Mülheimer DGB-Kundgebung mit promimenten Rednern und starken Botschaften
„Wir freuen uns auf einen kämpferischen 1. Mai im Netz“
„Es ist schon eine merkwürdige Situation am 1. Mai in diesem Jahr. Eigentlich stehen wir ja immer dicht zusammen und kämpfen auf Tuchfühlung für die Rechte der Arbeitnehmer. Jetzt müssen wir Abstand halten“, sagt Filip Fischer, Vorsitzender des DGB Mülheim, mit Blick auf den diesjährigen Tag der Arbeit.
Dass der Spagat zwischen körperlichem Abstand und solidarischer Nähe zu bewerkstelligen ist, demonstrierten Fischer, Dieter Hillebrand, DGB-Regionalvorsitzender für Mülheim, Essen und Oberhausen, sowie die engagierten Gewerkschafts-Funktionäre Dirk Horstkamp (IG Metall), Peter Müller (IG Bauen-Agrar-Umwelt) und Bernt Kamin-Seggewies (ver.di) schon sichtbar. Im Mülheimer Gewerkschaftshaus hielten sie bei der Vorstellung der aufgrund der Corona-Pandemie „extrem anders“ gestalteten Aktivitäten zum 1. Mai den gebotenen Abstand ein, waren sich aber in der Beurteilung der aktuellen Lage ganz nahe. Hillebrand: „Auch wenn wir auseinander sitzen, stehen wir zusammen."
"Solidarisch ist man nicht alleine." Genau so lautet auch das Motto der diesjährigen Mai-Kundgebungen, die jetzt allerdings nicht unter freiem Himmel, sondern im digitalen Netz durchgeführt werden. Seit 130 Jahren gehen die Arbeitnehmer „eigentlich“ an diesem Tag auf die Straßen oder bevölkern öffentliche Plätze, um für ihre Rechte kämpfen. Auf dem Mülheimer Rathausvorplätz hätten sich am Freitag zudem Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Ursula Engelen-Kefer, die ehemalige Bundesvorsitzende des DGB, an die Teilnehmer gewandt.
„Comeback“
von OB Scholten
Die prominenten Redner hätten zudem bestens zum diesjährigen 75-jährigen Bestehen des DGB Mülheim gepasst. Neben einer weiteren Rede von Filip Fischer hätte sich auch OB Ulrich Scholten nach längerer krankheitsbedingter Abwesenheit wieder erstmals öffentlich in Szene gesetzt und sein „Comeback“ auf den Weg gebracht. Jetzt geht es für sie halt vom Markt ins Netz. Die Videobotschaften sind bereits aufgezeichnet, denn die Corona-Krise verändert vieles, was als sicher und "gesetzt" galt. Aufgrund der aktuellen Herausforderungen hatte der DGB-Bundesvorstand schon vor einigen Wochen die historisch einmalige Entscheidung getroffen, keine Demonstrationen oder Kundgebungen auf den Straßen und öffentlichen Plätzen am 1. Mai umzusetzen.
„Das heißt leider auch für Mülheim, dass wir zum erstem Mal seit 1946 als Deutscher Gewerkschaftsbund keine öffentliche Kundgebung durchführen werden, so schwer es uns auch fällt“, so Dieter Hillebrand. „Wir müssen mit Anstand Abstand halten. Denn auch das ist Solidarität, etwa mit den älteren Mitbürgern, mit Menschen, die gesundheitlich vorbelastet sind, und auch mit denjenigen, die tagtäglich für uns das gesellschaftliche Leben am Laufen halten“ ergänzt Filip Fischer.
Mitmach-Aktionen
und Statements
Das bedeutet aber nicht, dass der 1. Mai in Zeiten von Corona ausfällt. Er findet statt, in Mülheim und bundesweit. Nur dieses Mal online, aber weiterhin bunt und vielfältig. Mit kreativen Mitmach-Aktionen und Video-Statements. Die Mülheimer virtuelle Online-Kundgebung ist am 1. Mai ab 9.30 Uhr auf der Homepage der DGB-Region (www.muelheim-essen-oberhausen.dgb.de) und in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und bei Youtube zu sehen. Ab 11 Uhr wird es dann einen bundesweiten Livestream des DGB zum Tag der Arbeit geben, abrufbar im Internet unter www.dgb.de/erstermai.
Die Mülheimer Gewerkschaftsvertreter sind zudem überzeugt, dass die Videobotschaften auf reges Interesse stoßen werden, denn gerade in dieser anspruchsvollen Zeit seien viele Menschen auf Hilfe und Solidarität angewiesen. Das gelte auch für unsere Stadt. IG Bau-Vertreter Peter Müller findet klare Worte: „Wir müssen verhindern., dass beispielsweise die Reinigungskräfte nicht zu den großen Verlierern der Krise werden.“ Oft seien in diesen Bereichen Frauen geringfügig beschäftigt, die nun nicht einmal Kurzarbeitergeld bekämen. Wenn jetzt Unternehmen nach dem Staat riefen, sei das schon fast en Witz der Geschichte, denn jahrzehnlang hätten diese propagiert, dass der Markt alles regelt. Müller: „Den Letzten dürfen nicht die Hunde beißen.“
Gewerkschaften
wichtiger denn je
Nach Meinung von Dirk Horstkamp, Mülheimer IG Metall-Bevollmächtigter, sei in unserer Stadt das Zusammenwirken mit den Arbeitgebern zum Wohle der Beschäftigten sinnvoll und gut. Die Krise habe aber gezeigt, dass Mitbestimmung heute wichtiger denn je sei. Bernt Kamin-Seggewies schließlich, der als „ver.di-Mann“ den öffentlichen Dienst und den weiteren Dienstleitungsbereich vertritt, ist überzeugt, dass die kontinuierliche Arbeit der vergangenen Zeit sich jetzt nachhaltig auswirkt.
Er blickt aber zugleich in die Zukunft: „Es darf und kann nicht sein, dass man den Helden der Krise applaudiert und dankt, sie müssen auch besser bezahlt werden.“ Themen gibt es also genug, „Und die werden auch online rüberkommen“, freut sich Filip Fischer auf einen „kämpferischen 1. Mai im Netz.“
Autor:Reiner Terhorst aus Duisburg |
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