Gnadenfrist für Kaiser's Tengelmann - Zerschlagungspläne für zwei Wochen verschoben

Foto: PR-Foto Köhring/KP
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Die Tengelmann-Mitarbeiter können - zumindest kurz - aufatmen. Denn Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub, der in der heutigen Aufsichtsratssitzung von Kaiser's Tengelmann die Pläne zur Zerschlagung der Tengelmann-Supermärkte vorstellen wollte, gibt einer alternativen Lösung noch eine Chance.

Haub, auch Aufsichtsratsvorsitzende der Kaiser’s Tengelmann GmbH, kündigte an, die Beendigung des Vertrages mit Edeka zur Übernahme von Kaiser’s Tengelmann sowie den Gesellschaften Bringmeister, Birkenhof, Ligneus und Tengelmann E-Stores für zwei Wochen auszusetzen.

„Wir haben fast auf den Tag genau vor zwei Jahren angekündigt, dass wir unsere Supermarkttochter Kaiser’s Tengelmann als Ganzes in die Hände von Edeka geben wollen, um den 16.000 Mitarbeitern dort eine sichere Zukunft bieten zu können. Trotz Ministererlaubnis konnten wir den Vertrag zur Übergabe aufgrund der Intervention der Kläger beim OLG bis heute nicht vollziehen, auf der anderen Seite verhindert er, dass wir uns mit anderen Lösungen beschäftigen“, sagt Karl-Erivan W. Haub.

Aufgrund der andauernden Unsicherheit werden die Führung des Unternehmens und die Sicherung des Tagesgeschäfts zunehmend zu einer Herkulesaufgabe. Kundenzahlen und Umsätze sinken und das Geschäft bricht zunehmend weg; ein dramatischer Anstieg der monatlichen Verluste und die Verschlechterung der Unternehmenssubstanz sind die Folgen. „Für das weitere Beschreiten des Rechtsweges wären vermutlich weitere zwei Jahre erforderlich – Zeit, die wir nicht mehr haben. So lange können wir die Aufrechterhaltung eines ordentlichen Geschäftsbetriebes nicht mehr gewährleisten. Deshalb bin ich zu der Entscheidung gelangt, den Übergabeprozess nunmehr zu beenden“, erläutert Haub.

Runder Tisch wird fortgesetzt

Um dies – buchstäblich in letzter Minute – abzuwenden, hat nun auf Initiative von ver.di gestern ein „Runder Tisch“ mit den Beschwerdeführern Rewe und Markant stattgefunden. In dem konstruktiven dreistündigen Gespräch sind alle Teilnehmer übereingekommen, die Gespräche zeitnah fortzuführen mit dem erklärten Ziel, für alle Beteiligten und die Beschäftigten von Kaiser’s Tengelmann eine tragfähige gemeinsame Lösung zu finden. „Ich bin dankbar, dass der ‚Runde Tisch‘ zustande gekommen ist und hoffe, dass noch eine Lösung im Sinne unserer Mitarbeiter gefunden werden kann“, so Haub weiter.

Die ursprünglich für die kommende Woche geplante Einholung von Interessensbekundungen für die Vertriebsregion Nordrhein wird nun zwei Wochen ausgesetzt, ebenso die dafür erforderlichen Sozialplanverhandlungen. „Sollten die Bemühungen um eine Umsetzung der Ministererlaubnis jedoch erfolglos sein, wird der Vertrag mit Edeka enden und wir werden in die Einzelverwertung gehen“, sagt Haub. Zu diesem Zeitpunkt wird sich die Inhaberfamilie auch aus dem Aufsichtsratsgremium zurückziehen. Das bedeutet, dass dann rund der Hälfte der noch 16.000 Mitarbeiter die Arbeitslosigkeit drohen würde, da viele Filialen unrentabel arbeiten.

Hintergrund:

Im Oktober 2014 hatten die Unternehmensgruppe Tengelmann und der Edeka-Verbund das Fusionsvorhaben beim Bundeskartellamt zur Genehmigung eingereicht. Dieses hatte den Zusammenschluss im März 2015 verboten, worauf die Unternehmen gemeinsam einen Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis beim Bundeswirtschaftsministerium eingereicht hatten. Diese Ministererlaubnis wurde im März 2016 unter aufschiebenden Bedingungen erteilt. Obgleich diese Auflagen inzwischen erfüllt und vom BMWi bestätigt wurden, hindert nun der auf Antrag der Mitbewerber Rewe und Markant ergangene Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf Vollzugsverbot die Realisierung der Übernahmepläne. So ist auch zwei Jahre nach Vertragsschluss noch keine Übergabe von Kaiser’s Tengelmann, ihrer Tochtergesellschaften Birkenhof und Ligneus, der Bringmeister/Bringmeister Logistik und der Tengelmann E-Stores an Edeka in greifbarer Nähe.

Die Unternehmensgruppe:

Die Unternehmensgruppe Tengelmann ist ein international tätiges Handelshaus, zu dem unter anderem die Handelstöchter OBI, KiK, Kaiser’s Tengelmann, babymarkt.de und Plus.de gehören. Ebenfalls zum Konzern gehören die Immobiliengesellschaft TREI Real Estate sowie die Beteiligungsgesellschaften Emil Capital Partners in den Vereinigten Staaten und Tengelmann Ventures in Deutschland, die seit mehreren Jahren in Start-up-Unternehmen investieren. Das Familienunternehmen wurde 1867 in Mülheim an der Ruhr gegründet und wird derzeit in fünfter Generation eigentümergeführt. Die Unternehmensgruppe Tengelmann ist in 19 europäischen Ländern tätig und beschäftigt in über 4.430 Filialen etwa 88.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Jahresumsatz von netto 8,24 Milliarden Euro.

Foto: PR-Foto Köhring/KP
Karl-Erivan Haub
Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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