Gewaltfrei und gemeinsam lernen: Ein Projekt macht an der Mellinghofer Straße Schule
Fünftklässler versuchen gemeinsam mit zusammen geknoteten Seilen einen gerillten Holzklotz, der auf dem Boden der Aula steht auf einen anderen Holzklotz zu setzen. Das Unterfangen ist schwieriger, als es auf den ersten Blick erscheint. Doch im dritten Anlauf schaffen es die Schüler aus der 5a der Realschule an der Mellinghofer Straße. Die beiden Holzklötze stehen wie eine Eins aufeinander.
Was wie ein Kinderspiel aussieht, hat Methode. Dafür sorgt Sportwissenschaftler Robin Christ von der bundesweit aktiven Stiftung Gewaltfrei lernen. In seinem Trainingsanzug wirkt er wie ein Trainer. Der Eindruck täuscht nicht. Der Mann trainiert auch Jugend-Fußballmannschaften.
Er schaut den Kindern zu, wie sie die ihnen gestellte Aufgabe versuchen, gemeinsam zu bewältigen. Aus dem Hintergrund gibt er Tipps. "Ihr müsst eure Bewegungen besser aufeinander abstimmen. Schaut auf euren Nebenmann und bleibt auf der gleichen Höhe, sonst kippt der Holzklotz!"
Freundlich und konsequent
Christ agiert freundlich und zugewandt, aber bei Bedarf auch mit klaren Ansagen Schnell wissen die Kinder, was geht und was nicht geht. Das bringt Ruhe ins Spiel und schafft Gruppendynamik. Das wirkt. Man nennt es wohl natürliche Autorität. Auch beim nächsten Spiel ist diese Autorität gefragt, damit nichts aus dem Ruder läuft. Zwei Kinder verlassen den Raum, ohne zu wissen, was auf sie zukommt. Die anderen teilen sich auf Christs Geheiß in drei Gruppen auf. Zwei Gruppen sollen sich abweisend und aggressiv verhalten, wenn ihre beiden raus geschickten Klassenkameraden gleich wieder in den Raum zurückkehren und die Aufgabe bekommen, Kontakt zu den Gruppen aufzunehmen und ihre Mitschüler zu fragen, ob sie bei ihnen mitspielen dürfen. Erst die dritte Gruppe nimmt die außen stehenden Mitschüler mit offenen Armen auf.
"Wie habt ihr euch gefühlt?" fragt Christ die beiden Schüler, die die undankbare Aufgabe hatten, in die Außenseiterrolle zu schlüpfen. "Das war schlimm, vor der Gruppe zu stehen und ausgegrenzt zu werden! Und deshalb war es umso schöner und erleichternd, dann doch in einer Gruppe aufgenommen zu werden", schildern die beiden Schüler, ihre Befindlichkeit in der Rolle der Underdogs.
Persönlichkeitsstärkung und Gemeinschaftsbildung
Jetzt erkennt auch der außenstehende Beobachter: Hier geht es um das gute Gefühl einer starken Gemeinschaft auf der einen Seite und um das schlechte Gefühl, gemobbt und ausgegrenzt zu werden. Das hat seinen Sinn: "Alle unsere Fünftklässler durchlaufen dieses dreimal 90-minütige Trainingsprogramm, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken und gleichzeitig in die neue Klassengemeinschaft an der für sie neuen Schule hineinzuwachsen", erklärt Konrektor Frank Michels.
Doch das erfolgreiche Persönlichkeitstraining der Fünftklässler, die hier auch in Sachen Körpersprache und und Kommunikation das Rüstzeug für einen Schulalltag mit älteren Mitschülern bekommen, bliebe ein Wunschtraum, gäbe es nicht die Sparda-Bank. Sie sponsert das Projekt seit sechs Jahren, "Hier werden wichtige Werte, wie Gemeinschaft, Rücksichtnahme und Respekt vermittelt. Das sind Werte, denen wir uns als Genossenschaftsbank verpflichtet fühlen", erklärt der Mülheimer Geschäftsstellenleiter der Spardabank, Günter Draken, die Motivation seines Arbeitgebers.
Und Coach Robin Christ, der mit seinem Training bereits an bundesweit 100 Schulen Schüler, Lehrer und Eltern begeistert hat, macht deutlich: "Ohne Sponsoren, wie die Sparda-Bank, könnten meine Kollegen und ich unsere Arbeit in dieser intensiven Form gar nicht leisten!" Thomas Emons
Autor:Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr |
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