Evangelische Kirche
Seelsorge als ein Anker in stürmischen Zeiten
"Wo ist denn die Kirche?" fragt Superintendent Gerald Hillebrand mit Blick auf die Corona-Krise. Eine Antwort liefert er gleich selbst. "Dass, was wir als Evangelische Kirche in der Seelsorge und in der sozialen Beratung für Menschen in Not leisten, haben wir auch in den letzten 14 Monaten, für die Öffentlichkeit unsichtbar, getan!"
Doch jetzt nahmen sich Seelsorgerinnen aus dem Evangelischen Kirchenkreis An der Ruhr einmal die Zeit, um in einem Pressegespräch das breite Spektrum der kirchlichen Seelsorge zu beleuchten.
Ohne Ehrenamtliche geht es nicht
In den Berichten der hauptamtlichen Seelsorger wurde deutlich, dass auch die Seelsorge nicht ohne das ehrenamtliche Engagement funktioniert. Besonders eindrucksvoll: Allein in der Ökumenischen Telefonseelsorge engagieren sich aktuell 130 Ehrenamtliche. Der hauptamtliche Leiter der Telefonseelsorge, Olaf Meier, hat auch in der Corona-Pandemie keine Probleme, alle Schichten zu besetzen. So konnten die haupt- und ehrenamtlichen Telefonseelsorger auch den um zehn Prozent angewachsenen Gesprächsbedarf decken. "Was mache ich, wenn ich Corona-positiv bin? Wie komme ich möglichst schnell an eine Impfung? Und was mache ich gegen meine Einsamkeit und den Corona-Blues, wenn mir zuhause die Decke auf den Kopf fällt", zählt Olaf Meier zentrale Fragen auf, die in den etwa 50 Gesprächen thematisiert werden, die die Telefonseelsorge täglich erreichen.
Klaudia Schmalenbach, Seelsorgerin im Evangelischen Krankenhaus, "Wir haben in der Corona-Krise, zum Beispiel über das Centrum für bürgerschaftliches Engagement (CBE) sogar noch weitere ehrenamtliche Mitarbeitende gewonnen, zum Beispiel Studenten oder Berufstätige, die aufgrund des eingeschränkten Lehrbetriebs oder durch Homeoffice und Kurzarbeit plötzlich mehr Zeit hatten und etwas sinnvolles tun wollten, in dem sie anderen Menschen helfen." Besonders beeindruckt zeigte sich Schmalenbach von den etwa 20 Ehrenamtlichen, die sich zusätzlich in psychologischer Gesprächsführung schulen ließen, um Ärzte, Pflegekräfte, Patienten und Angehörige nach belastenden Erfahrungen des Corona-geprägten Krankenhausalltags durch ein professionelles Gespräch entlasten zu können. Eine zentrale Stütze für das Evangelische Krankenhaus waren die ehrenamtlichen Kollegen auch im sogenannten Besuchermanagement, dass in der Empfangshalle Besucher und Patienten in dir richtigen Bahnen lenkte. "Auch in der Corona-Pandemie musste niemand bei uns alleine sterben", betont Schmalenbach. Und sie berichtet davon, dass alte und neue Ehrenamtliche "das Gefühl, gebraucht zu werden und Menschen in Not helfen zu können."
Telefonseelsorger Olaf Meier berichtet vergleichbare Erfahrungen: "Die Kirchen haben als Seelsorger eine Chance, wenn sich das in der Krise bei vielen Menschen gewachsene Bewusstsein, dass es im Leben wichtigeres, als den nächsten Urlaub auch nach der Überwindung der Corona-Pandemie fortsetzen und erhalten sollte."
"Wir haben dazu gelernt!"
Für Superintendent Gerald Hillebrand steht nach zahlreichen neuen Angeboten der digitalen und analogen Beratung und Begegnung fest: "Wir haben durch die Corona-Krise dazu gelernt und unsere Seelsorge überprüft. Wir haben neue Formen der Ansprache entdeckt, mit der wir Menschen erreichen konnten, die wir bisher nicht erreicht haben."
Gespräche im Hausflur. Gespräche am Gartenzaun oder am Balkon. Ein "Sommerfest mit Leckereien in der Tüte", Einkaufshilfen, Rundbriefe, Rundmails, Telefonanrufe und Spaziergänge mit Schutzmaske und 1:1-Seelsorge. "Wir haben durch die Pandemie gelernt, flexibler zu agieren, mehr miteinander zu kommunizieren und mehr miteinander anzupacken", findet Pfarrerin Michaela Langfeld aus der Gemeinde Speldorf, einer von sieben Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreises An der Ruhr, zu dem aktuell 42.700 evangelische Christen gehören.
Neu war auch für Volker Rohse und seine Kolleginnen der Evangelischen Lebensberatungsstelle am Hagdorn, "dass wir unsere Beratungsarbeit mithilfe von Chats, Telefongesprächen und Videokonferenzen aufrechterhalten konnten." Immer wieder machte Rose die Erfahrung, dass auch die Online-Beratung in der Lage war, Klienten "seelisch zu stabilisieren, ihnen Perspektiven aufzuzeigen und ihren Blick Ressourcen-orientiert und damit wohltuend und entspannend darauf zu richten, was sie in und trotz der Krise nicht nur im Homeoffice und beim Home-Schooling alles geschafft und gut gemacht hatten."
Hilfe für die Ärmsten
Andrea Krause, die die an der Auerstraße ansässigen Gefährdetenhilfe des Diakonischen Werks leitet, lenkte den Blick auf die wohnungslosen Menschen, denen es schon vor der Corona-Krise schlecht und nach dem Beginn der Pandemie noch schlechter ging, auch deshalb, weil viele Behörden Corona-bedingt geschlossen blieben. Umso wichtiger war es für Krause und ihre Kollegen, ihre niederschwellige und zum Teil aufsuchende Sozialarbeit, unter Einhaltung der Corona-Schutz-Regeln aufrechtzuerhalten. So konnten die Wohnungslosen auch während der Pandemie im Diakonie-Haus an der Auerstraße sich und ihre Wäsche waschen, Gespräche und Beratung finden, Lebensmittel bekommen, kostenfrei mit Corona-Schutzmasken und Hygiene-Artikeln, auf Corona getestet oder sogar gegen Corona geimpft werden. Außerdem richtete die ambulante Gefährdetenhilfe in Zusammenarbeit mit der Wohnungsfachstelle der Stadt eine Quarantänewohnung für Corona-positiv-getstete Wohnungslose ein.
Autor:Thomas Emons aus Mülheim an der Ruhr |
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