Persönlicher Kommentar zu den Stellenstreichungen bei Siemens
KURZARTIKEL zu Stellenstreichungen bei Siemens vom 07.12.17
Im ARD-Fernsehmagazin “Kontraste“ vom Donnerstag, den 07.12. (21:45 Uhr) verfolgte ich mit sehr großem Interesse einen Bericht über die angekündigten Stellenstreichungen bei SIEMENS in Görlitz und weiteren verschiedenen Städten in Deutschland, sowie Mülheim an der Ruhr. Wie immer, wenn ich über neue und alte, unhaltbare & unfaire Zustände, national & international erfahre bin ich erschrocken, erstaunt und empört wütend.
Die Konzernführung entschied die Spate des (Gas-)dampfturbinenbaus zum Wohle des Unternehmens einzuschränken. Die Branche ist nicht rentabel genug und auch nicht zukunftsweisend.
Dass erneuerbare Energien die Zukunft des Anlagenbaus sind, steht hierbei außer Frage und ist nicht neu.
Dennoch wird auch mittelfristig vorerst der Turbinenbau auf dem Weltmarkt gebraucht. Man streicht kurzer Hand eine ganze Division. Damit überrascht man die Belegschaften, ihre Organisationen und die Politik. Außerdem schließt man nahezu unwiderruflich einen Sektor, den man mit viel Mühe und Knowhow über Jahrzehnte als eine Kernkompetenz aufgebaut hat. Die Konzernführung stellt die lokale und regionale Politik, besonders im Falle Görlitz vor unlösbare Probleme und lässt wieder einmal monetäre Gründe in den Vordergrund rücken. Die Schließung eines ganzen Werkes bedeutet für eine strukturschwache Stadt und ihrer Umgebung das sichere Todesurteil. Auch wenn man langfristige Überlegungen eines Großkonzerns betriebswirtschaftlich akzeptieren muss, kann es nicht sein, dass solche Entscheidungen kurzfristig, oder relativ kurzfristig kommen. Es kann auch nicht sein, dass ein milliardenschwerer DAX-Konzern mit tollem Umsatz und perfekten Gewinnen nicht in der Lage ist rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Der Konkurrenzdruck von preisgünstigeren Anbietern ist dabei auch nicht neu.
Entsprechend dem fahrlässigen anglo-amerikanischen Vorbildes des Turbokapitalismuses begnügt man sich mit Abstoßungen und Schließungen ohne Rücksicht auf die Menschen, die nicht selten mit Existenzängsten konfrontiert werden und in eine ungewisse Zukunft geschickt werden. All dies stets mit dem Fokus auf die fette Dividende der Aktionäre, zu denen sich der Vorstand natürlich mitzählen darf.
Sowohl der private als auch institutionelle Aktionär, der als Kapitalist naturgemäß Anspruch bzw. Anrecht auf Rendite hat, muss seiner Verantwortung entsprechend des Eigentums im Sinne des Grundgesetzes gerecht werden. Jeder langfristig denkende Kapitalist und Aktionär muss hier die Zusammenhänge einer moralischen Notwendigkeit und eine Nachhaltigkeit für die soziale Marktwirtschaft erkennen.
Unabhängig von üblichen – gegenseitigen – Schuldzuweisungen von Politik und Wirtschaft bezüglich ihrer Kurzsicht für die Märkte und diverser hinzukommender Aspekte, ist es unfair dem Angestellten überhaupt die Chance auf einen effektiven Arbeitskampf zu verneinen. Kapazitätendrosselung, Lohnverzicht, Überstunden, Halbtagsarbeit oder eine selbstständige Auftragssuche wären dabei nur einige Beispiele.
Leider kann ich als Fachfremder eine Umgestaltung der Werke technisch nicht beurteilen. Einem anderen Nachrichtenbericht konnte jedoch entnommen werden, dass die Orderbücher (immerhin) bis Mitte nächsten Jahres gefüllt sind und die Spate über 8 % p.a. erwirtschaften konnte.
Nach bisherigem Stand sollen die Stellen bis 2023 abgebaut werden.
Es hätte bereits zuvor zumindestens mittelfristig einen Plan geben müssen Arbeitsplätze zu verlagern, Betriebsstätten temporär umzurüsten, oder an anderen Stellen für Ausgleich zu sorgen. Zum Einen für die soziale Verträglichkeit im nationalen Kontext, sowie für die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb. Wegwerfen von Fachkompetenzen kann nicht klug sein.
Auch wenn Stellenstreichungen in jeder Hinsicht immer schwierig sind, muss das Land als Wirtschaftsstandort zum Wohle einer ausgeglichenen freiheitlich demokratischen Grundordnung gestärkt und nicht geschwächt werden.
Der Politik sind hierbei rechtlich die Hände gebunden. SIEMENS als ein Flaggschiff unabhängiger deutscher Großkonzerne könnte mit Leichtigkeit – in Absprache mit seinen Aktionären – Gewinnausschüttungen im geringen Kommastellenbereich reduzieren und so im „Kleinen“ für das „große Ganze“ wirken.
Jan Westerwalbesloh
Autor:Jan Westerwalbesloh aus Mülheim an der Ruhr |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.