Der Nächste, bitte! Aus der Praxis des Evangelischen Krankenhauses Mülheim. Heute: Diagnose von Demenz
Horst Y. ist ein aktiver Rentner. Er ist im Kegelclub, unternimmt viel mit seinen Enkeln. Doch in letzter Zeit ist er anders.
Den Ausflug mit seinen Kegel-Brüdern sagt er ohne besonderen Grund auf einmal ab. Gespräche mit den Enkeln beendet er nach den ersten Floskeln mit einem „Ich bin müde“. Seine Frau schickt ihn zum Arzt, der aber findet nichts.
Doch sie lässt nicht locker. Ihr fallen immer öfter kleine Veränderungen auf. Horst Y. geht in den Keller, um Wasser zu holen und kommt ohne wieder hoch. Er reagiert genervt, wenn seine Frau ihn darauf anspricht. Beim nächsten Arzttermin begleitet sie ihn.
„Es ist wichtig, dass bei einem Verdacht auf Demenz auch die Angehörigen mit dem Arzt sprechen“, sagt Christian Triebel, Chefarzt der Medizinischen Klinik für Geriatrie und Neurogeriatrie am Evangelischen Krankenhaus Mülheim (EKM). Diese sogenannte Fremdanamnese sei ein wichtiger Bestandteil der Diagnose. „Denn ein Teil des Krankheitsbildes ist es, die Krankheit zu bagatellisieren und zu überspielen, so dass wir auf die Aussagen der Angehörigen angewiesen sind.“
Der Arzt nimmt Horst Y. Blut ab und schickt es ins Labor. Außerdem macht er einen orientierenden Test. Er soll eine Uhr malen, deren Zeiger auf 10.50 Uhr stehen. Das fällt Horst Y. schwer. Er zeichnet die Zahlen und die Zeiger falsch ein.
Der Arzt macht einen zweiten Test, den Mini-Mental-Status-Test (MMST): Neben Fragen wie „Welches Datum haben wir heute?“ und „In welcher Stadt sind wir jetzt?“ besteht er aus einer Gedächtnisübung, Rechen- und Buchstabieraufgaben.
„Diese Tests können erste Hinweise in Richtung einer kognitiven Störung wie einer Demenz liefern“, sagt Christian Triebel. „Sind sie auffällig, sind weitere Untersuchungen nötig, auch um andere akute Erkrankungen auszuschließen.“
Horst Y. leidet weder an einer Depression noch einer Erkrankung der Schilddrüse. Der Hausarzt überweist ihn ins Krankenhaus. Dort untersuchen die Ärzte mittels Computertomografie (CT) das Gehirn und entnehmen aus der Lendenwirbelsäule eine Probe des Hirnwassers (Liquor). „Es gibt bestimmte Alzheimermarker, die dort festgestellt werden können“, sagt Christian Triebel. Die Ergebnisse zeigen: Horst Y. leidet an Alzheimer-Demenz. „Diese Form der Demenz können wir mit bestimmten Medikamenten verlangsamen.“
Horst Y. erhält Antidementiva. „In zwei Dritteln der Fälle wirken sie und halten das Gedächtnis für ungefähr zwei Jahre stabil“, sagt Triebel. Horst Y. ist – nach dem ersten Schock der Diagnose – froh über die gewonnene Zeit. Er zieht mit seiner Frau in eine altersgerechte Wohnung und gemeinsam überlegt das Paar, wie es weitergeht. Horst Y. hat das Gefühl, so besser auf die Zukunft vorbereitet zu sein und nimmt am nächsten Kegel-Ausflug auch wieder teil.
Angehörige finden hier Hilfe und Unterstützung: Demenzpflegekurse der Pflege- und Sozialberatung am EKM: www.evkmh.de und bei der Alzheimer Gesellschaft: www.alzheimer-muelheim.de
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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