Suchthilfe im Alter
Ein neuer Flyer zeigt Hilfs- und Kontaktangebote
Zu hoher Suchtmittelkonsum oder Suchterkrankungen bedeuten für ältere Menschen erhebliche Einschränkungen: zum Beispiel mehr Stürze oder Unfälle, vernachlässigte Hygiene, früher auftretende Demenz. Zudem sind suchtgefährdete ältere Menschen früher auf familiäre Unterstützung beziehungsweise ambulante oder stationäre Pflege angewiesen.
Vorwiegend geht es dabei um Alkohol, Tabak und Medikamente. In Mülheim finden sich zunehmend Stellen, die sich mit dieser Problematik beschäftigen; zum Beispiel die Senioren- und Wohnberatung, der Runde Tisch Demenz, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Pflegedienste. Ein neuer Flyer zeigt Hilfs- und Kontaktangebote für Angehörige und Senioren auf, darüber hinaus bietet die ginko Stiftung für Prävention kostenlose Fortbildungs- und Infoveranstaltungen an.
Norbert Kathagen von der ginko Stiftung macht darauf aufmerksam, dass die Diagnose, suchtkrank zu sein, mit Abhängigkeit und Kontrollverlust verbunden und für Betroffene und deren Angehörige häufig sehr belastend ist. Er weist aber auch darauf hin, dass Konsum auch ohne eine Abhängigkeit bereits ähnliche Folgen für älter werdende Menschen haben kann. Der Körper benötigt und verträgt mit steigendem Alter weniger Wirkstoffe: Medikamente und Alkohol wirken schneller, länger und auch anders als bei jüngeren Menschen.
Einige der häufig verschriebenen Medikamente, Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittel haben ein hohes Suchtpotenzial, andere haben Nebenwirkungen wie Verwirrtheitszustände und Pseudodemenz. Studien zeigen, dass diese unerwünschten Nebenwirkungen bei über 60-Jährigen sehr deutlich steigen. So erhöhen vier bis fünf Medikamente die Wahrscheinlichkeit von teilweise fatalen Nebenwirkungen um den Faktor 9,3, sechs und mehr Medikamente um den Faktor 13,7.
Vor dem Hintergrund, dass 60 Prozent der älteren Menschen acht und mehr Wirkstoffe gleichzeitig einnehmen, wird das Ausmaß unerwünschter Folgen deutlicher.
Mögliche Risiken einer Arzneimitteltherapie wie Abhängigkeit, Delirium oder Demenz sind bekannt, werden jedoch zu selten in Betracht gezogen und müssen verstärkt berücksichtigt werden. In der Öffentlichkeit halten sich hartnäckig Meinungen, dass sich Prävention, Beratung und Therapie für ältere Menschen nicht mehr lohnen und ihnen gar den letzten Spaß am Leben nehmen würden. Das Umgekehrte ist der Fall: Suchtfrei alt werden steigert die Lebensfreude, führt zu mehr Unabhängigkeit, verbessert den allgemeinen Gesundheitszustand und vereinfacht die Pflege. Das soziale Miteinander entspannt sich – und es spart Geld für zusätzliche Behandlungen und Pflegeleistungen.
Suchtkranke Menschen, ihre Angehörige sowie haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter der Seniorenarbeit haben deshalb gute Gründe, die Situationen zu verbessern. Auf ältere Menschen abgestimmte Angebote zeigen, dass sie vergleichbare Erfolge in Beratung und Therapie erzielen wie bei jüngeren Menschen. Die Lebensqualität steigt für alle Beteiligten, wenn sie Hilfe und Unterstützung suchen und finden.
Mehr Informationen gibt's bei Norbert Kathagen unter Tel. 0208/30069-44.
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
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