Kooperation:
Wer soll das bezahlen?

Die Kosten für Strom und Gas steigen und steigen. Die Mitglieder der AGW und die Verbraucherzentrale Mülheim fürchten ab Herbst einen massiven Anstieg von Strom- und Gassperren. Foto: Lokalkompass
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  • Die Kosten für Strom und Gas steigen und steigen. Die Mitglieder der AGW und die Verbraucherzentrale Mülheim fürchten ab Herbst einen massiven Anstieg von Strom- und Gassperren. Foto: Lokalkompass
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Mit großer Sorge blicken die Mitglieder der Mülheimer Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände (AGW) auf den Herbst und Winter. Gestiegene Lebenshaltungs- und vor allem Energiekosten inklusive der Gasumlage werden eine Reihe Mülheimer an ihre finanziellen Grenzen und darüber hinaus bringen.

Gemeinsam mit der lokalen Verbraucherzentrale entwickeln die Geschäftsführenden von AWO, Caritas, Deutschem Roten Kreuz, Diakonie, Jüdischer Gemeinde und Paritätischem bereits jetzt Konzepte, um zu verhindern, dass Menschen in kalten, dunklen Wohnungen sitzen müssen. Im Zentrum dessen steht noch mehr Kooperation, um ein Informations- und Hilfenetz zu knüpfen, durch das niemand fallen muss.

Wie wichtig das ist, weiß auch Marcus Kuck von der Schuldnerberatung der AWO. Schon jetzt beraten er und seine vier Kollegen jeweils 10 bis 15 Ratsuchende pro Tag. "Diese Zahl wird erheblich steigen, wenn die neuen Abschlagszahlungen bei den Kunden ankommen", ist sich Marcus Kuck sicher. Um schon im Vorfeld zu helfen, bietet die Schuldnerberatung sogenannte "Finanzchecks" an. "Doch da wo es sowieso schon eng wird, bringen die extrem steigenden Preise einfach das Fass zum überlaufen", weiß Kuck.

2,419 Cent pro Kilowattstunde – so viel werden Verbraucher für die Gasumlage zusätzlich zahlen müssen. Bei 20.000 Kilowattstunden summiert sich das auf über 480 Euro, plus Mehrwertsteuer kommen so über 570 Euro zusammen. „Die Gasumlage kommt zu den seit Monaten steigenden Kosten und Preisen hinzu. Dabei wissen wir aus unserer alltäglichen Beratungsarbeit, wie viele Menschen jetzt bereits am Minimum sind“, erläutert Birgit Hirsch-Palepu, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes im Evangelischen Kirchenkreis An der Ruhr. Die Mitglieder der AGW und die Verbraucherzentrale Mülheim fürchten deshalb ab Herbst einen massiven Anstieg von Strom- und Gassperren und damit einhergehend einen enormen Beratungsbedarf.

Menschen sind bereits am Minimum

„Wir wissen, dass Energieversorger teils sehr schnell damit sind, Strom und Gas abzustellen“, sagt Christiane Lersch, Leiterin der Mülheimer Verbraucherzentrale. „Deshalb ist es unerlässlich, dass wir unsere Mitarbeitenden schulen und auf die Fragen, die vermehrt auf sie zukommen werden, vorbereiten“, betonen Martina Pattberg und Regine Arntz als Vorstand der Caritas Mülheim. Dies ist in einem ersten Schritt in Kooperation mit der Mülheimer Verbraucherzentrale geplant.

Zudem soll die Vernetzung zwischen Verbraucherzentrale und den Wohlfahrtsverbänden verbessert werden. „Natürlich vermitteln wir Ratsuchende schon jetzt an andere Einrichtungen, aber es ist auch wichtig zu wissen: Welche Unterlagen brauchen die anderen. Was müssen die Klienten mitbringen, damit die Beratung naht- und problemlos weitergehen oder beginnen kann“, erläutert Mauno Gerritzen, der als Geschäftsführer des Paritätischen rund 40 Organisationen, Einrichtungen und Dienste vertritt.

Aus Sicht der AGW muss ein gemeinsames Bündnis mit der Kommune und weiteren Akteuren der Stadtgesellschaft, wie etwa Energieversorgern, geschlossen werden, um möglichst alle Mülheimer im Leistungsbezug frühzeitig zu erreichen und unterstützen zu können. Christiane Lersch hat als Leiterin der Mülheimer Verbraucherzentrale zudem eine klare Forderung, um soziale Härten schon jetzt abzufedern: „Wir brauchen ein Moratorium für Energieschulden. Auf Strom- und Gassperren während der aktuellen Krise zu verzichten, ist unerlässlich.“ Die AGW schließt sich dem an und fordert zudem ein grundsätzliches Umdenken beim Umgang mit versäumten Strom- und Gasraten: „Strom- und Gassperren darf es nicht geben. Diese gehören abgeschafft.“

Hintergrund:

In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie und die Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit.
Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in NRW und die Sicherung bestehender Angebote. Mehr Infos gibt es unter www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de

Die Kosten für Strom und Gas steigen und steigen. Die Mitglieder der AGW und die Verbraucherzentrale Mülheim fürchten ab Herbst einen massiven Anstieg von Strom- und Gassperren. Foto: Lokalkompass
Autor:

Judith Schmitz aus Bottrop

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