Lehrer in Styrum drücken die Schulbank
Dass Grundschulen, weiterführende Schulen sowie Hochschulen miteinander kooperieren, ist nicht unbedingt selten. Allerdings unterscheidet sich häufig das Ausmaß der Zusammenarbeit. In Styrum nimmt dieses inzwischen einzigartige Züge an.
Die Kooperation zwischen Willy-Brandt-Schule und örtlichen Grundschulen besteht schon länger, wenn auch nicht in allen Bereichen durch Vertrag besiegelt. „Wir veranstalten einen Sporttag, bieten Arbeitsgemeinschaften an, Hobbyimkerin Simone Dausel möchte Grund- wie Gesamtschüler ab Sommer für die Honigherstellung begeistern, außerdem besuchen Lesepaten regelmäßig die Grundschulen“, zählt Ingrid Lürig, Leiterin der Willy-Brandt-Schule, nur einige gemeinsame Aktivitäten auf. Die Zusammenarbeit soll jedoch nicht nur die außerschulischen Angebote betreffen, vor allem inhaltlich möchten die Pädagogen noch näher zusammenrücken. So fand bereits zum zweiten Mal eine schulformübergreifende Fortbildung statt.
Während sich die Schüler der Willy-Brandt-Schule sowie aller Styrumer Grundschulen über einen unterrichtsfreien Montag freuen durften, mussten die Lehrkräfte die Schulbank drücken. Auf dem Stundenplan: eine schulformübergreifende Fortbilung für rund 120 Lehrer und Mitarbeiter aus Ganztagsbetreuung und Verwaltung.
Eine Veranstaltung dieser Art ist nicht selbstverständlich, „viele machen das nur für sich“, weiß Ingrid Lürig, Schulleiterin der Willy-Brandt-Schule. Nicht zuletzt aber, weil rund 80 Prozent aller Styrumer Grundschüler auf die WBS wechseln, liegt es auf der Hand, noch enger zusammenzuarbeiten.
Und so lautet das Ziel des pädagogischen Tages: sich kennen lernen, Vorurteile abbauen und über die Unterrichtsinhalte austauschen. „Und wenn es ‚nur‘ darum geht, Begriffe, die im Matheunterricht an der Grundschule verwendet werden, an die WBS weiterzugeben, damit den Kindern das weitere Lernen erleichtert wird“, so Lürig.
Der Fokus der diesjährigen Veranstaltung lag vor allem auf dem Thema „Inklusion“. Eingeladen waren Prof. Dr. Wolfgang Hinte, Experte im Bereich Sozialraumorientierung an der Universität Essen, sowie Sportler, Pfarrer und Kabarettist Rainer Schmidt, selbst Contagangeschädigter.
Sie wollten vor allem Berührungsängste abbauen. In dieser Hinsicht haben die Grundschulen der weiterführenden Schule einiges voraus. Maria Reimann, Leiterin der katholischen und evangelischen Grundschule: „Wir haben seit über 20 Jahren Kinder mit Lernbehinderung oder emotional und sozial schwache Fälle. Sie sind verteilt auf alle Klassen.“
Im Gegensatz dazu ist in der WBS eine Eingangsklasse inklusiv. „Wir können also nur von den Grundschulen lernen“, resümmiert Lürig, die auch um die Ängste ihrer Kollegen, ob man denn alles schaffe und den Schülern auch gerecht werde, weiß. Profitieren können von der Fortbildung aber auch die Lehrkräfte der Sekundarstufe eins. Simone Dausel, Leiterin der Grundschule an der Augustastraße: „Dass alle Kinder auf einem Niveau sind, ist ein Trugschluss. Insofern hat die Auseinandersetzung mit dem Thema ‚Inklusion‘ noch einmal einen etwas anderen Blick auf unsere Arbeit geworfen - und klar gemacht, dass wirklich jedes Kind seine eigenen Bedürfnisse hat.“
Unterstützung erhalten die Lehrer von Sonderpädagogen.
Ein zusätzliches Arbeitstreffen mit allen, das sich an den Arbeitsgruppen aus den verschiedenen Fachbereichen orientiert, findet am 25. Februar statt. Dann stehen die Planungen für die kommenden anderthalb Schuljahre an.
Blick in die Zukunft der Styrumer Schullandschaft:
In den kommenden fünf Jahren, so der Wunsch der drei Schulleiterinnen Ingrid Lürig, Simone Dausel und Maria Reimann, soll sich die Schullandschaft in Styrum vollkommen gewandelt haben - auch, um zukunftsfähig zu bleiben. Die drei Grundschulen mit fünf Standorten sollen auf zwei Grundschulen mit jeweils einem (entsprechend ausgebauten) Standort reduziert werden, der Übergang von Klasse vier zu fünf noch weiter erleichtert werden - mit dem Ziel: Stadtteilschule. Ein Novum in Mülheim, dessen Namen sich die Leiterinnen ausgedacht haben. „Wir wollten von der bekannten Begrifflichkeit weg und einfach mal etwas wagen.“ Erste Schritte sind bereits gemacht. Im nächsten Frühjahr könnte aus der katholischen und der evangelischen Grundschule eine Gemeinschaftsschule entstehen.
Autor:Lisa Peltzer aus Oberhausen |
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