Wahlkompass Mülheim: CDU
Die Schulden von Mülheim sind immens. Offiziell 1,3 Milliarden Euro, „aber wenn man die städtischen Töchter dazu rechnet, liegen wir bei 1,6 Milliarden Euro“, weiß Wolfgang Michels, Fraktionsvorsitzender der CDU im Mülheimer Rat. Schulden, die großteils an die kommenden Generationen weitergereicht werden müssen. Deshalb ist Generationengerechtigkeit für die zukünftige Politik ein wichtiges Thema für den Lokalpolitiker.
Politik in Mülheim könnte in der kommenden Legislaturperiode noch schwieriger werden, da der Rat noch bunter sein könnte als bisher. Dabei ist sich Michels sicher: „Es gibt nur ein, vielleicht zwei Parteien, mit denen man zusammen richtig etwas voranbringen könnte“. Natürlich die SPD - „die SPD kommt an uns nicht vorbei, und wir nicht an der SPD“, aber auch mit der FDP würde man sprechen, oder der MBI.
Freiwillige Leistungen auf den Prüfstand
Denn die nächsten Jahren werden noch schwieriger, wenn die Schuldenbremse bei Stadt und Bund greift, weiß Michels. Deshalb müssten die freiwilligen Leistungen der Stadt weiter auf den Prüfstand gestellt werden. Zahllose Mitgliedschaften in Vereinen, teilweise doppelte durch städtische Töchter, das müsse nicht sein. Auch Vergünstigungen wie den MülheimPass, der die Stadt 500.000 Euro jährlich kostet, sollten hinterfragt werden. Die Standards der städtischen Dienstleistungensollte man weiter überprüfen.
Doch oft ist es für die Lokalpolitiker auch schwer. „Da beschließt der Rat Stellenreduzierungen und es werden 180 Stellen eingespart. Gleichzeitig aber gibt es gesetzliche Vorgaben von Bund und Land, die es erfordern, 165 neue Stellen zu schaffen.“
Land und Bund schieben Finanzierungen auf die Kommunen
Immer wieder schieben Bund und Land die Finanzierung von Aufgaben, die sie durch Gesetze festlegen, auf die Kommunen ab. „Der Sozialetat von Mülheim beträgt 130 Millionen Euro. Wenn man die Zuschüsse von Bund und Land abzieht, bleiben noch 80 bis 90 Millionen Euro über, die die Stadt für diese gesamtgesellschaftlichen Aufgaben tragen muss. Das ist in etwa die Höhe unserer Schulden.“
MVG: Mehr fahren nach Bedarf
Auch bei der MVG sieht Michels als Aufsichtsratsvorsitzender der Verkehrsgesellschaft noch Einsparpotential. „Ich sehe immer wieder Linien, die leer durch die Gegend fahren. Die Investition in neue Straßenbahnen war richtig und wichtig und mit dem neuen Nahverkehrsplan sind wir auf dem richtigen Weg. Aber wir müssen noch mehr auf Bedarf fahren.“ Dass man die Stadt aus Stadtteilen wie Mintard nicht mehr direkt erreicht, findet er zumutbar. „Allerdings müssen die Umsteigepunkte abgestimmt sein und die Abfahrtzeiten passen“.
Weniger Leuchtturmprojekte
Dass man in Mülheim in der Vergangenheit manchmal zu schnell dem einen oder anderen Leuchtturmprojekt zugestimmt hat, gibt Michels zu. „Da müssen wir in Zukunft genauer hinschauen.“ Zuviel Betonierung im Verkehrsbereich, zu aufwendige Umbauten wie Mühlenbergkreuzung und an der Konrad-Adenauer-Brücke beklagt er. Viele Großprojekte, die nicht richtig miteinander verzahnt sind und Mülheims Verkehrsprobleme nicht gelöst haben. Ruhrbania müsse man zu Ende bauen, „aber ein bisschen mehr Grün wäre schöner gewesen.“ In Zukunft dürfe man keine Projekte mehr pushen, nur weil es Fördermittel vom Land gäbe.Bei PPP-Projekten sollte man ebenfalls vorsichtiger sein, denn auch das sei ein Verschieben der Schulden in die Zukunft.
Zur Person:
Wolfgang Michels ist verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in Saarn. Der Diplom-Ingenieur ist seit 1994 Ratsherr und seit 2007 Vorsitzender der Ratsfraktion. Er ist Sprecher des Hauptausschusses sowie des Wirtschaftsausschusses und sitzt im Finanzausschuss. Michels ist Mitglied der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr und Aufsichtsratsvorsitzender der MVG.
Wahlprogramm kurz gefasst:
Stadtentwicklung/ Verkehr: Mehr Mittel für die Unterhaltung der Verkehrs-Infrastruktur in den Etat einstellen. Fertigstellung von Ruhrbania; einen attraktiven Rathausmarkt schaffen, Realisierung eines Hotels am Tourainer Ring; Optimierung der Verkehrsführung
ÖPNV: Ein bedarfsorientiertes und qualitativ gutes Angebot unabhängig von der Systemfrage (Bus oder Bahn) sicherstellen
Wirtschaft: Optimale Bedingungen schaffen und Mülheims Standortvorteile gegenüber anderen Kommunen stärken. Ein neues Einzelhandels- und Zentrenkonzept. die Erschließung von Baulücken und ein Angebot an attraktiven Flächen für innovative Betriebsgründungen
Finanzen: Die Systemfrage beim ÖPNV bedarfsgerecht und kostenorientiert lösen; die städtischen Gesellschaften im Rahmen ihrer Möglichkeiten stärker an der Haushaltskonsolidierung zu beteiligen; den Haushaltsausgleich binnen zehn Jahren zu erreichen; die Schulden in den nächsten 30 Jahren abzubauen; Einsparungen durch mehr interkommunale Zusammenarbeit
Bildung: Ortsnahe Grundschulen bedarfsgerecht erhalten; die Offene Ganztagsschule (OGS) an den Grundschulen weiterhin in hoher Qualität anbieten. Förderschulen nach Bedarf erhalten. Sozialarbeit an den Schulen ausbauen. Die Hauptschule am Hexbachtal unterstützen und nach Möglichkeit in eine Sekundarschule umwandeln. Das Otto-Pankok Gymnasium zu sanieren. Das Angebot der VHS dezentral und in Kooperation mit anderen Städten neu zu organisieren
Kunst und Kultur: Die kulturelle Grundversorgung weiterhin sichern
Autor:Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr |
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