ein Video der Aktion ist auf Facebook zu sehen:
Hintergrund
Am 16. Oktober 2013 wurde die Schule vom Land Nordrhein-Westfalen als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet. Patin des Projektes war die damalige Ministerpräsidentin des Landes NRW, Hannelore Kraft. „In diesem Projekt verpflichten sich alle Schülerinnen und Schüler, einen Beitrag zur gewaltfreien, demokratischen Gesellschaft leisten zu wollen, Zivilcourage zu entwickeln und ein Schulklima zu schaffen, in dem „anders sein“ als Normalfall akzeptiert wird“, sagt die Landeskoordinierungsstelle NRW. Hintergrund
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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