OB Scholten räumt Fehler ein - Stadtoberhaupt verteidigt sich und seine Bewirtungsaffäre

Oberbürgermeister Ulrich Scholten stellte sich am Dienstagnachmittag dem Dialog mit den Mülheimer Bürgern. | Foto: PR-Foto Köhring/AK
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Von RuhrText

Oberbürgermeister Ulrich Scholten hat sich am heutigen Dienstagnachmittag vor etwa 90 Mülheimer Bürgern zu seiner Bewirtungsaffäre erklärt. Dazu hatte der OB am Wochenende über ein Youtube-Video eingeladen. Am Ringlokschuppen räumte der 60-Jährige auch Fehler ein. "Bei der ein oder anderen Geschichte sind Fehler passiert beziehungsweise war es äußerst unsensibel", meinte Scholten in Bezug auf den Alkoholkonsum bei geschäftlichen Terminen. Der OB weiter: "Wenn an der ein oder anderen Stelle über die Stränge geschlagen wurde, dann sehe ich das ein", sagte Scholten.

Etliche Bürger konfrontierten den 60-Jährigen mit Vorwürfen. Er bleibt aber zum einen dabei, dass es sich bei seinen Vergehen nur um Formfehler und nicht um einen Strafbestand gehandelt habe. Außerdem beharrt er auf seiner Verantwortung den Wählern gegenüber. "Die Rücktrittsforderungen habe ich als Überreaktion empfunden."
Der Oberbürgermeister bekam aber auch Zuspruch. Eine Bürgerin sprach sich für eine zweite Chance für das Stadtoberhaupt aus. Andere hätten auch gerne Scholtens politische Gegner bei einer solchen offenen Runde gesehen.

Scholten musste seine lauteste Stimme an den Tag legen, denn schon nach 20 Minuten fiel das Mikrofon aus. Der lebhaften Diskussion tat dies keinen Abbruch. "Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, warum ich Sie gewählt habe", rief eine Bürgerin dem Stadtoberhaupt zu. Eine andere Teilnehmerin war "enttäuscht, wie ein Oberbürgermeister so naiv sein kann." Auch der auffällige Alkoholkonsum bei dienstlichen Gesprächen kam wiederholt zur Sprache.

Hier räumte Scholten Fehler ein. "Wenn dort an der ein oder anderen Stelle über die Stränge geschlagen wurde, dann sehe ich das ein", sagte er. "Dass man nicht mal eine Gastronomie besucht, ist weltfremd", sprang jemand dem OB zur Seite. Scholten bekräftigte erneut, dass es für solche Bewirtungen keine festen Regelungen gibt. Eckpunkte, um die künftige Praxis zu verändern, will er am Donnerstag im Stadtrat einbringen. Dort würde er auch gerne wieder zu den wichtigen Themen hinübergehen. "Ich bin gespannt, wie lange wir über dieses Thema reden werden und wie lange über den Etat", so Scholten.

"Ermittlungen des Staatsanwaltes abwarten"

Die Frage, warum er nicht zurückgetreten sei, musste der OB mehrfach beantworten. Die Forderungen habe er im Mai als Überreaktion empfunden. Außerdem - und das betonte er bereits in seinem Internetvideo - sieht er sich in der Pflicht denjenigen gegenüber, die ihn 2015 zum Stadtoberhaupt gewählt haben. Zudem möchte er die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten. "Nachher wäre ich zurückgetreten, obwohl dann rauskommt, dass ich mir gar nichts habe zuschulden kommen lassen", sagte der 60-Jährige.

Wie es nun weitergehen soll? "Ich glaube, dass ich bei den meisten SPD-Mitgliedern großen Rückhalt habe", sagte Scholten. Das Vertrauen der Bürger und der politischen Mitstreiter zurück zu gewinnen, werde trotzdem viel Arbeit erfordern. "Wir reden aber weiterhin mit denjenigen, mit denen wir Geschäfte machen wollen", betonte Scholten. Er habe nicht den Eindruck, dass die Affäre in solchen Verhandlungen eine Rolle spielt.

Runde mit allen Beteiligten gewünscht

Dass es während der zweistündigen "Fragestunde" auch Zuspruch gab, tat dem Oberbürgermeister gut. "Ich hätte mir gewünscht, dass sich auch die anderen vier Herren einmal in einer solchen Runde stellen würden", hieß es aus dem Publikum. Gemeint sind die beiden Dezernenten Frank Mendack und Ulrich Ernst sowie SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff und Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler. "Die haben Herrn Scholten ganz schön ins Messer laufen lassen", sagte jemand ganz am Anfang und bekam den ersten Applaus. Auch das Wort "Pietätlosigkeit" fiel.

Dass Scholten den Forderungen nach seinem Rücktritt nicht nachgekommen ist, traf ebenfalls auf Zustimmung. "Die Gelder für eine Neuwahl können wir für Kitas Schulen und Soziales auch viel besser gebrauchen", meinte eine Dame.

Als der Fragendurst allmählich gestillt war, schien dem Gastgeber nur noch eine Sache auf den Nägeln zu brennen. "Es tut mir sehr leid, dass die ganze Sache ein schlechtes Licht auf die Verwaltung wirft, dass dort viele Mitarbeiter gebeutelt sind. Es darf nicht auf die gesamte Verwaltung zurückfallen, unsere Mitarbeiter können nichts dafür!"
"Es tut mir leid, dass es ein schlechtes Licht auf die gesamte Verwaltung wirft."

OB Ulrich Scholten

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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