Das "Malen" hat Michael Baier erst im hohen Alter begonnen

Michael Baier erzählt, wie er zum Malen gekommen ist.
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Michael Baier ist mit 90 Jahren noch Auto gefahren. Heute ist er 92 Jahre alt. Er hat einem benachbarten Kindergarten eines seiner Ölbilder geschenkt. Eine Kopie des Bildes hängt bei ihm zuhause in seiner Wohnung in Heißen. Es sieht fast so aus, wie eines der Tiermotive von Picasso, ist aber ein Eigenwerk. „Mit Kindern komme ich prima klar.“ Baier arbeitete noch vor kurzem für ein paar Monate im Kindergarten „Kleine Füße“ in der Rolle des Opas. Sein ganzes Leben bis ins hohe Alter war er berufstätig. Mit über 80 Jahren gönnt er sich dann aber auch Hobbys: Malen und Schreiben. Er bedauert sehr: „Wenn man älter wird, können die Leute oft nicht verstehen, dass man noch helle ist.“

Etwas vormachen ihm - das dürfte schwer fallen: 1924 im heutigen Rumänien (Siebenbürgen) geboren, hat er als deutsch-stämmiger Krieg und Gefangenschaft erlebt. Nach Gefangenschaft in Lagern in Murnau und Augsburg und nach seiner Entlassung durch die Amerikaner, hat er für die Amis gearbeitet, wie er sagt: „Da bekamen wir ein Mittagessen und eine Tasse Kaffee,“ erinnert er sich. An Kaffee war zu der Zeit schwer zu kommen. 1950 ist er als Kriegsversehrter (er hatte durch eine Granate ein Bein verloren) ins Ruhrgebiet gekommen – zum arbeiten. Michael Baier: „Nachdem ich nun bei den Amis aufgehört hatte zu arbeiten... (dort war er in einer Ingenieurschule tätig), hat mir ein Kollege vom Ruhrgebiet erzählt und dass es dort Arbeit gäbe.“

Über Düsseldorf ist er nach Mülheim gekommen und hat bei Mannesmann Arbeit gefunden: „Für Essensmarken, die aussahen wie Kinokarten.“ 40 Jahre ist Michael Baier bei Mannesmann geblieben und ist heute noch dankbar. Damals war es populär, möblierte Zimmer an alleinstehende Herren zu vermieten. Da hat er die eine oder andere Geschichte erlebt: Zur Untermiete im Rumbachtal oder später am Oemberg in Saarn. Meistens Frauengeschichten, erzählt er schmunzelnd. Nach 40 Jahren Mannesmann in der Reparaturwerkstatt als Elektro-Maschinenbauer wäre jeder andere in Rente gegangen. Das ging aus privaten Gründen aber nicht und so übernahm er gleichwertige Tätigkeiten als Rentner in Mülheimer Unternehmen, am Förderturm und im Mülheimer Hafen bei Schauenburg. Mit seiner Rente unterstützte er seinen Sohn, der noch studierte und seine kranke Frau. Bis zu seinem 84. Lebensjahr blieb er bei Schauenburg, tüftelte und verbesserte Maschinen und Anlagenteile.

Mit 80 Jahren, nachdem seine Frau verstorben war und sein Sohn eine Arbeit gefunden hatte, begann er damit, Bilder zu malen. 100 Bilder sind so entstanden. Keines der Originale ist in seiner Wohnung zu finden. „Manche habe ich verschenkt,“ erzählt er. Viele der Bilder hat er einer Freundin überlassen, die lange mit ihm zusammengelebt hat. Die Bilder sind schön, jedes für sich erzählt eine Geschichte: Aus Transsilvanien, von Burgen, Landschaften und einige stammen auch aus Kunst-Vorlagen – etwa von Marc oder Feininger. Die ersten Ideen hin zur Malerei hat er im Lager in Murnau erfahren, so Michael Baier. Ein Wissenschaftler hatte ihm gezeigt, wie man die Welt mit den Augen eines Malers betrachten kann. „Das hat mich in der Gefangenschaft sehr beeindruckt,“ erzählt Michael Baier.

Autor:

Claudia Leyendecker aus Mülheim an der Ruhr

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