Keine Mehrheit für Hauptausschuss mit Ratskompetenz
Wie kommt Politikbetrieb wieder in Gang?
Die Mülheimer Kommunalpolitik arbeitet zurzeit auf Sparflamme, etwa mit sporadischen Videokonferenzen. Bis zum Ende des Monats April wurden keine Sitzungen abgehalten. Gegenseitige Ansteckungsgefahr und aktuelle Belastung der Verwaltung im Kampf gegen das Virus waren die genannten Gründe.
Doch es häuften sich Stimmen, dass Politik ab Mai wieder zu spüren, zu hören sein müsse. Das auch politische Gremien wieder tagen müssten. Im aktellen Erlass der NRW-Ministerin lna Scharrenbach ist in diesem Zusammenhang zu lesen, dass Sitzungen kommunaler Gremien „der Ausübung und dem Erhalt der grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung dienen“. Das gilt zum Beispiel für den Stadtrat. Sogenannte „Umlaufbeschlüsse“ sind aber für den Rat und seine Ausschüsse keine Option, ebenso wenig wie Videokonferenzen. Es müsse der Öffentlichkeitsgrundsatz beachtet werden.
Das Ministerium gehe aber ohnehin davon aus, dass sich der Besucherandrang bei den öffentlichen Sitzungen der Gremien in der nächsten Zeit generell sehr in Grenzen halten werde. Es werde aber unverändert empfohlen, Rats- oder Ausschusssitzungen auf das gebotene Maß zu reduzieren. Der Rat soll zwar eigentlich alle zwei beziehungsweise drei Monate zusammentreten. Bei unverändertem Fortbestehen oder gar Verschärfung der aktuellen Risikoeinschätzung habe das Ministerium aber keinerlei Bedenken, wenn die von der Ordnungsvorschrift vorgegebenen Sitzungsabstände überschritten würden.
Möglichkeiten aufgezeigt
Stadtdirektor Frank Steinfort wehrt sich gegen Anwürfe aus der Politik, die Mülheimer Verwaltung blockiere: „Wir haben drei Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine Wiederaufnahme von Sitzungen möglich ist.“ Bereits am 9. April habe die Verwaltung den Vorschlag unterbreitet, Sitzungen in verkleinerter Personenzahl stattfinden zu lassen. Pro Fraktion sollten je nur zwei Vertreter teilnehmen, allerdings alle Stimmen der Fraktion repräsentieren. Diese Lösung hätte ein Einvernehmen aller Ratsmitglieder erfordert, was aber nicht zustande kam. Die letzte diesbezügliche Rückmeldung an die Verwaltung kam am 21. April.
Hauptausschuss-Lösung erhält
auch keine Mehrheit
Daraufhin wurde bereits am nächsten Tag die zweite Lösung ins Spiel gebracht. Im Paragraf 60 Absatz 1 der Gemeindeordnung heißt es, dass der Hauptausschuss dann entscheidet, wenn eine Einberufung des Rates nicht rechtzeitig möglich ist. Dies galt bisher nur in Dringlichkeitsfällen, wurde nun erweitert auf „eine epidemische Lage von landesweiter Tragweite“. Dazu müssten aber zwei Drittel der Mitglieder des Rates einer Delegierung an den Hauptausschuss in Textform zustimmen. So lautete dann auch der Vorschlag der Verwaltung, eine Sitzung des Hauptausschusses Anfang Juni anstelle des Rates durchzuführen und / oder eine Ratssitzung am 25. Juni. An diesem Donnerstag liegt die Abstimmung der Fraktionen vor. Nur 32 Ratsmitglieder sprachen sich dafür aus, dem Hauptausschuss die Kompetenzen zu übertragen, zwei enthielten sich. Für eine Zweidrittelmehrheit wären 37 Stimmen nötig gewesen. Es gibt nun noch eine dritte Möglichkeit: Wenn nämlich mindestens ein Fünftel der Stadtverordneten oder eine Fraktion unter Angabe von wichtigen Gründen dies verlangt, muss eine reguläre Sitzung in voller Besetzung durchgeführt werden. Hier hat Stadtdirektor Steinfort bisher keine Stellungnahme erhalten.
Dringlichkeitsentscheidungen
Übrigens kann im absoluten Notfall der Oberbürgermeister - im Falle seiner Verhinderung der allgemeine Vertreter - mit einem Ratsmitglied entscheiden. Diese Dringlichkeitsentscheidungen sind dann dem Rat in der nächsten Sitzung zur Genehmigung vorzulegen. Da Oberbürgermeister Ulrich Scholten weiterhin krankgeschrieben ist, wäre nun sein Stellvertreter Frank Steinfort derjenige, der solche Dringlichkeitsentscheidungen anstoßen und auch treffen müsste. Da sei aber aktuell kein Handlungsbedarf, wie Steinfort auf Nachfrage bei seinen Kollegen im Verwaltungsvorstand erfuhr.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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