"Glasmenagerie" - aktueller denn je

- Simone Thoma inszeniert die Glasmenagerie.
- Foto: PR-Foto Köhring/AK
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In der vergangenen Woche stellte Helmut Schäfer eine neue Inszenierung und ein oft gespieltes Stück im Theater an der Ruhr vor. Kommenden Samstag und Sonntag, 18./19. März, feiert die „Glasmenagerie“ von Tennessee Williams an der Akazienallee Premiere.
Für Dramaturg und Regisseur Helmut Schäfer ist „Tennessee Williams der eigentliche Gründer des amerikanischen Theaters, wie wir das im europäischen Raum verstehen.“ Theater in unserem Sinne wurde ab 1910 nur an Universitäten im Zusammenschluss von mehreren Theaterkünstlern gespielt. In diesem Zeitraum wurde in Nordamerika auch erst damit begonnen, europäische Stücke zu spielen.
Tennessee Williams wurde 1911 in Columbus/Mississippi geboren. Die „Glasmenagerie“ verhalf ihm 1944 zum Durchbruch. „Die Konstellation von Figuren spielt bei ihm eine große Rolle,“ mit diesem Stück setzt das Theater seine Reihe des amerikanischen Theaters fort. Laut Schäfer hält sich die Fassung von Simone Thoma streng an die ursprünglichen Regievorgaben. Tennessee Williams Stücke sind geprägt durch eine extreme Präzision der Raum- und vor allem der Personen- und Charakterbeschreibungen.
„Bei Williams ist man sofort im Stück,“ Schäfer verweist aber auch auf die aktuelle Bedeutung des Werkes, dass in Amerika aufgeführt wurde, während in Europa der Zweite Weltkrieg tobte. Die Hauptperson des Stückes, Tom, gespielt von Albrecht Hirche, spricht den Weltkrieg und Guernica an: „In Spanien war Guernica! Hier gibt es heiße Swingmusik und Schnaps, Tanzschuppen, Bars und Kino und Sex, der (…) die Welt kurz in trügerische Regenbogenfarben tauchte. Die ganze Welt wartete auf die Bombardements des zweiten Weltkriegs!“
Helmut Schäfer sieht Guernica als Mittel, dieses Phänomen in das kampflose Amerika zu transportieren. „Das Stück beschreibt die epochale Schwelle von damals.“ Schäfer erläutert, dass die Industrialisierung fast abgeschlossen war und die Hochindustrialisierung ihren Weg nahm. Auch die Bannkraft des Films nahm mehr und mehr Raum ein. Die Massen wurden wie gelähmt durch die Filme. Folge: „Das große Vergessen.“
Simone Thoma, die selbst die Mutter Amanda spielen wird, sieht inhaltlich in den Werken von Williams den dringenden Versuch, Theaterstücke eben gegen dieses Vergessen zu schreiben. Schriftstücke reichten Williams nicht aus. „Stücke dringen in das Bewusstsein des Publikums,“ so Thoma. Neben Simone Thoma und Albrecht Hirche werden am Wochenende Gabriella Weber (Laura) und Klaus Herzog (Jim) auf der Bühne stehen. Eine fünfte Person ist nur fiktiv. Tom reist von Stadt zu Stadt von Kneipe zu Kneipe und erzählt im Rückblick von der Tragödie der Familie.
Die „Glasmenagerie“, Figürchen aus Glas, spielen eine zentrale Rolle. Tom kommt nicht los von der Liebe zu seiner Schwester, die die meiste Zeit ihres Lebens in der Psychiatrie verbrachte. Ein Spiel der Erinnerungen, das Warten auf den Ausweg, in den richtigen Zug steigen oder von der richtigen Person abgeholt werden, wird bildlich im Bühnenbild umgesetzt. Die Dialoge spielen sich bildlich aber auch akustisch im Wartesaal eines Bahnhofs der 1940er Jahre ab.
Adriana Kocijan hat das Bühnenbild eigens für das Theater an der Ruhr umgesetzt. Sie studierte Schauspiel an der Folkwang Hochschule und hat eine vielschichtige Karriere als Schauspielerin, Tänzerin und Regisseurin hinter sich. Ihre gestalterische Umsetzung im Theater ist ihre erste Tätigkeit als Bühnenbildnerin. Eine weitere und damit letzte Aufführung der „Glasmenagerie“ ist am Sonntag, 03. April zu sehen.
Autor:Claudia Leyendecker aus Mülheim an der Ruhr |
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