Fahrtraining für Pedelec-Fahrer
Senioren üben in der Jugendverkehrsschule
Pedelecs werden immer beliebter. Auch auf den Straßen und Radwegen von Essen und Mülheim an der Ruhr sieht man immer mehr dieser Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor. Vor allem jetzt im Sommer. Doch immer wieder kommt es auch zu teilweise schweren Unfällen mit den schnellen Rädern.
Im März stürzte ein 81-jähriger Pedelec-Fahrer in Mülheim und verletzte sich schwer. Und das ist leider kein Einzelfall. Während die Zahlen der verunglückten Radfahrer insgesamt sanken, hat sich die Zahl der verunglückten Pedelec-Fahrer im Bereich des Polizeipräsidiums Essen von 26 im Jahr 2018 auf 52 im Jahr 2019 verdoppelt. Und auch im ersten Halbjahr 2020 setzt sich dieser Trend offenbar fort.
Unter den Verunglückten im vergangenen Jahr(2019) befanden sich elf Senioren, im Jahr davor (2018) waren es acht. Dass die Zahlen der an Unfällen beteiligten Pedelec-Fahrer steigen, liegt auch daran, dass immer mehr Menschen Pedelec fahren. Auch bei den über 60-Jährigen sind die Räder beliebt. Das beobachtet auch Polizeihauptkommissar Hans-Joachim Ruhl von der Essener Polizei. "Es fahren immer mehr ältere Menschen Pedelec", sagt der Polizist, der seit fast 20 Jahren im Bereich Verkehrssicherheit arbeitet. Er begrüßt die neue Mobilität im Alter, schließlich sei Radfahren gesund, man sei viel an der frischen Luft. "Und das Pedelec fährt ja auch nicht komplett von selbst. Man muss schon noch was tun." Aber gerade bei Senioren beobachtet er eine Gefahr: "Die älteren Leute treten beim Pedelec drei Mal in die Pedale und sind schneller als je zuvor mit einem herkömmlichen Fahrrad."
"Viele Senioren fahren sehr gut und sicher, andere sind mit der Geschwindigkeit ihres Rades überfordert."
Und genau diese höhere Geschwindigkeit der Pedelecs stellt eine Gefahr dar, vor allem bei älteren Fahrern. "Viele Senioren fahren sehr gut und sicher, andere sind mit der Geschwindigkeit ihres Rades überfordert", sagt Ruhl. Deshalb sei es sehr wichtig, dass der Fahrer das Fahren übt und seine Grenzen kennt. "Viele Leute kaufen sich ein Pedelec und fahren einfach los. Ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass so ein Fahrrad quasi eine ganz andere Nummer ist."
Denn mit einem Pedelec fährt man nicht nur schneller, sie sind auch deutlich schwerer als normale Fahrräder. Das bedeutet eine insgesamt schwierigere Handhabung und einen längeren Bremsweg, trotz der oft sehr guten Bremsen. "Gerade das Bremsen will geübt sein", sagt Ruhl. "Wer sich hier verschätzt und zu heftig bremst, verliert leicht die Kontrolle über das Rad und stürzt."
Doch nicht nur die Pedelec-Fahrer müssen sich an die Eigenschaften der schnellen Fahrräder gewöhnen. "Auch Autofahrer und Fußgänger schätzen die Geschwindigkeit von Pedelecs oft falsch ein", sagt Ruhl. So kommt es laut dem Experten dazu, dass Entfernungen falsch eingeschätzt werden, zum Beispiel beim Abbiegen. "Wer einen Senior auf einem Fahrrad sieht, glaubt doch nicht, dass der alte Herr 20 Stundenkilometer fährt, ohne groß in die Pedale zu treten. Das kann gefährlich sein", so Ruhl. Wo die älteren Pedelec-Fahrer ihr eigenes Können derweil überschätzen, werden sie von anderen Verkehrsteilnehmern oft unterschätzt. Das kann zu Unfällen führen, die aufgrund der höheren Geschwindigkeit auch oft schwere Folgen haben. Und bei älteren Menschen komme dann noch das Problem hinzu, dass ihre Verletzungen schlechter verheilen, sagt Ruhl.
Polizei bietet Fahrtrainings an
Deshalb empfiehlt er allen Pedelec-Fahrern einen Helm, auch wenn keine Helmpflicht besteht. Wünschen würde er sich auch, dass alle Pedelec-Fahrer an Fahrtrainings teilnähmen. Solche bietet die Essener Polizei regelmäßig zusammen mit der Verkehrswacht an, kostenlos. Hier lernen die Teilnehmer das sichere Anfahren, absolvieren Übungen zum Gleichgewicht und lernen, richtig zu bremsen.
"Und natürlich gehen wir auch auf individuelle Unsicherheiten ein", sagt Ruhl.Wichtig sei es auch, dass die Fahrer immer daran denken, dass sie das Rad beherrschen müssen: "Sie fahren mit dem Fahrrad, nicht das Fahrrad mit Ihnen", lautet deshalb ein Leitspruch, den Ruhl den Teilnehmern mit auf den Weg gibt.
In diesem Jahr konnten die Kurse aufgrund der Corona-Pandemie erst später starten als gewohnt. Das erste Training fand am 29. Juni statt. Bisher wurde das Angebot sehr gut angenommen. "Wir freuen uns, dass die Trainings so gut ankommen. Manche Teilnehmer kommen sogar mehrfach", berichtet Ruhl.
Die Fahrtrainings finden immer montags (außer an Feiertagen) von 13 bis 15 Uhr in der Jugendverkehrsschule an der Gruga, Am Grugapark 14, statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Jeder Teilnehmer muss ein Pedelec mitbringen. Außerdem besteht Helmpflicht. Anmeldung bei Polizeihauptkommissar Hans-Joachim Ruhl unter der Telefonnummer 0201/ 829 4137 oder per E-Mail unter vupo.essen@polizei.nrw.de .
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
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