Interessenskonflikt - Wilder Camper stellt Firmen und Stadtverwaltung vor Probleme
Den Spagat zwischen der Durchsetzung der öffentlichen Ordnung und rein menschlich, sozialen Aspekten übt die Verwaltung der Stadt Mülheim seit einiger Zeit. Im Gewerbegebiet an der Solinger Straße hat sich in einem abgemeldeten Wohnmobil ein Mann häuslich eingerichtet. Und dieser muss dort weg.
Von Andrea Rosenthal
Nicht nur, dass das Wohnmobil den ohnehin knappen Parkraum in dem Gewerbegebiet blockiert, auch für die Gewerbetreibenden, die in ihren Räumen häufig Kunden empfangen, ist das verdreckte, defekte Wohnmobil kein Aushängeschild. Ebenso meldeten die Wachdienste, die zahlreiche der Firmengebäude entlang der Solinger Straße sichern, wiederholt den dort herumlungernden Mann.
Rechtlich kein Problem
Ein abgemeldetes Wohnmobil auf einer öffentlichen Straße zu beseitigen, ist rein straßenverkehrsrechtlich kein Problem. Stadtsprecher Volker Wiebels erklärt: "Der TÜV ist abgelaufen, das Fahrzeug ist nicht versichert, nicht verkehrstüchtig und könnte durch auslaufendes Öl die Umwelt gefährden. Wenn wir alle diese Komponenten ziehen würden, wäre das Wohnmobil schnell beseitigt." Und doch ist seit Monaten nichts passiert.
Woran liegt das? Der Fall ist der Stadtverwaltung seit längerem bekannt. Aber er betrifft nicht nur das Ordnungsamt. Weil das abgemeldete Fahrzeug bewohnt ist, sind viele verschiedene Ämter und Institutionen an einer Lösung des Problems beteiligt.
Konstruktive Hilfe abgelehnt
"Es ist ein bedauerlicher Einzelfall", betont Volker Wiebels, "aber wir haben es hier mit einem Menschen zu tun, der sich nicht helfen lassen möchte." Und konstruktive Hilfe haben bereits die Diakonie und die Wohnungsfachstelle angeboten, die dem Bewohner des Wohnmobils eine freie Wohnung und Unterstützung vermitteln wollten. Der Mann wies die Bemühungen zurück. "Fakt ist, der will genau dort wohnen", fasst der Pressesprecher der Stadt die Situation zusammen. Angesichts der kalten Temperaturen, die in den vergangenen Wochen herrschten, habe man es nicht über sich gebracht, das Wohnmobil umgehend zu konfiszieren und zu verwerten. "Denn das hätte für den Mann die sofortige Obdachlosigkeit bedeutet, das wollte bei Minusgraden niemand verantworten", erklärte der Pressesprecher.
Doch die Verwaltung ist keineswegs untätig geblieben. An einer für alle befriedigenden Lösung wird mit Hochdruck gearbeitet. Die Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und einem sozialen Einzelschicksal will mit Bedacht getroffen werden. Doch da die Temperaturen steigen, läuft die Gnadenfrist für den Wildcamper sicher bald ab. "Wir sind akut entschlossen, tätig zu werden", verspricht Volker Wiebels.
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Welches Gut wiegt schwerer - das Wohl des Einzelnen oder das öffentliche Interesse? Die Meinung der Lokalkompass-Community interessiert uns. Bitte verratet uns in euren Kommentaren, was Ihr von der Stadtverwaltung in diesem Fall zu tun erwartet.
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
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