Bleibende Erlebnisse beim Blick über den Tellerrand
Austauschschüler aus Chile auf "Gegenbesuch" in Mülheim

Die Mülheimer Lehrerin Anette Wurring (vorne links) mit ihre chilenischen Kollegin Cristina Labra (Bildmitte) teilen die Begeisterung ihre Schüler über das Austauschprojekt, das jetzt so richtig Fahrt aufnimmt.      Foto: PR-Foto Köhring/AK
  • Die Mülheimer Lehrerin Anette Wurring (vorne links) mit ihre chilenischen Kollegin Cristina Labra (Bildmitte) teilen die Begeisterung ihre Schüler über das Austauschprojekt, das jetzt so richtig Fahrt aufnimmt. Foto: PR-Foto Köhring/AK
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„Das einzige, das mir hier fehlt, ist der Sommer.“ Der 17-jährige chilenische Austauschschüler Diddier lacht laut auf, und eine gut gelaunte kleine Runde in einem Klassenraum der Otto-Pankok-Schule stimmt sofort ein. Seit Anfang Dezember nimmt er zusammen mit der 16-jährigen Trinidad und mit Renato (17) und Carlos (16) hier am Unterricht, vor allem aber am lebendigen Familienleben teil.

Zuvor waren zwei Otto-Pankok-Schülerinnen und ein Schüler gut zweieinhalb Monate zu Gast in dem südamerikanischen Land mit der Gebirgskette Anden, den riesigen Wädern und einer gigantischen Salzwüste. Sie bekommen leuchtende Augen, wenn sie von ihren dortigen Erfahrungen berichten. Der Mülheimer Timothy (17) war bei Renato und seiner Familie untergebracht und war „eigentlich sofort ein richtiges Familienmitglied, und Renato war und ist mein Bruder.“

Neben dem Unterricht an der dortigen Deutschen Schule Valparaiso in der Stadt Vina del Mar, gut 100 Kilometer von der Hauptstadt Santiago de Chile entfernt, waren es vor allem die bewegenden Erlebnisse und Eindrücke von Land und Leuten, ganz besonders aber die Herzlichkeit, mit der er von seiner Gastfamilie aufgenommen wurde, die er auf immer und ewig verinnerlicht hat. „Das ist doch hier bei Dir und Deinen Eltern genauso“, fällt ihm Renato ins Wort. Von seiner deutschsprachigen Ausdrucksweise könnten sich übrigens manche hier eine Scheibe abschneiden.

Eintauchen in
andere Kulturen

„Die nachhaltige Vertiefung der jeweiligen Sprachkenntnisse ist die eine Seite des Austauschprogramms, das Eintauchen in andere Kulturen und Lebensgewohnheiten die andere“, sagt Otto-Pankok-Schulleiter Ulrich Stockem. Das habe auch etwas mit Erziehung zur Mündigkeit zu tun und präge die eigene Persönlichkeit. „Ich habe hier in Deutschland drei Monate Zeit und Gelegenheit, eine ganz andere Person zu sein“, ergänzt Trinidad.

Dass dieser Schüleraustausch überhaupt zustandekam, war nicht unbedingt gewollt und geplant, sondern hatte eher etwas mit „glücklichem Zufall“ zu tun. Durch ihren Neffen hat Annette Wurring, Spanisch- und Englischlehrerin an der Otto-Pankok-Schule, von dem Austausch-Projekt erfahren. Sie war sofort Feuer und Flamme und nahm Kontakt zur Valparaiso-Schule auf. Die Möglichkeit für ihre Schüler, einmal richtig „über den Tellerrand zu blicken“,war für sie eine spannende Idee. 

Hauptorganisatorin und Koordination des Austausches auf chilenischer Seite ist Cristina Labra, die zurzeit auch hier vot Ort ist. Allerdings nicht nur in unserer Stadt. „In den Monaten, in denen wir jetzt in Chile komplett Sommerferien haben, toure ich durch ganz Deutschland und bin überall dort, wo unsere Austauschschülerinnen und -schüler untergebracht sind.“ Das Feedback und die Erfahrungen ihrer Austauschschüler sind ihr halt wichtig. Die chilenische Deutschlehrerin macht das schon seit vielen Jahren. Jetzt ist sie froh und dankbar, dass die Otto-Pankok-Schule als einzige Schule im Ruhrgebiet da mitmacht. Getreu der Devise „Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir“ sei das Projekt eine „Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten.

Nette Menschen
kennengelernt

Lucie (17) hat in Chile bei der Familie von Diddier gelebt, und der ist jetzt Mitglied ihrer Familie. Sie schwärmt von ihrem Aufenthalt in dem südamerikanischen Land: „Ich wurde dort richtig rumgereicht, habe wahnsinnig viele nette Menschen kennengelernt und bin überall herzlich aufgenommen worden.“ Da der Aufenthalt von Diddier bei ihr ja in die Weichnachtszeit fiel, hat auch er ganz besondere Erlebnisse gehabt, an einigen Familienessen teilgenommen und deutsche Bräiuche kennengelernt. „Wir zeigen ihm aber auch, wie schön das Ruhrgebiet ist“, sagt Lucie.

Für Diddier gab es noch ein ganz persönliches Highlight. Als er Ulrich Stockem erzählte, dass er einmal Pilot werden möchte, hat der seine Netzwerk-Drähte glühen lassen. In der Flugschule am Mülheimer Flughafen bekam der junge Mann einen Exklusiv-Unterricht. „Das war richtig toll, mit allem Drum und Dran, mit Flugsimulator und so“, strahlt er, „vielleicht kann ich meine Pilotenausbildung ja sogar in Deutschland machen.“

Das Schüleraustauschprojekt von „Otto Pankok und Valparaiso“ jedenfalls soll fortgesetzt, ausgebaut und intensiviert werden“, bekräftigt der stellvertretende Schulleiter Ulrich Bender. So könne für manche Schüler die Otto-Pankok-Schule das Tor zur Welt werden. Noch einen Monat sind die Gastschüler aus Chile hier in Mülheim. Was werden sie vermissen, wenn sie wieder zurück in ihrer Heimat sind? Wie aus der Pistole geschoosen, kommt die Antwort: „Currywurst und Döner.“

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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