MPI für Kohlenforschung wird 100 Jahre alt

Die fünf Direktoren des Max-Planck-Institutes (vl.l): Walter Thiel, Ferdi Schüth, Alois Fürstner, Benjamin List und Manfred Reetz (Emeritus). | Foto: MPI
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„Kohle, Kunststoff, Katalyse“ - unter diesen Schlagwörtern steht das Jubiläumsjahr zum 100. Geburtstag des Max-Planck-Institutes für Kohlenstoff auf dem Kahlenberg. Genau diese drei Begriffe prägen auch die Geschichte des Institutes.

1912 wurde die Errichtung des neuen Instituts beschlossen, nach dem Standort Berlin das zweite der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft (KWG) in Deutschland. Damals hieß die Einrichtung noch Kaiser-Wilhelm-Institut, was auf der Inschrift am Kopf des denkmalgeschützten Gebäudes an der Lembkestraße heute noch zu lesen ist.

Forschen für die Ruhrbarone

Die Ruhrbarone hatten ein großes Interesse daran, die bessere Nutzung der Kohle im Ruhrgebiet wissenschaftlich erforschen zu lassen. Der Einfluss und die finanzielle Unterstützung durch die Stinnes-Familie half dabei, das Institut nach Mülheim zu holen. Am 27. Juli 1914 wurde die Einweihung gefeiert. Allerdings ohne den Kaiser, der sich zu der Zeit mit den Ruhrbaronen überworfen hatte.

Fischer-Tropsch-Verfahren in Mülheim erfunden

Bis 1943 leitete Franz Fischer als Direktor das Institut, der das Fischer-Tropsch-Verfahren erfand (siehe Seite 1). Ihm folgte Karl-Ziegler. Der Wissenschaftler erfand die Ziegler-Katalysatoren. Mit ihrer Hilfe konnten Polyethylen und Polypropylen hergestellt werden, die die Basis bilden zur Produktion von Kunststoff, welcher heute in unzähligen Gegenständen des alltäglichen Bedarfs enthalten ist. Diese Entdeckung brachte Karl Ziegler 1963 gemeinsam mit Giulio Natta den Nobelpreis. Ziegler ist bis heute der einzige Mülheimer, der mit dem begehrten Preis ausgezeichnet ist. Nach ihm ist die Karl-Ziegler-Schule benannt.

1967 wurde eine weiteres Verfahren in Mülheim erfunden, von dem heute viele Menschen profitieren: die Entkoffeinierung von Kaffee.
1969 übernahm Günther Wilke die Leitung des Instituts. 1993 wurde er von einem fünfköpfigen Direktorium ersetzt. Diese Führungsstruktur ist bis heute geblieben. Dem Institut stehen im Jubiläumsjahr Walter Thiel, Ferdi Schüth, Alois Fürstner, Benjamin List und Manfred Reetz (Emeritus) vor.

Fünfköpfiges Direktorium beim MPI

Jeder der fünf Direktoren leitet eine wissenschaftliche Abteilung, die sich mit unterschiedlichen Bereichen der Katalyse beschäftigt. Prof. Dr. Manfred Reetz hat seinen Schwerpunkt auf Biokatalysatoren, speziell der Erforschung der Enzyme. Neue Methoden in der Homogenen Katalyse untersucht Prof. Dr. Benjamin List, zurzeit der aktuelle Geschäftsführer des MPI.

Mit Metallorganischer Chemie befasst sich Prof. Dr. Alois Fürstner, während Prof. Dr. Walter Thiel Direktor der Theorieabteilung ist. Experimente werden hier mit Hilfe von Computern analysiert. Mit den Berechnungen können Reaktionen und katalytische Prozesse besser nachvollzogen und verstanden werden. Die Abteilung Heterogene Katalyse leitet Prof. Dr. Ferdi Schüth. Hier werden unter anderem die chemische Speicherung von Wasserstoff oder die Umwandlung von Biomasse erforscht.

„Wir sind kein Institut für angewandte Forschung“, betont Dr. Manfred Reetz. „Wir wollen in erster Linie verstehen und betreiben Grundlagenforschung. In unserem Institut werden die Werkzeuge entwickelt, die die Industrie dann für ihre Produktion nutzen kann.“

Mitarbeiter aus 35 Nationen

Das Mülheimer Institut genießt einen hervorragenden Ruf und zieht Wissenschaftler aus aller Welt an. Dass das auch in den kommenden 100 Jahren so bleibt, davon ist Prof. Dr. Alois Fürstner überzeugt: „90 Prozent der Industrieproduktion im chemischen Bereich basiert auf Katalyse. Wer zum Beispiel in 100 Jahren noch gute Medizin haben möchte, der braucht die Forschung: Medizin wird in der Sprache der Chemie geschrieben.“

Allerdings sehen die MPI-Direktoren bereits ein Fachkräfte-Defizit in Deuschland. Deshalb müsse man sich um Nachwuchs bemühen. Einer der Gründe, warum das MPI für Kohlenforschung regelmäßig zum Tag der offenen Tür einlädt. Ein Angebot, das regelmäßig bis zu 4000 Menschen annehmen. „Danach will erst mal jedes Kind auf dem Kahlenberg Chemiker werden“, flachst Prof. Dr. Benjamin List. So sollen auch die Programminhalte im Jubiläumsjahr inhaltlich eine breitere Masse anziehen. „Für jeden ist etwas dabei, vom Laien bis zum Wissenschaftler“, verspricht List.

Programm im Jubiläumsjahr

Mittwoch, 9. April, 11 Uhr (Vortrag in Englisch): Prof. Dr. Krijn de Jong von der Niederländischen Universität Utrecht referiert über die Fischer-Tropsch Katalyse.
>> Mittwoch, 23. April, 19 Uhr: Prof. Dr. Ferdi Schüth geht der Frage nach: „Wenn das Öl zur Neige geht - Was treibt die Autos von morgen an?“ Wie kann man Ressourcen schonen, aber dennoch den Energiebedarf der Gesellschaft decken?
>> Mittwoch, 7. Mai, 19 Uhr: Dipl. Ing. Volker Weuthen nimmt die Gäste mit auf eine Zeitreise durch die Architektur des MPI für Kohlenforschung.
>> Mittwoch, 21. Mai, 19 Uhr: Unter dem Titel „Plastikwelt“ erläutert Prof. Dr. Klaus Müllen vom MPI für Polymerforschung Mainz die Bedeutung der Plastikherstellung, basierend auf der Erfindung Karl Zieglers.
>> Mittwoch, 11. Juni, 19 Uhr: Über die „Evolution im Reagenzglas“, der Schlüsseltechnologie Katalyse, spricht Prof. Dr. Manfred Reetz
>> Samstag, 24. Mai, 10 bis 16 Uhr: Tag der offenen Tür
>> Samstag, 13. September, 20 Uhr: Experimenalvorlesung mit Prof. Dr. Ferdi Schüth auf der Freilichtbühne. Eine humorvolle Einführung in die Welt der Chemie und Experimente
>> Mittwoch, 19. November, 19 Uhr: „Chemie trifft Chopin“ - Prof. Dr. Nuno Maulide, Universität Wien und bis 2013 Gruppenleiter am MPI, gibt als ausgebildeter Pianist ein Konzert mit Werken von Bach, Chopin und Mozart

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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