Sturm über Mülheim (I) - weiter Unwetterwarnung - MVG-Busse fahren eingeschränkt - Bundesbahn auch
Eines der schwersten Unwetter der vergangenen Jahre erreichte gestern kurz nach 21 Uhr Mülheim. Wassermassen strömen, Bäume knicken wie Streichhölzer, die Abwasserkanäle können das Nass nicht bewältigen und drücken Wasser zusätzlich in zahlreiche Keller. "Wir haben jetzt schon mehr Einsätze als nach Kyrill (2007)", erklärt Thorsten Drewes, Pressesprecher der Mülheimer Berufsfeuerwehr um 9.30 Uhr gegenüber dem Lokalkompass. "Derzeit sind wir bei über 700 Einsätzen, Tendenz steigend."
Wer in der Nacht noch nicht seinen Keller leerrgescheppt hat, sieht das Chaos erst heute beim Blick aus dem Fenster: Abgerissene Äste, umgestürzte Bäume, abgedeckte Dächer, Planen und andere Gegenstände rund um die Häuser dürfte viele Bürger erschrecken. Nach Angaben der Stadt hat "das Unwetter in Mülheim schwere Schäden angerichtet. Der Schwerpunkt lag an der östlichen Stadtgrenze bei Dümpten, Heißen/Heimaterde." Nach derzeitigen Erkenntnissen habe es 15 Schwerverletzte mit stationärer Aufnahme gegeben, berichtet Stadtsprecherin Anke Degner.
Außerdem ist der Verkehr vielfach zusammengebrochen. Die Straßenbahnen fahren in Mülheim nicht, weil Äste und Bäume auf zahlreiche Oberleitungen gestürzt sind. Allerdings schaffte es die MVG, etliche Busse (s.u.) auf die Straße zu bringen. Rund um den Mülheimer Hauptbahnhof herrscht gegen 9 Uhr reges Treiben, doch die Ratlosigkeit ist vielen Reisenden ins Gesicht geschrieben. Auf den Anzeigen steht: "Bitte achten Sie auf die Lautsprecherdurchsage."
Und es ist noch nicht vorbei
Nach Angaben des deutschen Wetterdienstes sind auch in den kommenden 24 Stunden Gewitter mit Starkregen bis zu 30 Liter pro Quadratmeter möglich. Auch schwere Sturmböen um 100 km/h - lokal Orkanböen bis 130 km/h -und Hagel mit Korngrößen um vier Zentimeter schließt der Wetterdienst nicht aus.
Seit gestern ab zirka 21.30 Uhr stehen in der Leitstelle der Mülheimer Feuerwehr die Telefone nicht mehr still. Die zusätzlich alarmierten Einsatzkräfte haben Probleme, zur Feuerwache zu gelangen, weil viele umgestürzte Bäume die Fahrt behindern. Das gilt zeitweise auch für die Hilfsorganisationen des Deutschen Roten Kreuzes, der Johanniter Unfallhilfe und des Malteser Hilfsdienstes, die antreten, um den Rettungsdienst zu unterstützen. Auch das Technische Hilfswerk steht wenig später mit sieben Fahrzeugen bereit, um das Chaos zu bewältigen.
Dienstag,10. Juni, 3.30 Uhr: Die Berufsfeuerwehr Mülheim fasst die Ereignisse zusammen:
Über 300 Mal sind die Wehren bereits ausgerückt.
In der Anfangsphase des Unwetters kam es zu zahlreichen Feuermeldungen durch automatische Brandmeldeanlagen. Da bei solchen Meldungen immer von einem Brandereignis ausgegangen wird, hatten diese Einsätze Priorität.
Feuer in S-Bahn
Der Triebkopf einer S-Bahn war im Bahnhof West in Brand geraten. Hier wurde der Zugverkehr sofort gesperrt und die Fahrgäste konnten den Zug unbeschadet verlassen. Das Feuer war schnell mit einem C-Rohr gelöscht. Menschen kamen nicht zu Schaden.
40 Personen mussten Ihre Wohnungen verlassen
Aufgrund einer Undichtigkeit an einer Gasregelstation an der Westminster Str. mussten 40 Personen vorrübergehend Ihre Wohnungen verlassen. Nach Abschaltung und negative Messungen durch den Gasversorger konnten Sie in Ihre Wohnungen zurückkehren.
Bäume fielen auf Oberleitungen
Zahlreiche, zum Teil große Bäume fielen auf Oberleitungen der Straßenbahn. Dadurch kam es zu starken Störungen im Personennahverkehr.
Strassen verwandelten sich in Flüsse
Durch die starken Regenfälle verwandelten sich die Strassen in teilweise reißende Flüsse.Unterführungen und Mulden liefen voll Wasser und konnten nicht mehr passiert werden.
Verletzte Personen
Nach Auskunft der Mülheimer Krankenhäuser gab es fünf Schwer- und neun Leichverletzte Personen, welche sich alle selber zum Krankenhaus begaben.
10. Juni, 6.45 Uhr:
Über 400 Mal ist die Feuerwehr seit gestern im Einsatz. Gegen 11.30 Uhr soll die Unterstützung aus dem Regierungsbezirk Detmold eintreffen, um die Mülheimer Wehren zu entlasten. Die angeforderten Feuerwehren kommen mit 27 Fahrzeugen und 120 Einsatzkräften zur Unterstützung der Feuerwehr Mülheim. "Die dann zur Verfügung stehenden Einsatzkräfte werden durch die Einsatzleitung im Bereich Rechtsruhr eingesetzt", teilt Drewes, Pressesprecher der Mülheimer Berufsfeuerwehr mit.
Die Straßenbahnen verkehren zu Zeit nicht.
"Im gesamten Streckennetz ist der Fahrstrom auf Anweisung der
Feuerwehr abgeschaltet", teilt Nils Hofmann, Pressesprecher der MVG, mit.
Durch umgestürzte Bäume entstanden auf folgenden Linien größere Schäden an der Oberleitung:
Linie 102 im Bereich Waldschlößchen – Uhlenhorst
Linie 102 Denkhauser Höfe ab (H) Talstraße bis (H) Oberdümpten
Linie 104 Zeppelinstraße ab Steinknappen bis Hauptfriedhof
Linie 110 Kampstraße – Bismarckstr. – Obere Saarlandstr. und Steinknappen sowie Wendeschleife Friesenstraße
Linie 112 im Bereich der Thyssenbrücke
U18 im Bereich Bf. Eichbaum (dort steht auch noch ein Kurs der U18 mit einem Stromabnehmerschaden)
Auf folgenden Streckenabschnitten stehen noch Straßenbahnen die durch die VA gesichert wurden:
Waldschlößchen > Uhl. Wagen 274
Thüringer Str. > Schloß Broich Wagen 288
Oppspring > Mhm. Wagen297
Steinknappen > Hff. Wagen 1110
Hautfriedhof Bus 92
Kirchberg > Mhm. Wagen 275
Kirchberg > Essen Wagen 271
Auf den Buslinien gibt es folgenden Einschränkungen:
Linie 122 fährt den kompletten Linienweg
Linie 124 fährt den kompletten Linienweg
Linie 133 fährt den kompletten Linienweg
Linie 131 muss ab der (H) Lindenhof in beide Richtungen denn Oemberg auslassen und setzt wieder an der (H) Markenstr. Ein
Linie 132 muss die Düsseldorfer Straße und das Rumbachtal auslassen
Linie 134/135 müssen den Brandenberg auslassen
Linie 136 , 138 und 151 entfallen komplett weil auf mehreren Streckenabschnitten die Strecken gesperrt sind
Linie 753 kann in beide Richtungen nicht über die Mendener Brücke und Obere Saarlandstraße verkehren.
Die Bundesbahn erklärte (Stand 8.30 Uhr): "Nach den Unwetter-Schäden der vergangenen Nacht sind weitere Bahnstrecken in Nordrhein-Westfalen wieder für den Verkehr frei. Die Deutsche Bahn arbeitet mit Hochdruck daran, auch die übrigen Schäden zu beheben, um alle Strecken schnell wieder für den Bahnverkehr freizugeben. So sind allein 5 Reparaturzüge mit Hebebühnen zur Instandsetzung von Oberleitungen im Einsatz."
Auf folgenden Strecken konnte der Nah- und Fernverkehr wieder aufgenommen werden:
Köln–Bonn–Remagen,
Köln–Aachen,
Köln–Siegen,
Köln–Gummersbach,
Worringen–Köln–Bergisch-Gladbach,
Dortmund-Hamm-Bielefeld,
Dortmund–Hagen–Wuppertal–Wuppertal-Vohwinkel,
Wuppertal–Düsseldorf Schienenersatzverkehr
Köln–Siegburg–Frankfurt
Bonn–Ahrbrück
Bonn–Euskirchen
Köln–Trier
Köln–Gerolstein
Au–Düren
Hennef–Horrem
Düsseldorf Hbf–Düsseldorf Flughafen
Horrem–Bedburg
Minden–Dortmund
Aachen–Neuß
Aachen–Mönchengladbach
Köln–Koblenz.
Auf den anderen Strecken in Nordrhein-Westfalen ist der Zugverkehr noch weiter unterbrochen. So ist der Knoten Essen noch gesperrt. Auch die beiden Ost-West-Verbindungen Dortmund–Essen–Düsseldorf–Köln und Dortmund–Gelsenkirchen–Duisburg sind noch betroffen. Ein Busnotverkehr ist aufgrund der witterungsbedingten Schäden momentan nur begrenzt möglich.
Reisende sollten sich auf Fahrzeitverlängerungen einstellen.
Seit den Abendstunden setzte die Deutsche Bahn zusätzliche Mitarbeiter in den Bahnhöfen ein. Reisende wurden mit Getränken, Taxi- und Hotelgutscheinen versorgt.
Die Deutsche Bahn empfiehlt allen Reisenden sich vor Fahrtantritt auf www.bahn.de oder bei der Kundenhotline 01806 99 66 33 (20 Cent pro Anruf aus dem deutschen Festnetz) zu informieren.
Weitere Infos finden Sie hier
Fotos und Berichte von Bürgerreportern aus Mülheim über den Sturm gibt es von Georg Meurer, Susanne Goede-Sahin gleich zweimal, Manuela Mühlenfeld, Dirk Habbe und nochmal Georg Meurer.
Autor:Dirk-R. Heuer aus Hilden |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.