Im Stadtrat wurde heftig diskutiert über den SPD-Antrag zum bezahlbaren Wohnraum
„Wo bleiben die einfachen Leute?“

Die SPD möchte bei größeren Bauvorhaben eine Quote von mindestens 30 Prozent an gefördertem Wohnungsbau.   
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  • Die SPD möchte bei größeren Bauvorhaben eine Quote von mindestens 30 Prozent an gefördertem Wohnungsbau.
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Ausführlich befasste sich der Stadtrat mit einem Antrag der SPD-Fraktion. Sie hatte noch einmal die Dringlichkeit unterstrichen, in Mülheim wieder verstärkt Wohnungen für Menschen in niedrigen Einkommensgruppen anzubieten.

So soll eine Quote von mindestens 30 Prozent an gefördertem Wohnungsbau festgelegt werden, sobald auf städtischen Flächen und privaten Grundstücken bei größeren Neubaumaßnahmen mehr als 20 Wohneinheiten entstünden. Das diene der Förderung und Sicherung des Angebotes an bezahlbarem Wohnraum in Mülheim.

Erhöhter Handlungsbedarf

Bereits vor zwei Jahren habe die SPD-Fraktion die Einführung einer diesbezüglichen Quote gefordert: „Mittlerweile herrscht unter den Fachleuten Einigkeit darüber, dass Mülheim hier einen erhöhten Handlungsbedarf aufweist.“ Auch das INWIS-Gutachten „Analyse bezahlbarer Wohnraum“ weise das nach und das Land NRW beklage in Mülheim eine „signifikante Unterversorgung“. Bereits im Wirtschaftsausschuss war die Vorlage intensiv diskutiert worden. Dessen Vorsitzender Henner Tilgner hatte darüber informiert, dass in Nachbarkommunen bereits eine solche Quote eingeführt worden sei. Der Mülheimer Rat hatte die Gründung des „Bündnis für Wohnen“ beschlossen. Am 23. Oktober findet die Auftaktveranstaltung statt. Hier sollen alle wohnungsmarktpolitischen Akteure an einen Tisch gebracht werden. Ziel ist ein gemeinsames Handeln, das in der Schaffung bedarfsgerechten Wohnraums münden soll. Dezernent Peter Vermeulen erklärte, es sollten keine Vorfestlegungen getroffen werden, bevor die Arbeitsergebnisse des Bündnisses vorlägen: „Wir sollten zunächst qualifiziert darüber nachdenken, was für Mülheim sinnvoll ist. Der von der SPD abgeleitete Bedarf von 30 Prozent an sozialem Wohnungsbau ist für die Verwaltung nicht erkennbar.“

Deutlich stärker engagieren

Für den neuen SPD-Vorsitzenden Rodion Bakum ist die Schaffung bezahlbaren Wohnraums die entscheidende Gerechtigkeitsfrage: „Gerade Arbeitslose, Zugewanderte, Alleinerziehende, Auszubildende und Rentner konkurrieren um begrenzte Möglichkeiten. Das führt unweigerlich zu sozialen Konflikten, wenn wir keine Lösungen finden!“ Mülheim solle sich deutlich stärker bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraumes engagieren. Die österreichische Hauptstadt Wien handhabe dies seit Jahrzehnten und sehr erfolgreich. Das rief FDP-Sprecher Peter Beitz auf den Plan: „30 Jahre nach dem Mauerfall wird Planwirtschaft eingeführt.“ Das Gegenteil sei nötig: „Wir müssen Freiheiten geben.“ Die SPD solle sich lieber der Zukunft zuwenden. Auch Jochen Hartmann vom BAMH sah hier einen massiven Eingriff beim privaten Wohnungsbau: „Das ist faktisch eine Teil-Enteignung.“ Das Wiener Modell führte auch Lutz Zimmermann an: „Wir müssen über den Gartenzaun schauen.“ Christina Küsters von der CDU betonte, man wolle erst die Auftaktveranstaltung abwarten: „Es betrifft Investoren, mit denen nichts abgestimmt wurde.“ Es sei auch fraglich, wie die SPD ausgerechnet auf 30 Prozent komme.

Grundsätzlich einig

Ihr Parteifreund Eckart Capitain fragte sich, wo da die Rechtskraft sei. Dem entgegnete SPD-Mann Claus Schindler: „Nicht immer alles zerreden. Dass der Planungsdezernent kein Freund des öffentlich geförderten Wohnungsbaus ist, haben wir festgestellt.“ Nachbarstädte hätten es doch vorgemacht: „Da ist es nicht zum Zusammenbruch des Wohnungswesens gekommen.“ Der Christdemokrat Heiko Hendriks ist Aufsichtsratsvorsitzender der kommunalen Wohnungsgesellschaft SWB: „Über das grundsätzliche Ziel sind wir uns wohl einig.“ Aber in Mülheim sei die Situation nun mal verschieden von anderen Städten, da könne man keine Schablone drüber legen. So solle man den „relativ unkonkreten“ Antrag zurückziehen und miteinander reden. Hendriks fragte sich auch, ob nicht Investoren versucht sein könnten, jeweils nur knapp unter 20 Wohneinheiten zu bauen. Dann wäre der Effekt verpufft. SPD-Sprecher Dieter Spliethoff zog sein Fazit: „Wir wollen bezahlbaren Wohnraum in dieser Stadt. Wo bleiben die einfachen Leute?“ Da aber der Antrag keine Chance auf Zustimmung des Stadtrates hatte, wird zunächst wieder geredet.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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