Mülheimer Rat beschloss Einsatz einer mobilen Eingreifgruppe
Müllsünder werden gejagt
Wilde Müllkippen stellen in Mülheim ein anhaltendes Problem dar. Die Brennpunkte sind bekannt. Dennoch gelang es der Stadt bisher nicht, dem Problem Herr zu werden. Nun soll zur Bekämpfung von Müllsündern eine mobile Sauberkeits- und Eingreifgruppe eingesetzt werden.
Umweltdezernent Peter Vermeulen erklärte, man wolle eine bei der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) angesiedelte und schnell reagierende Einsatztruppe schaffen. Vermeulen hielt fest: „Wir können den Zustand nicht weiter hinnehmen und wollen, dass das aufhört. Wir werden notorische Verursacher zur Rede stellen, aufklären, aber auch Folgen aufzeigen.“ Es gehe um eine systematische Erfassung der Fälle, um sie ordnungsrechtlich verfolgen zu können. Daher müsse man wissen, wer der Verursacher sei. Vermeulen wies darauf hin, dass das Problem gar nicht so sehr der private Einzelfall sei: „Ein großer Bereich macht gewerblicher Abfall aus, gefolgt von Hausrenovierungen.“
Ein Euro pro Monat
Mit den ursprünglich veranschlagten Kosten von 850.000 Euro war die Politik nicht einverstanden. Im Umweltausschuss wurde intensiv diskutiert und die Verwaltung aufgefordert, einen verschlankten Vorschlag zu unterbreiten. Jetzt sollen nur drei statt vier Teams die Aufgabe übernehmen und der Gesamtaufwand reduziere sich auf 650.000 Euro. Neben den Personalkosten seien hier auch das Equipment und Zuschläge enthalten. Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf teilte mit, es handele sich hier um eine Erweiterung des Leistungsvertrages mit der MEG: „Ein ähnliches Vorgehen gab es vor ein paar Jahren, als wir den Winterdienst ausgeweitet haben.“ Zu den Vorwürfen, die Kosten könnten durch andere Anbieter unterboten werden, stellte Zentgraf fest, die MEG habe eine nachprüfbare Kalkulation vorgelegt. Sie zahle nach Tarif, und dass sei der Stadt auch wichtig. Die Umlage des Projektes auf die Bevölkerung betrage für einen Durchschnittshaushalt rund einen Euro pro Monat.
Jedes Team bestehe aus zwei Personen: Die eine verfüge über besondere Orts- und Fachkenntnis der Straßenreinigung, wisse um die üblichen illegalen Müllablagerungsorte. Da müsse man laut Vermeulen einen besonderen Spürsinn an den Tag legen. Die andere Person soll als zertifizierte Schutz- und Sicherheitskraft über besondere Kenntnisse im Umgang mit Konfliktsituationen und der Anwendung von Deeskalationsmethoden verfügen für den Fall, dass ein „Müllsünder“ angetroffen wird und zur Rede gestellt werden muss. Diese werde die MEG zunächst von externen Anbietern einkaufen müssen, bis die ersten eigenen Mitarbeiter ausgebildet sein. Letztlich sei auch die Stelle eines Einsatzleiters einzurichten, der für kurze Informationswege zur MEG sorge, aber auch zu den entsprechenden Stellen wie etwa dem städtischen Ordnungsamt. Er muss alle Meldungen entgegen nehmen und die Truppe schnell und gezielt losschicken: „Eventuell sind dann alle drei Teams gleichzeitig im Einsatz.“
Im Schutz der Dunkelheit
Peter Vermeulen betonte: „Das Angebot der MEG ist seriös. Sie fährt da ein beträchtliches unternehmerisches Risiko. Wir wollen Leistung sehen.“ Müllsünder schlügen sehr oft im Schutz der Dunkelheit zu, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Und zwar an allen sieben Tagen der Woche. Es gehe also auch um nicht unbeträchtliche Zuschläge für Nacht- und Wochenendschichten. Insgesamt sind also sieben neue Stellen zu schaffen. Diese könnten nicht bei der Stadt direkt angestellt werden, da man sich geeinigt hatte, im Zuge strikter Haushaltsdisziplin komplett auf die Einrichtung neuer Stellen bei der Stadtverwaltung zu verzichten. Nun habe die Eingreifgruppe zwar keine hoheitlichen Befugnisse, stehe aber als verlässliche und belastbare Zeugen bereit. So könnten rechtssichere Beweismittel erhoben werden. Zentgraf wies darauf hin, dass es bisher nur ganz wenige Bürger gebe, die sich als Zeugen zur Verfügung stellten: „Wir wollen da auch ein Zeichen setzen.“
Vermeulen hatte aus der Sitzung des Umweltausschusses mitgenommen, dass kurzfristige Maßnahmen gefordert wurden. Daher werde vorgeschlagen, die „Mobile Sauberkeits- und Eingreifgruppe“ schnellstmöglich an den Start zu bringen. Das Projekt könne am 1. Februar starten und laufe zunächst bis zum Jahresende: „Wir werden beobachten, ob die Maßnahme erfolgreich ist.“ Immerhin sei sie aus Gebühren bezahlt und der Einsatz von Mülldetektiven ungleich teurer als das Hinterherräumen. Zudem bringe ein Projekt mit so kurzer Laufzeit immer höhere Kosten mit sich für die Schaffung einer geeigneten Infrastruktur. Joachim Krusenbaum, Leiter der Entsorgungswirtschaft im städtischen Umweltamt, wies darauf hin, dass die Eingreifgruppe nun nicht etwa bedeute, dass das Hinterherräumen eingestellt werde. Es handele sich vielmehr um ein zusätzliches „Werkzeug“ im Kampf gegen wilde Müllkippen.
Hausmeister und Türsteher
Im Rat gab es eine kurze Diskussion. Die SPD hätte sich gewünscht, dass die Gruppe bei der Stadt angesiedelt werde, sagte Daniel Mühlenfeld: „So könnte man sie mit hoheitlichen Aufgaben versehen.“ Auf Antrag der SPD wurde die Vorlage in zwei Punkten geändert: die Zahl der einzurichtenden Stellen wurden exakt festgelegt und eine Bewertung des Projektes soll spätestens zur „Halbzeit“ erfolgen. Roland Chrobok von der CDU betonte noch, dass über eine Erhöhung der Bußgelder nachgedacht werden müsse: „Die Eingreiftruppe soll ja kein zahnloser Tiger sein.“ Die Grüne Brigitte Erd ergänzte: „Jeder sollte wissen, wie Müll zu entsorgen ist. Es ist zwar schade, aber ein pädagogischer Effekt scheint nur durch Strafe erreichbar zu sein.“
FDP-Fraktionsvorsitzender Peter Beitz äußerte Bedenken an der Tauglichkeit des Projektes: „Ein Pfadfinder mit Hausmeisterqualitäten und ein Türsteher erwischen die Müllsünder auch nicht. Ich glaube nicht, dass die Maßnahme zu einer Verbesserung führt.“ Vielmehr solle der Zugang für die Bürger vereinfacht werden, zum Beispiel mit einer von der FDP vorgeschlagenen Müll-Melde-App. Lothar Reinhard von den MBI sah das ähnlich. Die in anderen Städten schon eingesetzten Mülldetektive seien eher nicht von erfolgreicher Wirksamkeit. Der Rat der Stadt beschloss mit breiter Mehrheit aus CDU, Grünen und SPD, es mit der mobilen Eingreifgruppe zu versuchen.
Die städtischen Gebühren werden angepasst. Bei der Abwasserbeseitigung wird ein Musterhaushalt mit vier Personen 4,40 Euro im Jahr weniger zahlen müssen, bei der Abfallentsorgung steigen die Gebühren um 3,77 Prozent. Neben dem Aufwand für die „Mülldetektive“ sind die Kosten der Entsorgung der Unterflurbehälter um 103.00 Euro gestiegen. Die Zahl der Biotonnen sei stark gestiegen. Bei Straßenreinigung und Winterdienst habe sich der Gebührenbedarf kaum geändert. Insgesamt werde also der Musterhaushalt 2021 im Jahr 12,29 Euro mehr bezahlen müssen als noch 2020. Überhaupt rangiere Mülheim bei den Gebühren im Mittelfeld der Kommunen im Ruhrgebiet.
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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