Klänge aus Eppinghofen
Scharfer Wind weht der Gruppe Jugendlicher entgehen, als sich die Tür hinter ihnen schließt. Die empfindlichen Geräte schieben sie schützend unter ihre Jacken.
Die kleine Schar geht weiter in Richtung Eppinghofen. Ihre Mission: Suche das Alltägliche und das Besondere. Doch so einfach ist das nicht, denn es ist eine Suche nach dem Unsichtbarem: Die Jugendlichen fahnden nach den spezifischen Klängen des Stadtteils Eppinghofen.
„Wir haben modernste Aufnahmetechnik dabei“, erzählt Barbara Thönnes. Die Museumspädagogin des Mülheimer Kunstmuseums leitet den Workshop „Eppinghofen klingt so!“ zusammen mit dem Komponisten Michael Em Walter.
„Hey, wenn ihr den Straßenverkehr aufnehmt, redet bitte nicht“, ruft Walter in die Gruppe. „Wir wollen doch nur die Klänge.“ Und so erkundet die Gruppe weiter den Stadtteil.
Die Rolltreppe fährt leise an, das Quitschen des Metalls lässt die Gesichter der Aufnehmenden verzerren. Unten in der Bahnstation setzen sie das Richtmikro ein - das Warten auf die Bahn beginnt. Leise rauscht sie von der Ferne an. Das Mikro „hört“ sie weit eher als das menschliche Gehör - doch als sie in die Station einfährt, schwillt der Lärm so an, dass die Jugendlichen dieses Mikro schnell abschalten. Das Geräusch der sich öffnenden Türen, die Schritte der Ein- und Aussteigenden „fangen“ die Jugendlichen ein und speichern es digital ab.
„Die unterschiedlichen Klänge modellieren wir anschließend zu einer Komposition“, erläutert Walter. Doch dazu benötigt er viele Originalklänge, um den Stadtteil erklingen zu lassen.
Und so geht es weiter auf der Suche nach den besonderen Tönen Eppinghofens. Der Wind pfeift, in den Füßen spüren die Jugendlichen die Kälte.
„Hinter unserem Projekt steht die Aktion Kulturrucksack des Landes NRW“, erklärt Thönnes. Die Idee sei, vor allem Kindern und Jugendlichen die Tür zu Kunst und Kultur so weit wie möglich zu öffnen. „Den Kulturrucksack gibt es seit vergangenen Jahres“, sagt Thönnes. Mülheim sei eine der Pilotkommunen. „Viele unterschiedliche kommunale Kultur-, Jugend- und Bildungspartner bieten Aktionen an. Die sind immer kostenlos“, betont Thönnes. Das Land fördere die Aktionen finanziell. Neben dem Kunstmuseum sind unter anderem Stadtbibliothek und das Jugendkulturbüro dabei. „Die Federführung liegt beim Ringlokschuppen.“
Dann stoppt sie die Gruppe. Vor einem Haus an der Goethestraße drückt sie auf einen Klingelknopf. Einen Augenblick später öffnet sich die Tür. „Oh, schön warm“, freuen sich die Jugendlichen und drängeln sich an Thönnes vorbei.
Der Hausherr, Dirk Jungbluth, empfängt die Gruppe herzlich. Schnell zücken die Jugendlichen das Aufnahmegerät, um zu hören, wie Pallisander und Ebenholz klingen. Eines der Mädchen wechselt blitzschnell in die Rolle der „Journalistin“: Sie zückt das Aufnahmegerät und befragt den Tischler.
Gut aufgewärmt kehren sie auf die „Straße“ zurück. Die Gruppe wandert die Eppinghofer Straße in Richtung Aktienstraße. „Wenn es nicht so kalt wäre, könnte man direkt glauben, man ist im Urlaub“, sagt eine Jugendliche, „soviele Sprachen und Gerüche“.
Während des Mittagssnacks überlegen die Teilnehmer, was sie noch aufnehmen könnten. „Das Klappern der Kleiderbügel und das Schließen der Ladenkasse brauchen wir noch“, sprudeln die Ideen nur so heraus.
Es geht weiter, bis die nasskalte Witterung nicht nur der Gruppe, sondern auch der empfindlichen Aufnahmetechnik zu schaffen macht. Es geht zurück ins Museum. Denn die Suche nach den Tönen ist nur der erste Schritt. In den kommenden Wochen setzen die Jugendlichen nun mit dem Komponisten die Töne zu einer Klangkomposition zusammen.
Die Zeit drängt, denn am Samstag, 16. März, führt die Gruppe ihr Werk „So klingt Eppinghofen!“ im Kunstmuseum während der Ausstellungseröffnung „Schauplatz Stadt“ der Öffentlichkeit vor.
Autor:Dirk-R. Heuer aus Hilden |
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