Ab in den Kanal

MW-Redakteurin Regina Tempel traute sich ins Kanalnetz. | Foto: PR-.Foto Köhring/PK
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Nein, das ist definitiv kein Termin für die Kollegin, die unter Höhenangst leidet: Neugierig luge ich gemeinsam mit anderen Journalisten durch den offenen Kanaldeckel in die Tiefe: Rund sechs Meter geht es den schmalen Einstieg an Eisengriffen hinab. Dort werden wir gleich herunterklettern und auf Einladung von medl und sem den neuen, riesigen Stauraumkanal unter der Duisburger Straße erkunden.

Überschwemmte Straßen und volle Keller, das ist inzwischen Vergangenheit für die Anwohner der Duisburger Straße. Vor sechs Monaten wurde der neue Stauraumkanal in Betrieb genommen. Er erfüllt denselben Zweck wie ein Regenrückhaltebecken: Hier wird bei Starkregen das Wasser gesammelt und anschließend kontrolliert dem Kanal zugeleitet, der Regen- und Abwasser bis nach Duisburg-Kaßlerfeld transportiert.

Größte Kanal in Mülheim

Mit einer Länge von 170 Metern, einer Breite von 5,25 Metern und einer Höhe von 3,25 Metern ist er der größte Kanal in Mülheim und schließt eine Lücke in der Kanalisation. 2.500 Kubikmeter Wasser kann er aufnehmen. Erst jetzt können auch die benachbarten Kanäle Richtung Broich vergrößert und entlastet werden.

medl-Geschäftsführer Hans-Gerd Bachmenn ist stolz auf dieses Großprojekt, das in nur sechs Monaten fertiggestellt wurde. Bis zu 40 Tonnen schwere Betonelemente mussten dafür in die Baugrube eingepasst werden. Am schwierigsten waren 15 Meter, die nach Bergmannsart im Stollenvortrieb unter der Duisburger Straße und die MVG-Gleise hergeführt werden mussten. Um das Ergebnis zu präsentieren, wurden nun Mülheimer Journalisten für eine Besichtigung eingeladen.

Sicherheitseinweisung ist Pflicht

Doch bevor es abwärts in die Tiefe geht, gibt es eine Sicherheitseinweisung. Neben Schutzanzug, Gummistiefeln und Helm ist ein sogenannter Rettungshelfer obligatorisch. Das tellergroße Gerät wird an einen Riemen über die Schulter gehängt. Bilden sich im Untergrund giftige Gase, öffnet man das Gerät und kann durch einen Schlauch mit Mundstück Sauerstoff einatmen. Bis zu 20 Minuten hält der Vorrat - das müsste locker reichen, den nächsten Ausstieg zu erreichen, der alle 50 Meter zu finden ist.

Bei meinen zweifelnden Blicken muss Rudolf Kaluza, für die Kanalwartung und die Rettungsausbildung zuständig, schmunzeln. „Keine Angst, ich bin seit 25 Jahren dabei und es ist noch nie etwas Ernstes passiert.“ Kuloza trägt ein weiteres Gerät umgehängt, das regelmäßig Pfeiftöne abgibt. „Das Gerät kann bis zu fünf Gefahrenquellen analysieren und anzeigen, die in Kanälen entstehen können: Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff, Kohlendioxid, Sauerstoffmangel und explosive Gase. Ohne dieses Gerät dürfen auch die Mitarbeiter nicht in die Kanäle“, erklärt er.

Kanal besteht aus drei Kammern

Nachdem auch die Sicherheitsgurte um den Schutzanzug geschlungen und verhakt sind und der Helm passt, geht es den Schacht hinunter in den Kanal. Einzeln steigen wir - durch ein Seil gesichert - ein und stehen schließlich dicht gedrängt in einer schmalen Kammer. Denn der Stauraumkanal - übrigens nicht rund, sondern eher rechteckig - ist in drei Kammern eingeteilt, die unterschiedlich breit sind.

Kanal reinigt sich selber

So läuft das normale Abwasser aus den Häusern durch die mittlere Kammer. Das Profil ist so berechnet, dass eine bestimmte Fließgeschwindigkeit herrscht und sich kein Schmutz ablagert - der Kanal reinigt sich praktisch von selbst. Die Nebenkammern sind durch unterschiedlich hohe Mauern abgetrennt, die nach oben offen sind. Regnet es stark und das Wasser steigt an, so übertritt es zunächst die Mauer zur schmaleren Kammer, in der wir gerade stehen. Sind beide Kammern vollgelaufen, kann das Wasser überschwappen in die andere äußere Kammer, die sehr breit ist. „Das Wasser, das in der letzten Kammer durchfließt, enthält dann praktisch keine Schmutzpartikel mehr, das ist vorwiegend Regenwasser“, erklärt Herbert Hesselmann, Betriebsleiter bei sem, einer Tochtergesellschaft der medl.

Einer hinter dem anderen stapfen wir nun durch den Kanal. Die kleinen Lampen am Helm und die großen Handlampen der sem-Mitarbeiter beleuchten die Wände - sonst wäre es fast stockdunkel. Noch sieht alles sehr sauber aus, auch der erwartete faulige Geruch von Fäkalien fehlt. Flüchtig steigt am Ende des Kanals ein schärferer Geruch in die Nase. Kanalratten sind nicht zu sehen, nur ein leises Plätschern lässt erahnen, wo man sich befindet. Ein Blick in die benachbarte Kammer zeigt: Es ist eher ein Rinnsal denn ein Bach, der über den gewölbten Boden fließt.

Der Kanal endet in einer Zuleitung zu den benachbarten, kleineren Kanälen. Hier geht es erst mal wieder hoch ans Tageslicht - nur um kurz darauf auf der anderen Seite noch einmal in die breitere Kammer einzusteigen. Obwohl es draußen noch empfindlich kühl ist, kommt man unter der Erde eher ins Schwitzen. Der Rückweg geht schließlich schneller - hier hat man Platz und kann bequem laufen.

An der einen oder anderen Stelle erläutert Herbert Hesselmann Details: So laufen an einem Ausstieg kleine Wasserrinnsale den Schacht hinunter und lassen den Stein feucht glänzen: „Hier gibt es zum Beispiel noch eine Undichtiogkeit, die nachgebessert werden muss“, erklärt der Betriebsleiter. Einige Arbeiten sind noch notwendig, bis der Kanal in wenigenWochen endgültig abgenommen werden soll.

Eine Bildergalerie mit weiteren Fotos zeigt den Ausflug in die Kanalwelt.

MW-Redakteurin Regina Tempel traute sich ins Kanalnetz. | Foto: PR-.Foto Köhring/PK
Die breiteste Kammer in  dem großen Stauraumkanal. | Foto: Foto: PR-Foto Köhring/PK
Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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