Exotische Sportart
Mülheim stellt einen der besten Cricket-Clubs in Nordrhein-Westfalen
In über 150 Vereinen kann in Mülheim Sport getrieben werden. Das Angebot reicht dabei von A wie American Football bis Z wie Zumba. Auch die ein oder andere exotische Sportart ist darunter. Dazu gehört mit Sicherheit auch der Mülheimer Cricket-Club, dessen Sportart eigentlich vor allem in den Ländern des Commonwealth populär ist. Seit 2003 wird sie auch in Mülheim gespielt. Ein Vor-Ort-Bericht.
Wir sind mit den Spielern des MCC am Wenderfeld verabredet. Die Anlage liegt mitten in den Sommerferien vollkommen ruhig da, der Rasen ist frisch gemäht. Beste Bedingungen sollte man also meinen. „Eigentlich ist der Platz für uns noch zu klein“, sagt Shuja Ahmed, der zweite Vorsitzende des Vereins. Denn eigentlich benötigen Cricket-Spieler von der Feldmitte 70 Meter in beide Richtungen, damit sie den Ball mit dem Schlagholz entsprechenden weit schlagen können. Beim richtigen Timing seien auch schonmal bis zu 100 Meter möglich.
Doch die Cricket-Spieler – das betonen sie ausdrücklich – wollen sich gar nicht beklagen. Sie sind überhaupt froh, dass sie hin und wieder einen Platz zum Trainieren zur Verfügung gestellt bekommen. Seit 1999 treffen sich Cricket-Begeisterte aus den umliegenden Städten. Für kurze Zeit wurde in Duisburg ein Verein gegründet, aber schnell wieder aufgelöst. Auch in Mülheim können Anlagen nur an eingetragene Klubs vermietet werden. Daher gründete der Vorsitzende Nasir Virk mit seinen Mitstreitern 2003 den Mülheimer Cricket-Club.
Fester Stamm von 25 Mitgliedern
Ein fester Stamm von 25 Mitgliedern ist bis heute dabeigeblieben. Alle Spieler sind Einwanderer aus Indien, Pakistan, Sri Lanka oder Bangladesch. Von zeit zu Zeit schließen sich Studenten aus diesen Ländern dem Verein an. „Für uns ist Cricket wie Fußball in Deutschland“, erklärt Shuja Ahmed. Entstanden ist das Spiel in England und wurde dann über die Kolonien verbreitet. Rekordweltmeister bei Frauen wie Männern ist Australien.
Cricket lässt sich am ehesten mit Baseball vergleichen. Ausgangspunkt ist der Pitch, eine etwa 20 Meter lange und drei Meter breite glatte Fläche. „Die haben wir hier natürlich nicht“, erklärt Ahmed. An beiden Enden sind Ziele angebracht, die der Werfer mit dem Ball zu zerstören versucht. Die Schlagmänner hingegen verteidigen das „Wicket“ ihres Teams und schlagen den Ball stattdessen so weit wie möglich ins Feld.
Regeln ähneln denen des Baseballs
Die gegnerische Mannschaft versucht ihn zu fangen und so schnell wie möglich zur Mitte zurückzubringen. In dieser Zeit sammeln die beiden Schlagleute Punkte, indem sie die 20 Meter entlang sprinten und so oft wie möglich die Seiten tauschen. Ein Zähler gibt es pro „Seitenwechsel“. Rollt der Ball aus dem Spielfeld gibt es vier, fliegt er sofort über die Spielfeldgrenze sechs Punkte.
Aktuell gibt es drei offizielle Spielformen. Die längste davon dauert sechs Stunden. Früher dauerten Cricket-Spiele sogar zwei Tage. „Wir planen dafür aber auch einen ganzen Tag ein“, sagt der Vereinsvorsitzende Nasir Virk. Denn nach jeder Stunde gibt es eine fünf- bis zehnminütige Pause, zur Halbzeit eine Mittagspause. Die tatsächliche Zeit kann sich so schnell auf sieben bis acht Stunden summieren, plus Vorbereitung. „Man ist den ganzen Tag zusammen und dadurch, dass auch oft die Frauen und Kinder dabei sind, ist es ein echter Familiensport“, sagt Virk.
Teams aus dem Frankfurter Raum sind führend
Dreimal waren die Mülheimer bereits NRW-Meister, bei der deutschen Meisterschaft waren sie aber bislang chancenlos. Dort sind Teams aus dem Frankfurter Raum führend. Dort gibt es noch größere Gemeinschaften von Menschen aus Indien, Pakistan oder Bangladesch.
Einmal im Jahr führt der MCC ein Hallenturnier durch, das mit 24 als größtes in Deutschland gilt. „Dafür bekommen wir von der Stadt auch jedes Mal eine Halle“, ist der Vereinschef dankbar. Oft sind die Mülheimer aus dem Wettbewerb schon als Sieger hervorgegangen, weil viele ihrer Konkurrenten über wenig Erfahrung in der Halle verfügen.
Schläger kosten 150 Euro
Nachwuchs wird selbstredend auch beim Cricket benötigt. „Cricket ist leider sehr teuer“, sagt Shuja Ahmed. Ein Schläger kostet bis zu 150 Euro. „Wir haben 15 bis 20 Stück davon“, so der zweite Vorsitzende. Dazu werden pro Spiel zwei neue Bälle benötigt, dazu ein Helm für Schläger und Fänger. Virk bekommen dennoch immer wieder Anrufe von interessierten Studenten. Seine Antwort lautete dann oft gleich: „Man kann es nicht am Telefon erklären. Cricket muss man sehen.“
Autor:Marcel Dronia aus Mülheim an der Ruhr | |
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