Rennbahn feierte Jubiläum
„Die Zukunft ist uns wichtiger, als die Vergangenheit“ - wenn Hans-Martin Schlebusch, Präsident des Rennvereins Raffelberg, diese Worte spricht, meint er die bevorstehende Arbeit, nicht jedoch, dass die vergangenen Jahre keine schönen waren, im Gegenteil. So habe man am Raffelberg nicht nur eine der ältesten, sondern auch eine der schönsten deutschen Rennbahnen. Diese besteht nun runde 100 Jahre. Der Rennverein blickt sogar auf 125 Jahre zurück.
Damals begann es mit Reiterfesten. Als Gründungsdatum des Rennvereins ist der 11. April 1885 festgehalten. Drei Jahre später folgte der erste richtige Renntag. 1909 fusionierte man zum „Mülheim-Duisburger Rennverein“. Und dann, am 29. September 1910, wurde die Rennbahn am Raffelberg feierlich eingeweiht.
Bereits 1924 wird das Dortmunder Rennen und 1930 das „Silberne Band an der Ruhr“ ausgetragen. Nur die Schäden der beiden Weltkriege und der sich anschließende Wiederaufbau können den stetigen Wachstum vorübergehend einbremsen. 1947 wird der Verein in Mülheim-Duisburger Rennverein Raffelberg (Mülheim, Duisburg, Oberhausen) umbenannt und ein Deal bringt das älteste klassische Galopprennen, den dreijährigen Stuten vorbehaltenen „Preis der Diana“ nach Mülheim. In den folgenden Jahren geht es weiterhin um den „Deutschen Stutenpreis“, das „Westdeutsche Hürdenrennen“, den „Preis der Stadt Mülheim“, die „Goldene Peitsche“ (als Volksveranstaltung) und das „Orakel der Zwei- und Dreijährigen“. Auf der Jahreshauptversammlung 1958 wird dem Antrag entsprochen, den Namen in Mülheime Rennverein Raffelberg (MRR) zu ändern. Ein Jahr später, 1959, wird am Raffelberg erstmalig die beste zweijährige deutsche Stute im „Preis der Winterkönigin“ ermittelt. Diese Prüfung entwickelte sich zu einer der sportlich wertvollsten Prüfungen, die auf deutschen Bahnen für die Vertreterinnen des jüngsten Jahrgangs ausgeschrieben wurden. Als erste siegerin ging Ankerkette mit Hein Bollow im Sattel in die Geschichte dieses Rennens ein. Nach einer Überflutung des Bahngeländes wird 1961 saniert. Aus Kostengründen sowie sinkender Beteiligung werden 1962 und 1963 die Rennen um den „Deutschen Stutenpreis“ sowie das „Orakel der Zweijährigen“ aus dem Programm gestrichen. Spürbare Verbesserung im sportlichen Bereich bringen 1968 die Einführung des Rennbahnfernsehens und die Anschaffung einer neuen Startmaschine. Die Rennpreise steigen - 1972 überschreiten sie erstmals die Millionenhöhe - und die Sparkasse tritt 1970 erstmalig als Sponsor auf.
Am 14. September 1979 leitete der damalige Oberbürgermeister Dieter aus dem Siepen mit dem ersten Spatenstich die umfangreichen, finanziell von Land und Kommune geförderten und sich bis in den Sommer 1980 erstreckenden Umbauarbeiten auf dem Rennbahn-Gelände ein. Die alten Totogebäude wurden abgerissen uns durch neue ersetzt, neben dem Führring wurde eine Reithalle errichtet. Eine neue Allwetterhalle für das Publikum konnte 1995 eingeweiht werden. Seit 1998 werden keine Winterrennen am Raffelberg mehr ausgerichtet. Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld übernimmt 2003 den Vorsitz im MRR von Bodo Scheibel, Vorstandsmitglied der Sparkasse, der 1999 Heinz Hager abgelöst hatte. Der „Preis der Diana“, welcher 2002 noch 17.000 Besucher an die Rennbahn zog, bringt aufgrund eines Unwetters ein Jahr später schwere finanzielle Verluste. Aus Kostengründen - um eine Insolvenz abzuwenden und die Finanzen des Rennvereins zu konsolidieren - werden die Hauptrennen des Mülheimer Rennvereins, der „Preis der Diana“ und der „Preis der Winterkönigin“ 2004 verkauft werden.
2006 beschließt der Vorstand, nur noch Renntage durchzuführen, die auch finanziell abgesichert sind. So finden 2008 nur noch fünf Renntage statt, aufgrund der Wirtschaftskrise gehen die Sponsorengelder weiter zurück und lassen 2009 nur noch drei Renntage zu. Dennoch stellt man auf der Anlage einiges nebenher auf die Beine: Rennbahnführungen, eine Lesung, 2006 erstmals die „Haus- und Gartenmesse“ sowie ein „After-Work-Renntag“, auch die Fußballspiele der Europameisterschaft 2008 werden übertragen. In 2010 feiert man am Raffelberg gleich zwei Jubiläen: 100 Jahre Rennbahn und 125 Jahre Rennverein. Zum Jubiläumsrenntag - der zusätzlich zu den geplanten drei Renntagen in die Saison eingeschoben wurde -, angelegt als After-Work-Renntag auf einem Freitagnachmittag, lud man sich einen Star-Gast des Pferdesports: Die Duisburgerin Nicole Uphoff-Selke kam, um mit Susanne Schmitt-Rimkus, Leiterin des Landes-Gestüts Warendorf, ein „pas de deux“, das heißt eine Gleichschrittkür mit ihren Dressurpferden, vorzuführen. Uphoff-Selke zählt zu den erfolgreichsten Dressurreiterinnen der Welt. Sie gewann unter anderem vier olympische Goldmedaillen auf dem Ausnahmepferd Rembrandt. Die mittlerweile inaktive Olympiasiegerin widmet sich nun ganz ihrem Mann Andreas und ihren beiden Kindern. Für einen besonderen Hengst, Pascavello, den sie 2009 in Warendorf entdeckte, stieg sie nun - neben dem musikalischen Rahmenprogramm des Saarner Bergsteigerchors sowie den „Tuba Libres“ aus Essen - wieder in den Sattel. „Das ist unser Jubiläumsgeschenk an den Rennverein und die Besucher“, sprach die Reiterin Glückwünsche an die Nachbarstadt aus. Ihr sei es ein Anliegen, besonders Familien und die Jugend für den Rennsport zu begeistern.
Das ist auch ganz im Sinne des Rennverein-Präsidenten Schlebusch. Dieser nutzte die Mülheimer Local Heroes Woche, um das Pferd als Kulturgut zu präsentieren und mit der Veranstaltung einen weiteren Akzent in Richtung Aufschwung zu setzen. Denn Rückenwind, den könne er derzeit wieder spüren, der Pferdesport finde wieder in den überregionalen Medien statt. Ob auch der Rennbahn am Raffelberg jedoch bald wieder Flügel wachsen, ist fraglich. Die Prognose ist sicher keine gute, denn die Sponsorensuche gestaltet sich weiterhin als enorm schwierig - noch bleibt die Sparkasse letzter Fels in der Brandung.
Autor:Sara Drees aus Dortmund |
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