Das Flughafengebiet Essen/Mülheim als Siedlungsbereich im Regionalplanentwurf
Perspektiven für den Flughafen Essen-Mülheim!?
Der Flughafen Essen-Mülheim ist immer noch in der Diskussion. Flugbetrieb aufgeben oder ausbauen, Siedlungs- oder Gewerbeflächen ausweisen? Unser Leser Otto Rosenbaum Hat den aktuellen Stand der Diskussion einmal zusammengefasst:
Der Regionalverband Ruhr, dem 53 Kommunen zugehörig sind, führt gegenwärtig für sein Verbandsgebiet eine Raumordnungsplanung durch. Dabei wird für raumbedeutsame Einzelflächen planerisch die Möglichkeit für künftige Nutzungen vorbereitet. Der sogenannte Regionalplan Ruhr liegt als Entwurf vor, er besteht fast nur aus Text und enthält auch die Flughafenfläche.
Das Flughafenplangrundstück ist über eine Million Quadratmeter groß und gehört zu ca. zwei Dritteln der Stadt Mülheim und einem Drittel Essen. Vor einigen Jahren stand die Flughafenbetreibergesellschaft vor der Insolvenz, Zukunftsperspektiven waren nicht erkennbar und Mülheim, Essen und der Landtag nicht mehr bereit, weiterhin Subventionen zu zahlen. Deshalb beschloß der Stadtrat die Nutzung des Geländes als Flugplatz aufzugeben. Als Nachnutzung wurde ausschließlich eine Besiedelung vorgesehen und diese wurde in der Regionalplanung Ruhr nach Durchführung der Abwägung als Allgemeiner Siedlungsbereich ASB festgelegt. Und zwar gemäß des Gebotes der gerechten Abwägung, welches vom Bundesverwaltungsgericht als Planungsinstrument entwickelt wurde.
Dabei werden private Belange mit öffentlichen Belangen abgewogen. Der private Belang ist die Besiedelung und die öffentlichen Belange sind betroffene Schutzgüter. Dazu zählen Klima/Luft, Boden, Wasser, Biotope, Biotopverbundlächen, Kulturlandschaften etc., die geprüft und bewertet wurden und im Umweltbericht dokumentiert sind. Desweiteren wurden Forderungen von Fachbeiträgen berücksichtigt, die im Regionalplanentwurf enthalten sind. Fünf davon sprechen sich für den Erhalt des Flughafens bzw. seiner Fläche aus.
Es handelt sich um folgende:
- Fachbereich Kulturlandschaftsbereich des Landschaftsverbandes Rheinland: „das Ziel für den Flughafen lautet sichern und bewahren von Strukturen, Nutzungen, Ansichten und Sichträumen.“
- Fachbereich des NRW-Landesamtes für Natur- und Umweltschutz: wertbestimmend ist die zusammenhängende große Grünlandfläche sowie die Bereiche mit Mager- und Feuchtgrünland. Deswegen gilt als Ziel die Erhaltung und Weiterentwicklung.
- Fachbereich Klimaanpassung des Regionalverbandes Ruhr: Flächen, die der Belüftung (Belüftungsbahnen, Kaltluftabflüsse) und Kaltluftproduktion dienen und klimatische Entlastungspotentiale für die Siedlungsräume darstellen, sind zu schützen und zu erhalten. Anmerkung:d ie Planung selbst weist darauf hin, daß die ASB- Fläche klimaökologische Funktionen hoher und sehr hoher Bedeutung aufweist und somit ein Lieferant von großen Mengen an Kaltluft ist.
- Fachbereich Regionaler Grünzug des Regionalverbandes Ruhr: der hier verfügbare Freiraum ist unverzichtbarer Bestandteil eines zusammenhängenden Freiraumnetzes ist, welches zu schützen und bewahren ist, weil Mülheim innerhalb der Verdichtungszone liegt.
- Fachbeitrag Wirtschaft der Industrie-und Handelskammern und Handwerkskammern: Absicherung der bedarfsgerechten Kapazitätsanpassungen für die Flughafen- standorte in der Planungsregion Ruhr, insbesondere u.a.für den Flughafen Essen/Mülheim zur vollen Nutzung der bereits vorhandenen technischen Kapazitäten.
Die Besiedelung hat sich in der Abwägung gegenüber diesen öffentlichen Belangen durchgesetzt, weil sie als gewichtiger angesehen wurde. Zu berücksichtigen dürfte sein, daß der Flughafen wieder Zukunftsperspektiven hat, die Gemeinschaft „Wir sind Flughafen“ bereit ist zu investieren und NRW-Minister Pinkwart sich für den Erhalt ausgesprochen und Unterstützung in Aussicht gestellt hat.
Begründet wurde die vorgesehene Wohnbebauung mit einer bedarfsgerechten Siedlungsentwicklung. Die ist immer dann erforderlich, wenn gegenüber des vorhandenen Bestandes künftiger zusätzlicher Bedarf zu erwarten ist. Das scheint aber im vorliegenden Fall nicht zuzutreffen, weil die Planung erwartet, daß die Bevölkerung Mülheims zwischen 2014 und 2040 um 3,8 Prozent schrumpfen wird. Die nachstehende Tabelle ist aus dem Planentwurf rauskopiert.
SUP bedeutet Strategische Umweltprüfung, NSG Naturschutzgebiet, LBE Landschaftsbildeinheit, KLB Kulturlandschaftsbereich und ASB Allgemeiner Siedlungsbereich.
Wohnen, NSG (Umfeld), klimatische und lufthygienische Ausgleichsräume, LBE (Umfeld), KLB
Der geplante ASB bereitet die Nachnutzung des Flughafens Essen-Mülheim vor. Das Plangebiet befindet sich im Umfeld einer stark emittierenden Planfestlegung (BAB 52). Das Plangebiet liegt im südwestlichen Teil im 300 m-Puffer der Naturschutzgebiete „Rohmbachtal und Rossenbecktal“ sowie „Forstbachtal“. Der geplante ASB liegt in einem regional bedeutsamen Kulturlandschaftsbereich. Die jetzige Nutzung des Gebietes als Flughafen bildet die Grundlage des KLB. Aufgrund der Aufgabe der jetzigen Nutzung kann die Zielsetzung nicht länger verfolgt werden. Die Fläche des geplanten ASB hat klimaökologische Funktionen hoher und sehr hoher Bedeutung. Diese Flächen liegen nahezu vollständig um den vorhandenen Siedlungsraum der Städte Essen und Mühlheim, so dass eine bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung ohne die Inanspruchnahme solcher Flächen nicht möglich wäre. Im Umfeld befindet sich eine Landschaftsbildeinheit mit herausragender Bedeutung. Hierbei ist zu beachten, dass das Plangebiet derzeit als Flughafen genutzt wird.
Der Regionalverband Ruhr hatte den Regionalplanentwurf Ruhr der Öffentlichkeit über lange Zeit zugänglich gemacht, damit Bürger und sonstige Interessierteihre Meinung bis gegen Ende Februar 2019 einbringen konnten. Er ist online auch jetzt noch einsehbar. Die sehr sehr vielen Kommentare werden gegenwärtig verarbeitet und anschließend wird der Entwurf erneut der Bevölkerung zur Stellungnahme zugänglich gemacht.
Falls der Regionalplanentwurf so beschlossen wird, entsteht auf der darunter liegenden Kommunalebene für Mülheim das Recht zur Beplanung mit dem Ziel der Wohnbebauung der Flughafenfläche.
Autor:Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr |
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