Petitionen gegen die drastische Erhöhung der Grundsteuer B mit großem Zulauf
Mülheim - ein teures Vergnügen

Massive Mehrbelastungen kommen auf die Mülheimer durch die beschlossene Erhöhung der Grundsteuer B zu. Foto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de
  • Massive Mehrbelastungen kommen auf die Mülheimer durch die beschlossene Erhöhung der Grundsteuer B zu. Foto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de
  • hochgeladen von Marc Keiterling

In Mülheim zu leben - das muss man sich leisten können oder wollen. Die jüngste Erhöhung der Grundsteuer B um 250 Prozentpunkte auf den Hebesatz von 890 Prozent lässt eine Vielzahl der hiesigen Bevölkerung schäumen.

Überhaupt wird irgendwo in Deutschland den Menschen bei dieser Steuer so tief in die Taschen gegriffen wie in Nordrhein-Westfalen. Im Jahre 2018 entfielen neun der zehn höchsten Sätze bundesweit auf NRW. Absoluter Spitzenreiter bleibt Witten mit 910 Prozent, gleich dahinter hat sich nun Mülheim eingereiht. Hattingen (875) und Duisburg (855) folgen. Den niedrigsten Wert überhaupt weist Ingelheim am Rhein auf. Die Stadt in Rheinland-Pfalz berechnet lediglich einen Hebesatz von 80 Prozent. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B in Deutschland betrug 2017 470 Prozent.
Die massiv erhöhte Grundsteuer wollen viele Mülheimer nicht hinnehmen. Gleich in zwei Petitionen gehen sie dagegen an. "Die Stadtverwaltung ist nicht in der Lage, ihren Haushalt in den Griff zu bekommen. Rekordhohe Einnahmen stehen immer weiter steigenden Ausgaben gegenüber. Um diese steigenden Ausgaben zu stemmen, werden Steuern erhöht und die hausgemachten Probleme der Stadt damit auf die Schultern der Bürger abgewälzt", meint Sven Weisenhaus. Und fährt fort: "Frank Mendack, Kämmerer der Stadt, geht von einer Mehrbelastung von monatlich sechs Euro je Bürger aus. Für die Stadt bedeutet das Mehreinnahmen von 12,35 Millionen Euro pro Jahr. Doch es ist nicht abzusehen, dass damit das Schulden- und Ausgabeproblem der Kommune gelöst wird. Aus diesem Grund muss nun Stopp sein mit der ständigen Mehrbelastung der Bürger. Stattdessen muss die Stadt endlich selbst ihre Hausaufgaben machen. Und daher gilt die Forderung, die Erhöhung des Hebesatzes in der Grundsteuer B zurückzunehmen." Seine Petition ist im Netz unter www.change.org/p/stadt-mülheim-an-der-ruhr-hebesatz-der-grundsteuer-b-in-mülheim-ruhr-senken zu finden.

Annähernd 4.000 Unterstützer

Schon rund 4.000 Unterstützer - und damit weit mehr als erwartet - haben sich der Petition von Joscha Schröder angeschlossen. Sie richtet sich an Oberbürgermeister Ulrich Scholten und ist im Netz unter www.openpetition.de/petition/online/nein-zur-beschlossenen-grundsteuererhoehung-in-muelheim-an-der-ruhr zu finden. "Es kann nicht sein, dass wir Bürger dafür zahlen müssen, was von den Politikern in Mülheim die ganzen Jahre lang verursacht wurde", erklärt Schröder.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass eine solche Petition kein rechtliches Instrument der Bürger ist. Sie hat für den Stadtrat, der die Erhöhung beschlossen hat, keine verpflichtende Wirkung, sie ist lediglich eine Form von Protest mit symbolischer Wirkung. Die Grundsteuer ist in Deutschland eine Steuer auf das Eigentum, aber auch auf Erbbaurechte an Grundstücken und deren Bebauung. Gesetzliche Grundlage der Grundsteuer ist das Grundsteuergesetz. Auf den von der Finanzbehörde festgestellten Einheitswert wird nach Feststellung des Grundsteuer-Messbetrags ein je Gemeinde individueller Hebesatz angewendet.

Die Grundsteuer

*Die beiden Grundsteuertypen richten sich an unterschiedliche Empfänger. Die beiden Buchstaben sind dabei hilfreiche Tipps: Denn sie wurden nicht etwa gewählt, weil sie die beiden ersten Ziffern des Alphabets sind. Das A steht für agrarisch und das B für baulich. Typ A richtet sich an die Land- und Forstwirtschaft. Typ B ist reserviert für jeden Grund und Boden, der bebaut werden kann und nicht landwirtschaftlich genutzt wird.
*Durch Anwendung verschiedener Hebesätze fällt die Grundsteuerbelastung trotz gleicher Einheitswerte in verschiedenen Gemeinden unterschiedlich hoch aus.
*Am 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Ermittlung der für die Grundsteuer maßgeblichen Einheitswerte in Westdeutschland für Häuser und unbebaute Grundstücke auf Basis der Hauptfeststellung von 1964 für verfassungswidrig und forderte eine Neuregelung bis Ende 2019. Sobald eine neue Regelung gefunden ist, kann noch weitere fünf Jahre, höchstens aber bis Ende 2024, die Grundsteuer auf Basis der verfassungswidrigen Einheitswerte erhoben werden.

Demonstration auf dem Rathausmarkt

Protest in Form einer Demonstration wird es nun auch geben. Alexander Kocks hat eine entsprechende Veranstaltung bei der zuständigen Polizei Essen angemeldet. Auf dem Rathausmarkt können die Mülheimer am Donnerstag, 14. Februar, ab 15 Uhr ihre Stimme erheben und ihren Unmut kundtun.

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

21 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.