Siemens-Betriebsrat befürchtet noch mehr Stellenabbau und kämpft um die Altersteilzeit
Seit gut einem Jahr hat Joe Kaeser als Vorstandsvorsitzender bei Siemens das Ruder fest in der Hand. Doch Ruhe ist in Deutschlands größtem Elektronikkonzern und vor allem in seinem Standort Mülheim noch lange nicht eingekehrt.
Seitdem Kaeser sein ehrgeiziges Ziel von einer Milliarde Euro Einsparungspotenzial im Personalsektor verkündete, läuten bei Pietro Bazzoli, Betriebsratsmitglied bei Siemens in Mülheim, und seinen Kollegen die Alarmglocken quasi täglich neu. Bereits fest steht, dass 299 Stellen aus den Bereichen Dampfturbine, Generatorenbau und Service abgebaut werden sollen. Zudem soll die komplette Niederschaufel-Produktion nach Budapest ausgelagert werden. Das alles schreckte Bazzoli und seine Kollegen bereits im Oktober vergangenen Jahres auf. Seitdem allerdings sorgen zwei neue Projekte aus der Konzernzentrale und eine offene Verhandlungsrunde mit den Arbeitgeber-vertretern für noch mehr Kopfschmerzen bei den Arbeitnehmervertretern. Bazzoli erklärt: „Zusätzlich zur ersten Streichungswelle kommen jetzt noch einmal rund 3.300 Stellen in ganz Deutschland dazu. Diese sollen vor allem im Verwaltungsbereich wegfallen. Da von unseren 4.800 Mitarbeitern hier in Mülheim nur noch 1.000 direkt in der Produktion beschäftigt sind, machen wir uns schon sehr konkrete Gedanken.“
"Es sollen noch einmal, neben dem bereits beschlossenen Personalabbau im Energiebereich, 3.300 Stellen in Deutschland weg fallen. Das belastet die aktuelle Situation sehr." Siemens-Betriebsrat Pietro Bazzoli
Dazu kommt, dass nicht nur im Energiesektor Stellen eingespart, sondern ganze Sparten zusammengelegt werden sollen. In Mülheim betrifft dies neben der Niederschaufel-Produktion auch die Generatorensparte. „Neben Mülheim gibt es auch ein Werk in Charlotte, das zumindest auf dem Papier die gleichen Fähigkeiten hat wie wir. Da aktuell viele Sparten in den USA konzentriert werden, machen sich die Kollegen natürlich Gedanken. Und die Verlegung der Niederdruckschaufeln nach Budapest ist für uns auch noch nicht durch.“
Seit gut 20 Jahren werden in Ungarn Niederdruck-Schaufel bis zu einer Länge von 30 Zentimetern in Serie gefertigt. Alle Größen darüber hinaus werden in Mülheim als Einzelanfertigung hergestellt. Daher haben die Mitarbeiter an der Rheinstraße in diesem sensiblen Bereich der Energiesparte viel Wissen und Kompetenz erworben. Ein Pfund, mit dem Bazzoli wuchern kann und will. So sagt der Betriebsrat bereits jetzt: „Wir werden unsere Stärken lautstark und mit vielen von der Konzernleitung nur schwer zu widerlegenden Argumente in den Verhandlungen einbringen. Kampflos werden wir uns nicht ergeben.“ Der Stichtag für die Umstrukturierung und die nächsten Gespräche in Sachen Personalabbau soll im Mai/Juni 2015 liegen.
„Wir werden unsere Stärken lautstark und mit klaren Argumenten untermauern.“ Siemens-Betriebsrat Pietro Bazzoli
Bis zu diesem Zeitpunkt wollen die Arbeitnehmervertreter von Siemens innerhalb der IG Metall eine weitere wichtige Baustelle bereits wieder geschlossen haben. Der Ende März auslaufende Rahmentarifvertrag für die Metallbranche soll dann verlängert oder durch ein neues Abkommen zwischen Argebeitgeber und -nehmer ersetzt worden sein. Strittigster Punkt aus Sicht von Bazzoli aktuell - die Altersteilzeit. Für die Gewerkschaftler ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeitszeitregelung im Tarifvertrag, für die Arbeitgeber, laut Bazzoli, eher ein Luxusgut für einige in die Jahre gekommende Arbeitnehmer.
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Mehr Informationen über den geplanten Stellenabbau im Energiesektor finden Sie hier.
Autor:Sven Krause aus Mülheim an der Ruhr |
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