Nach Verlust der Dezernentenstelle
Mehr "SPD pur" - Mülheimer SPD-Fraktion will weniger Kompromisse machen

Dieter Spliethoff (links) und Claus Schindler erläutern im Gespräch die neue Haltung der SPD-Fraktion. 
Foto: PR-Foto Köhring/AK
  • Dieter Spliethoff (links) und Claus Schindler erläutern im Gespräch die neue Haltung der SPD-Fraktion.
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Seit letztem Donnerstag haben sich die politischen Verhältnisse in der Stadtspitze verschoben. Durch die Wahl von Marc Buchholz (CDU) als neuen Dezernenten für Soziales, Bildung, Gesundheit, Jugend, Kultur und Sport und damit als Nachfolger von Ulrich Ernst (SPD) besteht die Verwaltungsspitze nun aus drei CDU-Dezernten, ein SPD-Parteibuch haben nur noch Kämmerer Frank Mendack und OB Ulrich Scholten, dessen Verhältnis zur Fraktion auch nicht ungetrübt ist.

Diesen "Bruch der bisherigen politischen Gepflogenheiten" - gemeint ist eine paritätische Besetzung der Beigeordnetenstellen - nehmen die Sozialdemokraten im Rat zum Anlass, eine andere Arbeitsweise im Rat anzukündigen. Die stärkste Fraktion im Rat schmerzt der Verlust des Dezernates mit den typischen sozialdemokratischen Kompetenzen sehr. "Wir haben die Veränderung der demokratischen Mehrheiten zur Kenntnis genommen, das ist in demokratischen Prozessen so. Aber das heißt für uns, dass wir in Zukunft nicht mehr diejenigen sein werden, die Mehrheiten suchen und dafür Kompromisse machen. Das hat jetzt ein Ende", macht SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff klar. 

"Der innere Frieden im Rat ist kaputt", resümiert er. Die SPD habe sich immer daran gehalten, Kandidaten der anderen Parteien mitzutragen, solange sie wählbar gewesen seien - was sie für ihren letzten Kandidaten ohne Einschränkungen beanspruchen. "Die politische Mehrheit, die Marc Buchholz gewählt hat, ist nun in der Pflicht zu liefern". Vor allem gelte das bei den Einsparmaßnahmen.

Das habe auch nichts mit Schmollen zu tun, betont Fraktions-Geschäftsführer Claus Schindler. Aber man werde zukünftig "SPD pur" machen und nicht mehr von Anfang an auf Mehrheiten hin arbeiten. "Wir haben als stärkste Partei im Rat immer die führende Rolle angenommen und uns auch verantwortlich gefühlt, zu gestalten und Kompromisse zu suchen", erklärt Spliethoff. Man werde sich nun dem Wettbewerb der Themen stellen. "Wenn wir für unsere Themen eine Mehrheit bekommen, ist das gut. Wenn nicht, werden wir uns nicht mehr wie in der Vergangenheit verbiegen und Dinge mit der CDU unterschreiben, die wir nicht für richtig halten und für die wir dann Prügel bezogen haben. Das kann auch bedeuten, dass wir den Haushalt des Kämmerers nicht mittragen werden", warnt der SPD-Fraktionschef.

Keine Kompromisse um jeden Preis

Beim neuen Dezernenten Marc Buchholz vermisst Spliethoff eine politische Haltung zum Beispiel zur Kultur. In der Antrittsrede sei viel die Rede gewesen von Kostenkontrolle und Prüfen von Standards. Das lasse die Befürchtung aufkommen, dass mehr auf Kosten als auf Inhalte geschaut werde. "Es gibt Bereiche, da bedeutet kürzen tatsächlich schließen. Auch die guten Standards in der Ganztagsbetreuung waren uns immer wichtig." Bestimmte Felder müssten immer einer kritischer Prüfung unterliegen, aber Kürzungen dürften nicht zu einschneidend sein. Der künftige Dezernent hat bereits angekündigt, Gespräche mit der SPD und seinem Vorgänger führen zu wollen.

Die SPD will sich nun auf ihre Kernthemen konzentrieren. Dazu gehört zum einen das bezahlbare Wohnen. Hier will man mit Anträgen und Initiativen am Ball bleiben. Auch wenn man mit Peter Vermeulen einen Mann an der Spitze des Baudezernates wisse, der laut eigener Aussage den Bedarf vor allem an hochpreisigem Wohnraum sieht. "Verwertbare Daten liegen nun vor, Handlungsfelder können definiert werden", erklärt Spliethoff. Große Unterstützung aus der Verwaltung verspricht er sich aber nicht.

Schwerpunkt Kinderarmut und bezahlbares Wohnen

Das zweite große Thema der SPD ist die Kinderarmut. "Wir wissen, dass es hier großen Handlungsbedarf gibt. "Allerdings koste auch das Geld. "Wir werden sehen, ob konkrete Maßnahmen gegen Kinderarmut gemacht werden". Auch auf die Diskussion zum ÖPNV sei man gespannt. Eine Aufgabe der Straßenbahn kommt zum Beispiel für die SPD nicht infrage.
Man werde natürlich auch weiterhin gut mit den anderen Fraktionen zusammenarbeiten, aber man wolle den sozialdemokratischen Markenkern künftig stärker herausstellen.

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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