20 Jahre „Check it!“ - Eine nicht alltägliche Unterrichtsreihe
„Wenn Alkohol und Tabak so schädlich sind, warum sind sie dann erlaubt? Ein bisschen Cannabis ist doch erlaubt, oder!? Wie jetzt, der suchtkrank?! Der Mann ist doch fit und clever.“ Das sind Fragen und Statements von jungen Menschen, die den Fachkräften der Fachstelle für Suchtvorbeugung bei den „Check it!“-Veranstaltungen immer wieder begegnen. Seit 20 Jahren ist „Check it!“ eine etablierte und doch ungewöhnliche Unterrichtsreihe zur Suchtprävention für alle Schulformen.
Allein in Mülheim haben ca. 10.000 Schülerinnen und Schüler die jeweils sieben Module der Unterrichtsreihe zur Suchtprävention seit ihrem Bestehen erlebt. Darüber hinaus sind ca. 30.000 Schüler/innen in mehreren Projektstädten wie Aachen, Bochum und Dortmund mit diesem Angebot erreicht worden.
Vorsichtiges Nachfragen, lebendiges Diskutieren, Lachen, Beifall, mal großspurig und gelangweilt, meistens neugierig und interessiert – so erleben die Beteiligten aus Schule, Polizei, Selbsthilfe, Beratung, Therapie und Suchtprävention die mitmachenden Schülerinnen und Schüler. Das Angebot von „Check it!“ erfüllt durch seine Vielschichtigkeit die wissenschaftlichen Qualitätsansprüche von Suchtprävention.
In der Schule startet die Reihe mit einer anonymen Bestandsaufnahme des Konsumverhaltens und die Funktionen Suchtmitteln werden beleuchtet. Beim Besuch in der Jugendberatung/Fachstelle für Suchtvorbeugung der ginko Stiftung für Prävention stehen vielfältige Informationen und der Umgang mit problematischen Alltagssituationen und frühzeitige Hilfsmöglichkeiten im Vordergrund. Den Sinn von Gesetzen, Werten und Normen und was ist im Zusammenhang mit Suchtmitteln erlaubt oder verboten erläutert eine Mitarbeiterin/ein Mitarbeiter der Polizei in der Schulklasse. Zur Unterrichtsreihe zählt weiterhin der Besuch eines Betroffenen aus einer Selbsthilfegruppe, der die Auswirkungen von Suchterkrankungen auf Familie, Freunde und Arbeit aus seiner ganz persönlichen Sicht darstellt. Zum Schluss besuchen die Jugendlichen eine Therapieeinrichtung – ein anspruchsvoller und manchmal auch sehr emotionaler Termin, denn die Patient/innen sprechen über ihre oftmals langen und schwierigen Wege aus der Sucht.
„Manchmal sind Schülerinnen und Schüler zunächst skeptisch, weil sie befürchten, wir wollen alles verbieten, was man im Jugendalter so ausprobiert, weiß Norbert Kathagen zu berichten. „Sie merken aber recht schnell, dass es darum gar nicht geht, sondern wir ihnen Fähigkeiten vermitteln wollen. Dazu gehören Informationen über die Suchtmittel, ihre Wirkungen auf den Körper, die Reflexion des eigenen Verhaltens und die Entwicklung alternative Lösungsstrategien.“
Die Kontakte mit Betroffenen bzw. Kooperationspartner/innen aus den unterschiedlichen Arbeitsbereichen vertiefen den persönlichen Bezug für Schüler/innen und verdeutlichen die Alltäglichkeit, Nähe und Bedeutung des Themas.
Steigende gesellschaftliche Anforderungen, das Bedürfnis nach Rausch und scheinbar leichte „Hilfsmittel“ wird es auch in Zukunft geben. Entsprechend muss sich Suchtprävention weiterentwickeln und auf gesellschaftliche Veränderungen eingehen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Digitalisierung, denn sie bringt sowohl viel diskutierte digitale „Suchtmittel“, wie das Handy oder das Internet, hervor. Auf der anderen Seite entwickeln sich daraus spannende Möglichkeiten für die Prävention. Bei „Check it!“ergänzen sich intensive Gesprächsmodule und digitale Angebote, wie z.B. die Apps der ginko Stiftung für Prävention oder der Actionbound, eine digitale suchtpräventive Schnitzeljagd oder die gleichnamige Facebook-Seite.
Neben den klassischen Präventionsthemen wie Alkohol, Tabak, Medikamente und Cannabis treten stoffungebundene und digitale Themen vermehrt in den Vordergrund. Onlinegaming, Handykonsum, Glücksspiel oder auch Legal Highs sind aktuelle Herausforderungen für Jugendliche und somit der Unterrichtsreihe „Check it!“.
Die Stärkung der sozialen Kompetenzen der Schüler/inneninnen stehen bei „Check it!“ klar im Mittelpunkt. Doch auch die Eltern und ihre Fragen im Umgang mit schwierigen Erziehungsfragen beziehen die Mitarbeiter/innen der Mülheimer Fachstelle regelmäßig seit fast einer Generation durch Beratung und Elternveranstaltungen mit ein.
Norbert Kathagen, der die Unterrichtsreihe vor 20 Jahren mitentwickelte und mit allen Schulformen durchführt, erinnert sich gerne an Begegnungen mit Teilnehmenden. „Eine Lehrerin bemerkte kürzlich: „Ich war früher als Schülerin bei Ihnen und heute darf ich mit meinen Schülern kommen. Es ist immer noch interessant und lebendig“. Allerdings stellt sich immer noch die Eingangsfrage, denn Alkohol und Tabak sind trotz Schädlichkeit erlaubt und gesellschaftlich akzeptiert.
Ein besonderer Dank geht an die Kooperationspartner/innnen, die mit ihrem Beitrag diese Unterrichtsreihe über 20 Jahre hinweg möglich gemacht haben.
Autor:Ruth Ndouop-Kalajian aus Mülheim an der Ruhr |
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