CDU und Bündnis 90/Die Grünen wollen Neuanfang für Mülheim
Schwarz-Grünes Bündnis

Schwarz-Grüne Eintracht bei der Ratssitzung: Tim Giesbert, Bürgermeister Markus Püll, Bürgermeisterin Ann-Kathrin Allekotte, Christina Küsters und OB Marc Buchholz.  
Foto: PR-Foto Köhring / SC
  • Schwarz-Grüne Eintracht bei der Ratssitzung: Tim Giesbert, Bürgermeister Markus Püll, Bürgermeisterin Ann-Kathrin Allekotte, Christina Küsters und OB Marc Buchholz.
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Im politischen Alltag Mülheims ist das schwarz-grüne Bündnis längst Realität. Gemeinsam werden Anfragen und Anträge gestellt, Sitzungen vorbereitet, Pressemitteilungen herausgegeben. Nun liegt auch das Bündnis-Papier vor.

Die Mitglieder der Grünen und Delegierte der CDU hatten sich jeweils deutlich für eine Kooperation beider Parteien in der Ratsperiode 2021 bis 2025 ausgesprochen: Bei der CDU waren 85 Delegierte für die Zusammenarbeit, bei zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen. Bei den Grünen stimmten 39 Mitglieder für den Kooperationsvertrag, vier enthielten sich.

Vorher galt es, in Video-Konferenzen kontaktfrei und Corona-gerecht alles durchzugehen, zu diskutieren, sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen und diese in einem Papier als Richtschnur für das gemeinsame politisches Handeln der nächsten fünf Jahren festzuhalten. In einer Pressekonferenz per Videoschalte betonten jetzt die Partei- und Fraktionsführungen die vielen Gemeinsamkeiten. Für die CDU sprachen Astrid Timmermann-Fechter und Christina Küsters, für Bündnis 90/Die Grünen Kathrin Rose und Fabian Jaskolla sowie Tim Giesbert und Franziska Krumwiede-Steiner.

Rege Diskussionen

Astrid Timmermann-Fechter betonte, dass nun alles bereit sei für einen Neuanfang in Mülheim: „Wir hatten Videokonferenzen mit den Delegierten, jeder kam zu Wort. Es wurde rege diskutiert.“ Der Umgang der Parteien miteinander sei sehr vertrauensvoll: „Ich bin zuversichtlich, dass wir eine stabile und verlässliche Mehrheit bilden für unsere Stadt.“ Für die Vereinbarung hätten sich paritätisch besetzte Arbeitsgruppen gefunden, die in elf Schwerpunkten inhaltlich gearbeitet hätten: „Uns sehr wichtige Themen sind die Attraktivitätssteigerung der Wirtschaft, Existenzgründung und Innovationszentrum, Ausbau der Digitalisierung. Besonders auch Sicherheit und Ordnung, die Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls.“

Kathrin Rose zeigte sich erfreut, dass es so einen breiten Rückhalt der Mitglieder gab: „Bei uns Grünen findet man so ein Ergebnis sonst nicht. Da war ich baff. Für uns ein Zeichen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Fabian Jaskolla ergänzte: „Wir standen bis zuletzt im Austausch mit unseren Mitgliedern und haben im Vorfeld für Aufklärung gesorgt. Daher das tolle Ergebnis. Ein großes Lob an die Fachgruppen. Inhaltlich sind uns zum Beispiel Klimaneutralität und ‚Sicherer Hafen‘ große Anliegen, wir wollen Mülheim finanziell auf stabile Beine stellen.“

Dauerthema Flughafen

Im Kooperationsvertrag sind die Handschriften beider Parteien gut erkennbar, vieles ist aber noch nicht endgültig formuliert. Christina Küsters erklärte dazu: „Bei vielen Themen sind wir noch offen, da Grundvoraussetzungen fehlen. Wir als CDU und Grüne sind uns aber weitgehend einig.“ Ein Beispiel sei das Dauerthema Flughafen, meinte Tim Giesbert: „2034 ist noch sehr weit weg. Wir haben Zeit. Wir rücken nicht ab vom Grundsatz einer Weiterentwicklung des Areals, können aber nichts im Alleingang machen. Die Stadt Essen gehört dazu.“ Christina Küsters wies darauf hin, dass der Masterplanprozess in den nächsten Wochen und Monaten weitergeführt werde.
Aufhorchen lässt ein Bekenntnis zur Volkshochschule an der Bergstraße. Tim Giesbert betonte: „Es gilt, VHS wieder an diesem Standort zu ermöglichen. Der Bürgerentscheid gilt. Wir prüfen mit Hochdruck, es laufen Gespräche. Es wird aber keine Lösung geben von heute auf morgen.“

Fraktionen und Führung beider Parteien arbeiteten Hand in Hand. Diesem Papier sei ein breit aufgestellter, kreativer Prozess vorausgegangen mit dem nötigen Realismus: „Wir haben gute Ansätze gefunden, um diese Stadt nach vorne zu bringen. Wir werden keine Luftschlösser bauen, sondern solide planen, mit einem verlässlichen Haushalt.“ Zuletzt habe es im Rat wechselnde Mehrheiten gegeben und „Zufallsergebnisse“ bei so mancher Abstimmung. Nun aber müsse Planungssicherheit her für die nächsten Jahre.

Gemeinsame Leitidee

Christina Küsters hielt fest, über allem stehe die Haushaltskonsolidierung. Man wolle mit einer verlässlichen Politik Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Die Voraussetzungen dafür seien gegeben: „Unsere Zusammenarbeit klappt gut, auch in den Fachgruppen. Das Bemühen um einen Konsens ist gegeben, menschlich gehen wir gut miteinander um. Das Papier ist die gemeinsame Leitidee.“

Deutlich wurde die Absage an weitere Planungen von Gewerbe auf Grünflächen. Fabian Jaskolla fand klare Worte: „Da stehen wir Seite an Seite, auch mit den Bürgerinitiativen. Unversiegelte Flächen wollen wir nicht bebauen, vielmehr wollen wir vorhandene Gewerbe- und Brachflächen nachhaltig nutzen.“ Christina Küsters ergänzte: „Beide Fraktionen sehen Potenzial für alternatives Bauen. Wir sind optimistisch, attraktiven Wohnraum für junge Familien und Mehrgenerationenprojekte zu schaffen und attraktive Flächen für Gewerbe.“

Nachhaltig wirtschaften

Im Februar muss der Haushalt verabschiedet werden. Hier gibt es konkrete Einsparvorschläge der Verwaltung. Kritische Punkte sind vorgesehene Kürzungen bei Offener Ganztagsschule und Kitas. Tim Giesbert erklärte: „Haushalte werden nie so entschieden, wie sie eingebracht wurden. Wir prüfen Alternativen. Man darf aber nichts reflexartig ablehnen. Der Stärkungspakt fordert uns auf, nachhaltig zu wirtschaften. Es wird nicht zu Steuererhöhungen kommen, wir werden die Summen im System generieren. Das Einsparziel von sieben Millionen Euro werden wir erreichen.“

Franziska Krumwiede-Steiner machte deutlich: „Ich glaube, wir finden noch eine Lösung.“ Allerdings rückten das Jahr 2025 und damit der Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz näher. Es bedürfe also klarer Entscheidungen: „Nicht aufschieben, sondern machen.“ Christina Küsters warf ein, dass die Mülheimer Betreuungsstandards mit überdurchschnittlichem Personalschlüssel ja genau so gewollt seien: „Wenn aber zu diesem hohen Standard der Rechtsanspruch kommt, explodieren die Kosten. Wir können da nichts versprechen.“

Kathrin Rose gab zu, dass man neidisch auf Düsseldorf und seine finanziellen Voraussetzungen schaue, doch realistisch bleiben müsse. Außerdem „verstecke“ Düsseldorf Personalkosten außerhalb des Haushaltes. Man habe viele Gespräche geführt mit Kita- und OGS-Trägern: „Inhaltlich sind wir weit davon entfernt, Trägerzuschüsse zu kürzen. Dennoch muss ein bestimmter Betrag eingespart werden.“ Sie sehe da Land und Bund in der Pflicht: „Die OGS ist generell schlecht finanziert. Auch im Kita-Bereich ist man weit entfernt von auskömmlicher Finanzierung.“

Tacheles reden

Beim Thema der Einsparungen im ÖPNV, speziell beim Kahlenbergast, zeigte sich Christina Küsters ungeduldig: „Stadt und Bezirksregierung haben da unterschiedliche Meinungen. Wir müssen jetzt schnell die Wirtschaftlichkeit klären.“ Kathrin Rose mahnte ebenfalls ein rasches Vorgehen an: „Da muss jetzt Tacheles geredet werden. Damit etwas entschieden werden kann, auch wenn es weh tut.“
Tim Giesbert resümierte: „Was nicht mehr akzeptiert wird von der Bevölkerung, ist das Aufschieben von Entscheidungen. Ein Konsolidierungskurs macht nie Spaß. Wir laden dazu ein, daran mitzuarbeiten. Ob die anderen Parteien diese Chance ergreifen, wird sich zeigen.“
Franziska Krumwiede-Steiner schloss das Gespräch: „Die Arbeit fängt jetzt erst an.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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