Der Nächste, bitte!

- Eine falsche Stifthaltung kann zu Problemen führen.
- Foto: EKM
- hochgeladen von Andrea Rosenthal (Redakteurin)
Aus der Praxis des Evangelischen Krankenhauses Mülheim. Heute: Konzentrationsstörungen.
Lisa P. geht seit vier Monaten in die 1. Klasse. Sie ist erst kurz nach ihrer Einschulung sechs geworden. Im Kindergarten ist sie gut zurecht gekommen, aber in der Schule hat sie Probleme.
Die Lehrer haben bereits mit den Eltern gesprochen: Lisa P. lässt sich im Unterricht leicht ablenken, sie redet mit ihren Sitznachbarinnen und steht oft auf. Auch die Hausaufgaben erledigt sie nicht richtig. Und wenn die Eltern sich mit ihr später noch einmal hinsetzen, um die Hausaufgaben zu kontrollieren, kommt es häufig zu Streitereien.
Bis dahin hatte Lisa keine Probleme, sich zu konzentrieren, hat gerne gepuzzelt oder gemalt. Die Eltern wenden sich schließlich an ihren Kinderarzt. „Das ist genau richtig, denn es sollte möglichst frühzeitig geklärt werden, wie ausgeprägt die Schwierigkeiten sind, welche Ursache sie womöglich haben und ob eventuell eine primäre Aufmerksamkeitsstörung vorliegt“, sagt Melanie Busse, Ärztliche Leiterin des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) im Evangelischen Krankenhaus Mülheim (EKM). Eine primäre Aufmerksamkeitsstörung würde auch andere Lebensbereiche betreffen, nicht nur die Schule. „Die Kinder verhalten sich außerdem oft schon im Kindergartenalter auffällig, sind beispielsweise verträumt, motorisch unruhig, impulsiv.“ Bei Lisa ist das aber nicht der Fall.
Der Kinderarzt überweist Lisa P. an das SPZ. Die Eltern sind davon nicht begeistert. „Was soll unser Kind denn da?“, denken sie. Melanie Busse kennt diese Vorbehalte. „Es gibt eine gewisse Hemmschwelle“, weiß sie. „Viele verbinden das SPZ direkt mit ausgeprägten, schwerwiegenden Störungen bei ihrem Kind, aufwendigen Testungen und einer medikamentösen Behandlung. Aber wir schauen erst einmal genau hin und entscheiden dann, wie wir dem Kind helfen können.“
Nach einer genauen Anamnese und einer ergotherapeutischen Mitbegutachtung ist sich das Team sicher: Lisa P. hat keine primäre Aufmerksamkeitsstörung, aber Probleme sich zu konzentrieren. „Das kann unterschiedliche Ursachen haben“, sagt Melanie Busse. „Die Einschulung ist für Kinder eine große Umstellung, mit der manche Kinder besser zurecht kommen als andere.“ Das verstehen die Eltern gut – sie haben lange überlegt, ob ihre Lisa schon schulreif ist.
Die Ergotherapeutin des SPZ hat bei ihrer Untersuchung der kleinen Lisa außerdem bemerkt, dass Lisa P. mit der Stifthaltung Probleme hat. „Solche vermeintlichen Kleinigkeiten können schnell dazu führen, dass die Kinder leichter abgelenkt sind“, sagt Melanie Busse. „Mit Hilfe einer Ergotherapie können sie ihre Stifthaltung sowie ihre Ausdauer verbessern und reduzieren ihre Ablenkbarkeit – oft braucht es dann keine weiteren Behandlungen.“ Lisa P. erlernt zusätzlich mit einem speziellen Gruppenkonzentrationstraining spielerisch Arbeitsverhalten und Strategien, die ihr konzentriertes und selbstständiges Arbeiten erleichtern.
Lisa P. hat dieses Training in Zusammenhang mit der Ergotherapie geholfen. Sie braucht keine weitere Unterstützung und kommt in der Schule inzwischen gut klar.


Autor:Andrea Rosenthal (Redakteurin) aus Mülheim an der Ruhr |
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