"Ich versteckte das Geld in meinem Körper"
Und wieder nähert sich ein historisches Datum in der Geschichte der Bundesrepublik. Am 13. August 1961 wurde auf Geheis der SED-Führung mit dem Bau der Berliner Mauer begonnen. Dieses Ereignis jährt sich dieser Tage zum 50. Mal.
Der Mülheimer Alexander Wiegand, 70 Jahre, erlebte hautnah, was zu dieser politisch instabilen Zeit in der BRD, in der DDR und dem Ostblock geschah und berichtet heute von seinen unglaublichen Erlebnissen während der Gefangenschaft in der ehemaligen Tschechei.
Mit einem Mädchen, das ihn 1968 in Ost-Berlin ansprach und darum bat, in den Westen geschmuggelt zu werden, begann die „Karriere“ Wiegands als Fluchthelfer.
Mit seiner Verhaftung am 30. April 1972 am tschechisch-bayerischen Grenzübergang endete sie jäh.
128 Menschen, so warfen ihm die DDR-Behörden in einem Auslieferungsbescheid an die Tschechoslowakei vor, hat der Fernfahrer in dieser Zeit aus der DDR und der CSSR heimlich in die Bundesrepublik gebracht. „Ich wollte diesen Menschen helfen. Und dies tat ich dann auch, obwohl es sehr gefährlich war“, so Wiegand.
Anschließend wurde er mit sechs Jahren Gefängnis für seine republikfeindlichen Taten bestraft.
Wiegand verbrachte viereinhalb Jahre in den Gefängnissen Ostrov, Pilsen und Prag. Dort misshandelte man ihn schwer, er musste sogar knapp drei Monate Dunkelhaft ertragen.
Während dieser Zeit schwebte er dreimal in Lebensgefahr, da er unter anderem von Mitinsassen körperlich sehr schwer angegriffen wurde.
Nach diesen schrecklichen Erlebnissen konnte er sich jedoch durch einen geschickten Schachzug aus der Gefangenschaft retten.
Dieter Würl, Mitgefangener und Zellengenossen Wiegands, schmuggelte in Kakaodosen und Zahnpastatuben versteckt, rund 5000 D-Mark in das Gefängnis und bereitete so schrittweise Wiegands Flucht vor. „Ich war so froh über das Geld. Damit es keiner bemerkte, versteckte ich es zusammengerollt zu einem Stöpsel in meinem Körper“, erinnert sich Alexander Wiegand.
Er benötigte es um das tschechische Wachpersonal zu bestechen und um ein Attest über seinen Gesundheitszustand anfertigen zu lassen. Dieses bescheinigte ihm seine Haftunfähigkeit aufgrund seiner sehr schlechten körperlichen Verfassung. Denn schon Monate zuvor ließ er sich vom deutschfreundlichen Pankrac-Gefängnisarzt ein Mittel in den Hals spritzen, das langfristig ein Bandscheibenleiden bewirkte. „Ich konnte mich vor Schmerzen kaum noch bewegen. Doch um aus der Haft entlassen zu werden, hätte ich fast alles getan“, berichtet Wiegand.
Nach allen Bemühen konnte er 1976 endlich wieder in die BRD einreisen. Dort riet man ihm einen Antrag auf Anerkennung als ehemaliger politischer Häftling und auf Haftentschädigung zu stellen. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt. Jahrelang kämpfte Wiegand für sein Recht. Man warf ihm fälschlicher Weise vor, er habe aus Profitsucht und Abenteuerlust sein Handeln selbst zu verantworten. Letztendlich erhielt Alexander Wiegand für jeden Monat im Gefängnis 45 DM, was den Schmerz über das Geschehene wohl kaum schmälerte.
Autor:Daniela Neumann aus Oberhausen |
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