Nach 40 Jahren betrat Architekt Teich wieder seine VHS
Vom Keller bis zum Dach
Endlich. Mülheim scheint in Sachen der Heinrich-Thöne-Volkshochschule an der MüGa wieder in die Spur gefunden zu haben. In eine gemeinsame Spur, wohlgemerkt. Oberbürgermeister Marc Buchholz machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Ich bin glücklich, dass dieser Termin solch eine Wende genommen hat.“
Denn nach einer üblen Vorgeschichte mit gegenseitigen Vorwürfen, gar bösen Unterstellungen und einem erfolgreichen, bisher aber nicht umgesetzten Bürgerentscheid zum Erhalt des Gebäudes war die Begegnung von Stadtspitze und Architekten teilweise hochstilisiert worden zur ultimativen Konfrontation.
Daher überraschte es doch ein wenig, wie harmonisch das Treffen verlief. So konnte ein wesentlicher und vor allem gemeinsamer Schritt getan werden in eine konstruktive Richtung, die schon aus den Augen verschwunden schien.
Ein denkwürdiger Tag
Der OB sprach direkt einmal von einem denkwürdigen Tag und berichtete von einer rund zweistündigen Begehung, die die Stadtspitze mit Fachleuten unternommen hatte. Immobilienservice, Bauordnung, Denkmalschutz, Feuerwehr, dazu Dietmar Teich als Architekt des Gebäudes und Professor Matthias Pfeifer als von ihm bestellter Gutachter. Sie alle betraten das leer stehende VHS-Gebäude an der Bergstraße, stiegen dort vom Keller bis hoch aufs Dach. Buchholz betonte: „Ich wollte uns die Zeit geben, mit Herrn Teich durch dieses Haus zu gehen. Wir haben uns exemplarisch die Schwachstellen angesehen.“
Auch für Architekt Teich war es ein emotionales Wiedersehen. Nach 40 Jahren betrat er erstmals wieder seine VHS: „Ein schöner Moment. Es kamen Erinnerungen hoch, zum Beispiel an die Schlüsselübergabe damals. Wir haben uns ein Bild gemacht vom derzeitigen Zustand, uns alle Funktionsgruppen angeschaut, über Installationen gesprochen, über die gesamte Technik, über Sanierung und Brandschutz.“
Marode Haustechnik
Fast schon erschrocken stellte der Architekt fest: „Mit diesem schlechten Zustand der Haustechnik habe ich nicht gerechnet. Es betrifft Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Elektrotechnik. Natürlich waren die Vorschriften 1980 noch ganz andere. Aber die Installationen sind derart marode, dass sie komplett ausgetauscht werden müssen. Eine Trennung zwischen Sanierung und Brandschutz ist nicht möglich. Die beiden Bereiche greifen ineinander.“
Was Marc Buchholz noch betonte: „Über den abgehängten Decken könnte Schlimmes entstehen. Als die Gesamtschule Saarn brannte, kam der Rauch plötzlich überall heraus, nicht nur am Brandherd. Die Schließung der VHS aus Brandschutzgründen war also keine Willkür, sondern unvermeidlich. Ich bin Herrn Teich außerordentlich dankbar, dass er uns bestätigt hat, dass die gesamte Technik erneuert werden muss.“
Wiederinbetriebnahme
Das von Dietmar Teich und Matthias Pfeifer zu erarbeitende Konzept soll Schritt für Schritt ans Ziel einer sinnvollen Wiederinbetriebnahme führen: „Zunächst werden wir die Kosten im Vorfeld schätzen. Natürlich müssen wir irgendwann zu den Finanzen kommen. Unsere Überlegungen kosten auch Geld.“ Zwischen 2 Millionen und 22 Millionen Euro schwankte bisher die Bandbreite. Wo seine Betrachtung finanziell landen werde, wollte Teich jetzt nicht festlegen. Er gehe aber auch nach den neuesten Erkenntnissen davon aus, unter den 22 Millionen Euro liegen zu können.
Nach dem Rundgang durchs VHS-Gebäude informierten Stadtspitze und Experten einen politischen Kreis aus Fraktionsspitzen und Einzelvertretern im Stadtrat sowie die Bürgerinitiative „Erhalt unserer VHS in der MüGa“, die durch Inge Ketzer und Erich Bocklenberg vertreten war. Zur Begehung selbst mochte Immobiliendezernent Frank Mendack diese Gruppe nicht auch noch zulassen: „Es war ja kein Spaziergang, sondern die baufachliche Draufsicht. Uns war wichtig, dass man sich persönlich austauschen konnte, auf Fachebene.“
Missverständnisse ausgeräumt
Der Kämmerer wirkte gut gelaunt: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir gut vorankommen werden.“ Missverständnisse seien ausgeräumt worden. So habe das Gutachten der Assmann-Gruppe nie das architektonische Können von Teich angezweifelt und das denkmalgeschützte Haus an sich sehr gelobt. Als das Wort vom „Schweizer Käse“ die Runde gemacht habe, sei explizit nicht die ursprüngliche Bausubstanz gemeint gewesen, sondern die später durchgeführten Veränderungen: Kabeltrassen an Fluchtwegen, nachträglich durchbohrte Wände.
Am von Seiten der Bürgerinitiative stark kritisierten Gutachten der Assmann-Gruppe möchte sich Teich gar nicht orientieren: „Wir gehen unseren neutralen Weg, daher sehen wir nicht die Notwendigkeit eines Vergleichs. Ich kenne das Gutachten, es wurde von qualifizierten Fachleuten erstellt. Es steht mir nicht zu, dieses Gutachten zu bewerten.“
OB Buchholz ergänzte: „Wir haben mit dem Assmann-Gutachten Expertise im Haus. Am Ende des Weges wird es zu einem Vergleich kommen. Ich bin sehr gespannt, wo das Ergebnis sein wird. Dann wird Politik entscheiden müssen.“ Sein Kämmerer nickte: „Die größte Hürde ist das Geld.“ Die Stadt darf nur maximal 15 Millionen Euro pro Jahr in die Erhaltung der städtischen Gebäude investieren. Weiterhin müssten andere Investitionen aufgeschoben werden, sollte die Sanierung der VHS starten.
Zufriedene Resümees
Dietmar Teich hielt fest: „Das Gespräch ist sehr gut gelaufen. Alle sind sehr zufrieden. Wir sind jetzt bei der Stunde null. Wir werden ein Konzept entwickeln, das wir innerhalb der nächsten vier Wochen vorlegen werden. Nun haben wir ein Ziel vor Augen, wo wir sinnvoll zusammenarbeiten werden.“
Oberbürgermeister Marc Buchholz resümierte: „Ein guter Aufschlag. Ich danke Herrn Teich für sein großes persönliches Engagement. Die VHS ist ja auch sein Kind. Wir haben natürlich noch kein finales Ergebnis, es werden noch viele weitere Termine folgen. Das Konzept wird für uns der Zeitplan werden, nach dem wir vorgehen. Welche weiteren Schritte muss man tun, um sich den einzelnen Gewerken zu nähern? Herr Teich wird von uns immer die Schlüssel zum Haus bekommen.“
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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