Der Nächste, bitte!
Aus der Praxis des Evangelischen Krankenhauses. Heute: Dekubitus.
Ralf T. kümmert sich um seinen pflegebedürftigen Vater, der seinen Tag entweder im Bett oder im Rollstuhl verbringt. Seit ein paar Tagen klagt dieser über Schmerzen an der Ferse und am Steißbein. Sein Sohn sieht dort beim Waschen rote Stellen.
Erst denkt er sich nichts dabei. „Die roten Stellen kommen vom vielen Liegen“, sagt er zu seinem Vater. Doch als die Schmerzen nicht besser werden, spricht er mit dem Hausarzt seines Vaters darüber. Dieser erkennt sofort, dass er einen Dekubitus der Kategorie 1 hat.
„Wir sprechen von einem Dekubitus, wenn sich Menschen wundliegen. Dabei verursachen anhaltender Druck und Scherkräfte Schäden von Haut und Gewebe“, erklärt Martin Motzkus, Wundmanager im Evangelischen Krankenhaus Mülheim (EKM). „Es ist ein vermeidbarer Hautdefekt – aber unbehandelt kann er zu schlimmen chronischen Wunden führen die bis in tiefe Gewebe hineinreichen.“
Normalerweise liegen oder sitzen Menschen nie bewegungslos. „Alle 11,6 Minuten machen wir im Schlaf eine Bewegung“, sagt Motzkus. „Wir drehen uns oder machen sogenannte Mikrobewegungen und schützen uns so vor Druckstellen.“ Bei Menschen, die viel liegen oder sitzen und in ihrer Mobilität oder Wahrnehmung eingeschränkt sind, führen der Druck und sogenannte Scherkräfte zu einem Dekubitus. Scherkräfte entstehen, wenn die Haut gegen die darunterliegende Muskelfaszien gezogen werden – beispielsweise wenn jemand einem Menschen unter die Arme greift um ihm zu helfen, sich im Bett aufzusetzen.
Erste Anzeichen für einen Dekubitus sind lokal begrenzte Rötungen der Haut. „Wenn Sie drei Sekunden lang auf diese Stellen drücken und die Rötung dort nicht verblasst, ist das ein Dekubitus der 1. Kategorie“, sagt Motzkus. Ein Dekubitus der 2. Kategorie sieht aus wie eine Schürfwunde oder eine mit Flüssigkeit gefüllte Blase. Da geht im schlimmsten Fall bis Kategorie 4, also der Beteiligung von Muskeln, Sehnen oder Knochen.
Je früher ein Dekubitus auffällt, desto besser kann er behandelt werden. Ralf T. erhält von seinem Hausarzt und seiner Krankenkasse umfassende Beratung. „Für Patienten mit Dekubitus gibt es spezielle Hilfsmittel wie druckentlastende Matratzen oder Sitzkissen“, sagt Motzkus. Pflegedienste mit speziell geschultem Personal können bei der Pflege unterstützen und die Wunden professionell versorgen. „Das Wichtigste ist, aufmerksam zu sein“, sagt der Wundmanager. Regelmäßige Hautinspektionen und Positionsveränderungen helfen dabei, Dekubitus zu vermeiden. Eine gute Inkontinenz-Versorgung mindert darüber hinaus das Risiko von weiteren Hautschäden.
Ralf T. hat für seinen Vater entsprechende Hilfsmittel erhalten. Außerdem hat er einen Initialpflegekurs am Krankenhaus gemacht, um mehr über die richtige Pflege zu lernen. Und er kontrolliert bei jedem Waschen, ob sein Vater erneut Anzeichen eines Dekubitus zeigt.
Die richtige Pflege
>> Das EKM bietet Initialpflegekurse für Angehörige an. Dort vermittelt und trainiert das Team der Pflege- und Sozialberatung unter anderem verschiedene Pflegetechniken. Mehr Informationen gibt es unter www.evkmh.de oder unter der Telefonnummer 0208 309-2648. Info
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
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