Warnstreiks im öffentlichen Dienst - Notpläne in Mülheim sind aktiv
Stand: Dienstag, 20. März, 11 Uhr
Ruhrbahner stimmen sich auf Warnstreiks ein
Am Wochenende trafen sich im Essener Gewerkschaftshaus ver.di-Mitglieder von der Ruhrbahn aus dem Bereich Fahrdienst, Werkstatt und Verwaltung und stimmten sich auf Warnstreiks in der kommenden Woche ein.
Trotz starken Wind und Schneefall machten sie deutlich, dass das Null-Angebot der Arbeitgeber mies ist und die einzige Antwort darauf nur Warnstreiks sein kann. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat für Dienstag am Ruhrbahn-Standort Essen um 8.30 Uhr zu einer zentralen Warnstreik-Kundgebung des Fachbereichs Verkehr am Betriebshof Stadtmitte aufgerufen, am Ruhrbahn-Standort Mühlheim um 7.30 Uhr. In Essen nehmen die Ruhrbahn-Kolleginnen und Kollegen anschließend um 10.30 Uhr an der gemeinsamen Kundgebung aller Streikbetriebe des öffentlichen Dienstes auf dem Kennedyplatz teil. Beim städtischen Nahverkehrsunternehmen STOAG in Oberhausen hat ver.di für Mittwoch zum 24-stündigen Warnstreik aufgerufen.
ver.di fordert eine Gehaltserhöhung von 6,0 Prozent, mindestens aber 200 Euro - und eine Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 100 Euro. Die nächsten Verhandlungstermine sind am 15. und 16. April.
Die Benutzer des ÖPNV müssen sich also am Dienstag nach anderen Transportmöglichkeiten umsehen. Die Busse und Bahnen der Ruhrbahn bleiben ganztägig, also ab Dienstag, 20. März, 3 Uhr, bis Mittwoch, 21. März, 3 Uhr in den Depots. Die Strecken der Deutschen Bahn werden normal bedient.
Wege gut planen
„Pendler sollten sich über die Internetseiten der Verkehrsbetrieberechtzeitig informieren, ob sie vom Streik betroffen sind“, rät Elke Hübner, Leiterin Verbraucherschutz und Recht des ADAC Nordrhein. Sinnvoll sei es zudem, mehr Zeit für den Weg zur Arbeit einzuplanen. „Als Alternativen bieten sich Fahrgemeinschaften, Carsharing oder - bei kürzeren Strecken - der Umstiegs aufs Fahrrad an“, empfiehlt Hübner. Auf der Plattform des ADAC Mitfahrclub (www.adac-mitfahrclub.de) können Pendler Mitfahrgesuche und eigene Fahrten kostenlos einstellen. Der Service steht allen Reisenden, nicht nur ADAC Mitgliedern, zur Verfügung. „Wenn der Arbeitgeber zustimmt, ist auch ein Home-Office-Tag eine gute und vor allem stressfreie Lösung“, weiß Hübner.
Bürgeramt bleibt zu
Das Bürgeramt der Stadt Mülheim bleibt am Mittwoch, 21. März, ganztägig geschlossen. "Wir haben dort einen hohen Organisationsgrad der Mitarbeiter bei ver.di", begründete Volker Wiebels, Pressesprecher der Stadt, die vollständige Schließung. Die telefonische Erreichbarkeit über das städtische Kommunikationscenter (Tel. 455-0) wird sichergestellt. Die Bürgeragentur bleibt zu den üblichen Sprechzeiten geöffnet.
Das Standesamt hat mittwochs grundsätzlich keine Sprechzeiten, so dass sich eine Streikregelung erübrigt.
Stadtsprecher Volker Wiebels: "Es ist davon auszugehen, dass es an diversen Servicestellen der Stadtverwaltung Einschränkungen bis hin zu Schließungen geben wird". Daher seine Empfehlung: "Sollten Sie eine aufschiebbare Angelegenheit bei der Stadt klären wollen, so warten sie bestenfalls bis Donnerstag". Die Stadtbibliothek im MedienHaus und die Schul- und Stadtteilbibliothek in Styrum bleiben am Mittwoch geschlossen. Die drei Schul- und Stadtteilbibliotheken in Dümpten, Speldorf und Heißen sind zu ihren normalen Öffnungszeiten am Mittwoch von 10 bis 13 Uhr geöffnet. Das Friedrich-Wennmann-Bad in Heißen wird geöffnet bleiben.
Notbetreuung in Kitas geplant
Auch die Erzieherinnen in den Kindergärten und im offenen Ganztag drohen mit Streik. Henrike Eickholt, kommissarische Bezirksgeschäftsführerin von ver.di kündigte die Arbeitsniederlegungen für Mittwoch, 21. März, an. Auch viele Erzieherinnen sind nach Angaben von Volker Wiebels in der Gewerkschaft organisiert.
Für die Betreuung der Kitakinder erarbeitet das Amt für Kinder, Jugend und Schule derzeit eine Notbetreuung in einigen wenigen Einrichtungen. Die betroffenen Eltern werden alle persönlich informiert. Zusätzlich sind die Notgruppen auf der Homepage der Stadtverwaltung veröffentlicht.
Für die Betreuung von 511 Kitakinder hat das Amt für Kinder, Jugend und Schule eine Notbetreuung in einigen wenigen Einrichtungen organisiert (siehe Liste). Die betroffenen Eltern werden alle persönlich informiert. Zusätzlich wird die Liste der Notgruppen auf der Homepage der Stadtverwaltung veröffentlicht. Alle Kinder konnten zugeordnet werden. Kein Kind muss also unbetreut bleiben, so Volker Wiebels.
Hier gibt es Notplätze
Für die Kitas Solinger Straße, Schlägelstraße und Heidestraße findet die Notbetreuung in der Kita Kuhlendahl statt. Kinder der Kitas William-Shalespeare-Ring, Adolfstraße, Blücherstraße 75, Werdener Weg und Hortkinder aus Theodor-Suhnel werden in der Kita Kämpchenstraße betreut. Die Notfallplätze für Kinder von Bülowstraße, Friedhofstraße, Neptun-Weg und Otto-Hahn-Straße befinden sich in der KiTa Schmale Straße. Als Ausweichstelle für die Streiks an der Friedrich-Karl-Straße, Howadtstraße, Kaiser-Wilhelm-Straße und der Kita Theodor-Suhnel dient die Kita Auerstraße. Die Kita am Hans-Böckler-Platz heißt Notfälle vom Dickswall, Folkenborntal, Aktienstraße, Mühlenstraße und Sellerbeckstraße willkommen. Auch die Kita Uhlandstraße ist geöffnet. Hier kommen unbetreute Kinder von den Kitas Nordstraße 85 und 90, Barbarastraße, Blücherstraße 135a, Viehgasse, Ritterstraße, Lehnerfeld, Boverstraße 13 und Richard-Wagner-Straße unter. Der Betreuungsbedarf muss im Vorfeld in der Stammkita angemeldet werden.
Mülltonnen bleiben stehen
Auch die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) beteiligt sich an der Arbeitsniederlegung. Deshalb bleibt der Recyclinghof an der Pilgerstraße am Mittwoch, 21. März, geschlossen. Auch telefonisch wird die MEG nur eingeschränkt erreichbar sein. Das Schadstoffmobil wird nicht wie geplant am Friedrich-Wennmann-Bad an der Yorkstraße stehen. Auch bei der Müllabfuhr sind Ausfälle zu erwarten. Soweit die Leerung der Tonnen am Abfuhrtag nicht erfolgt, sollten sie am Straßenrand stehen bleiben. Die nicht geleerten Abfalltonnen werden dann im Laufe der Woche geleert.
Zentrale Kundgebung
Mit erheblichen Einschränkungen muss laut ver.di auch bei den Betrieben der Stadt Mülheim und den Mülheimer Seniorendiensten, sowie der Stadthalle gerechnet werden.
Ab 9.30 Uhr beginnt am Mittwoch, 21. März, eine Kundgebung auf dem Rathausmarkt.
Ab etwa 10.45 Uhr geht dann ein Demonstrationszug durch die Mülheimer Innenstadt und endet in der Sandstraße.
„Wir bitten alle Bürgerinnen und Bürger um Verständnis und Solidarität,“ so Henrike Eickholt. „Wir wollen nicht sie treffen, sondern die Arbeitgeber. Aus unserer Sicht hätte die Bevölkerung von dieser Arbeitskampfmaßnahme verschont bleiben können, wenn es ein angemessenes Angebot der Arbeitgeber gegeben hätte. Wir liegen in den zentralen Punkten fundamental auseinander. Vor allen Dingen den geforderten Mindestbetrag lehnen die Arbeitgeber kategorisch ab.
Eine besonders negative Rolle nehmen die Sparkassenvertreter ein, die trotz der blendenden Geschäftsergebnisse eine Ausnahme der Sparkassen von den Tariferhöhungen fordern.“
Mehr Lohn für Soziales
Sympathie für Anlass und Ziele des anstehenden Warnstreiks im Öffentlichen Dienst bekunden die Grünen. Franziska Krumwiede-Steiner, familienpolitische Sprecherin der Ratsfraktion, liegen insbesondere die Beschäftigten in den Kitas am Herzen.
Die Anforderungen an ihre Tätigkeit seien in den letzten Jahren enorm gestiegen. Sprachförderung, Integration, Inklusion und andere von Eltern teils nicht mehr wahrgenommene Erziehungsaufgaben verlangten ihnen zusehends mehr ab. Kitas, stellt die Ratsfrau und Mutter heraus, seien keine Verwahranstalten mehr. Heute stehe die frühkindliche Erziehung im Mittelpunkt.
Die Entlohnung in sozialen Berufen, betont Kreisvorstandssprecherin Kathrin Rose, halte mit den steigenden Erwartungen nicht mehr Schritt. Dies gelte neben den Kitas auch für andere soziale Tätigkeitsfelder. Die Verdi-Forderung nach mindestens 200 Euro mehr pro Monat trage dem Rechnung. Um dies finanziell bewältigen zu können, bedürften die Kommunen aber der Unterstützung aus Berlin. Rose: „Wir wollen nicht hinnehmen, dass dort die Einnahmen sprudeln, aber für aufopferungsvolle Tätigkeiten in sozialen Berufen kein Geld da ist.“
Untere Tarifgruppen stärken
Auch die Mülheimer Linken äußerten Verständnis für den Streik. Dazu erklärt Andrea Mobini, Kreissprecherin der Linken Mülheim: „Die Forderung nach sechs Prozent mehr Gehalt ist mehr als berechtigt, es braucht endlich eine wirkliche Lohnsteigerung für die Beschäftigten. Die Äußerungen der Arbeitgeber zeigen leider, dass die Wertschätzung für die Beschäftigten nicht ausreichend ist. Wir unterstützen daher alle Mittel, die die Beschäftigten wählen um den Druck zu erhöhen.“
Sylvia Gabelmann, Bundestagsabgeordnete der Linken mit Wahlkreisbüro in Mülheim, verdeutlicht: „In Zeiten von steigenden Haushaltseinnahmen müssen die Beschäftigten endlich auch profitieren. Es kann nicht sein, dass die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst weiterhin unter denen im privaten Sektor liegen. Insbesondere die Forderung nach mindestens 200 Euro mehr würde die unteren Tarifgruppen stärken und diese attraktiver machen.“
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
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