Nachhaltiger werden, oder doch nicht?
Ein Blick hinter das Fair Trade Siegel

Fairtrade Mischprodukt: Vollmilchschokolade. | Foto: Hannah Kreisel
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  • Fairtrade Mischprodukt: Vollmilchschokolade.
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Nächste Woche, vom 16. bis 30. September, startet die "faire-Woche" vom Forum Fairer Handel, die auf Menschenrechte und faire Produktion aufmerksam macht. Dazu finden bundesweit circa 20.000 Aktionen in jeder Region zum fairen Handel statt.

Dass der Klimaschutz, zumindest im Kaufverhalten, immer mehr ins Bewusstsein der Menschen rückt und besonders nachhaltige Produkte auch bei der jüngeren Generation zum Trend werden, zeigen aktuelle Statistiken: Rund 1,8 Milliarden Euro Umsatz haben Unternehmen insgesamt in Deutschland im Jahr 2020 für fair gehandelte Produkte eingenommen. 2021 gaben 71 Prozent der Deutschen an, fair gehandelte Produkte zu kaufen, listet das Forum Fairer Handel auf. Von 2009 bis 2020 ist das eine Steigerung von 27 Prozent. Da kommt doch die Frage auf:

Wofür steht eigentlich das Fairtrade Siegel?

Das Fairtrade Siegel umfasst sowohl soziale, ökologische und ökonomische Standards, die von der Zertifizierungsgesellschaft Flocert vor Ort überprüft werden. 

Zu den sozialen Regeln gehören:

  • Organisation in demokratischen Gemeinschaften (bei Kooperativen)
  • Förderung gewerkschaftlicher Organisation (auf Plantagen)
  • Geregelte Arbeitsbedingungen
  • Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit
  • Diskriminierungsverbot

Mit den ökologischen Standards sind gemeint: 

  • Umweltschonender Anbau
  • Schutz natürlicher Ressourcen
  • Verbot gefährlicher Pestizide
  • Kein gentechnisch verändertes Saatgut
  • Förderung des Bio-Anbaus durch den Bio-Aufschlag

Als ökonomische Regeln werden überprüft: 

  • Bezahlung von Fairtrade-Mindestpreis und Fairtrade-Prämie
  • Nachweis über Waren- und Geldfluss
  • Richtlinien zur Verwendung des Siegels
  • Transparente Handelsbeziehungen
  • Vorfinanzierung

Wieviel Fair steckt wirklich hinter Fairtrade- Produkten?

Bis Juli 2011 war noch geregelt, dass der Mindestanteil an Zutaten mit fairer Produktion in Mischprodukten mit Fairtrade-Siegel bei 50 Prozent liegen muss. Dann wurde dieser Anteil auf lediglich 20 Prozent herabgesetzt (utopia.de). Lohnt es sich denn jetzt überhaupt noch mehr Geld für Fairtrade-Produkte im Supermarkt auszugeben? Um diese Frage zu klären, muss man sich einmal damit beschäftigen, was überhaupt hinter dem Begriff "Mischprodukte" steht. 
Fairtrade International definiert diesen Begriff als „composite products“, also Lebensmittel, die aus mehreren Zutaten bestehen. fairtrade-deutschland.de gibt an, dass Beispiele dafür die Vollmilch-Schokolade, Kekse, Müsli und Marmelade sind. Sie stehen im Gegensatz zu den "Monoprodukten", die aus nur einer Zutat bestehen. Während diese zu 100 Prozent alle Regeln des Faitrade-Siegels erfüllen, genügen bei den Mischprodukten nur 20 Prozent der Zutaten, die den Kriterien entsprechen. 

Vorteile und Nachteile der Hinabsetzung

Die Hinabsetzung auf 20 Prozent hat zwei Seiten. Durch die 20-Prozent-Regelung können mehr Produkte fair zertifiziert werden, die bei der vorherigen Regelung von einem 50-Prozent-Fair-Handels-Anteil nicht zertifiziert werden konnten. Das hat zur Folge, dass die Produktpalette insgesamt viel breiter wird. Dies wiederum erhöht den Absatz fair gehandelter Produkte und damit die Nachfrage nach fairen Rohstoffen insgesamt. Der Markt an Fairtrade-Produkten wird größer und somit kann auch der Preis sinken.

Kritisieren kann man allerdings, dass den Verkäufern vorgegaukelt wird, dass sie ein Fairtrade-Produkt kaufen, was im schlimmsten Fall aber nur zu 20 Prozent eines ist. Durch die Hinabsetzung haben es nun auch konventionelle Unternehmen leichter, Mischprodukte mit Fairtrade-Siegel zu verkaufen. Diese legen nicht so viel Wert auf weitere soziale Projekte, neben dem fairen Handel, wie die 100-Prozent-Fair-Händler GEPA, El Puente und weltpartner. Diese beraten neben ihrem Verkauf auch Produzenten bei der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft, unterstützen bei Gemeinschaftsprojekten wie Krankenversorgung oder bei einer guten Ausbildung für die Kinder der Produzenten, wie man ihren Homepages entnehmen kann.

Sind wirklich alle Mischprodukte nur zu 20 Prozent fair?

fairtade-deutschland.de gibt darauf eine klare Antwort:

"Dieser Mythos ist falsch. Bei Produkten mit dem Fairtrade-Siegel gilt immer: Alle Zutaten, die es aus fairem Handel gibt, müssen auch vollständig fair gehandelt sein."

100 Prozent fair gehandelte Produkte sind zum Beispiel der Kakao und Zucker in einem Keks. Aber nicht alle Zutaten gibt es Fairtrade-zertifiziert. Milch und Eier sind ein Beispiel dafür. Da die Mehrheit der verwendeten Zutaten in Mischprodukten aber zu 100 Prozent Fairtrade sind, kann man sich sicher sein, dass in der Regel über 20 Prozent der Zutaten in Fairtrade-Produkten auch wirklich fair sind.

"Durch die „Alles-was-geht-Regel“ liegt bei der absoluten Mehrheit der Fairtrade-Mischprodukte der Anteil bei weit über 50 Prozent", versichert fairtrade-deutschland.de.

Allerdings gibt es auch dabei eine Ausnahme. Wenn durch eine Dürre oder Missernte fair-zertifizierte Rohstoffe knapp werden und die noch verbleibende Menge nicht ausreicht, um den Bedarf an fairen Zutaten vollständig zu decken, dürfen auch nicht faire Produkte im Mischprodukt verwendet werden. Das bestimmt das Gremium bei Fairtrade International.

Wie erkenne ich, wie viel Fair im Produkt steckt?

Der Anteil Fairtrade-zertifizierter Zutaten sind auf der Rückseite der Produkte genau angegeben, so erkennen die Verbraucher, welche Zutaten zu welchem Anteil aus Fairem Handel stammen.

Die Aktionen zur fairen Woche kann man unter www.faire-woche.de/kalender/kalender.de finden.

Autor:

Hannah Kreisel aus Mülheim an der Ruhr

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