Mülheimer OGS-Betreuung wird neu ausgeschrieben
Kürzung durch die Hintertür?
Der Rechtsanspruch für Grundschulkinder auf einen Platz in der Ganztagsbetreuung wirft bereits jetzt seine Schatten voraus. Der Mülheimer Stadtrat beauftragte die Verwaltung, die Neuvergabe der Betreuung im Rahmen der Offenen Ganztagsschule (OGS) und der „Schule von acht bis eins“ europaweit auszuschreiben.
Die zwischen Stadt und freien Trägern wie Caritas und Diakonie geschlossenen Vereinbarungen laufen nämlich am 31. Juli 2022 aus. Die Trägerschaft soll für die Dauer von vier Schuljahren neu vergeben werden, eine Verlängerung um zwei weitere Jahre ist möglich. Die Ausschreibung erfolgt für jede Schule einzeln. Zurzeit zahlt die Stadt pro Schuljahr einen Zuschuss von rund 8,5 Millionen Euro.
Im Sommer werden sechs neue Gruppen eingerichtet. Die Grundschulen an der Trooststraße und am Sunderplatz, die Schildbergschule und die Barbaraschule bekommen jeweils eine zusätzliche Betreuungsgruppe sowie die Katharinenschule zwei. Einhergehen muss aber eine Reduzierung des Personalkostenzuschusses, damit die Erweiterung der OGS insgesamt kostenneutral bleibt.
Massive Kritik
Das provozierte massive Kritik von Trägern, Eltern und Teilen der Politik. So blieb es nicht aus, dass es auch in der Ratssitzung krachte. Christdemokrat Heiko Hendriks fand lobende Worte, sprach von einem guten Ergebnis und weitgehender Einigkeit im politischen Raum. Er freue sich über die Planungssicherheit.
Für die SPD hielt Gabriele Hawig dagegen. Die Vorsitzende des Bildungsausschusses klagte, die Stadt Mülheim habe sich aus der Verantwortung gezogen. Mit jeder Gruppe, die dazu komme, werde es finanziell enger. So könne der bildungspolitische Anspruch nicht gehalten werden und es drohe ein bloßes „Verwahren“ der Kinder.
Weitere Gruppen
Die Grüne Franziska Krumwiede-Steiner gab sich verwundert, warum denn die SPD sich nicht in die vorbereitenden Gespräche eingebracht habe. Oberbürgermeister Marc Buchholz unterstrich, dass die Neuausschreibung zum Sommer 2022 auf eine Vorgabe der Gemeindeprüfungsanstalt zurückgehe. Schuldezernent David Lüngen zählte auf, nach sechs in diesem Sommer werde es in den Folgejahren jeweils acht weitere Betreuungsgruppen geben. Natürlich müssten der wirkliche Bedarf und das Raumprogramm der jeweiligen Schulen berücksichtigt werden.
Sozialdemokraten und MBI enthielten sich der abschließenden Abstimmung. Am 11. November hatte der Rat bereits beschlossen, die 20 städtischen Gruppen an vier Mülheimer Grundschulen aufzugeben: Astrid-Lindgren-Schule und Erich-Kästner-Schule sowie die Schulen an der Filchnerstraße und der Zunftmeisterstraße. Hier bleibt abzuwarten, was aus den städtischen Erzieherinnen wird. Offenbar möchten nur wenige bei freien Trägern einsteigen, ein Großteil möchte weiter für die Kommune arbeiten, dann an anderer Stelle.
Qualitätsverluste
Die Stadtschulpflegschaft der Mülheimer Grundschulen sprach von einer „Kürzung durch die Hintertür“. Der Beschluss sorge für Entsetzen innerhalb der Mülheimer Elternschaft. Schon jetzt sei die Personaldecke deutlich dünner geworden und das Personal wandere bereits ab. Wenn jetzt für neu geschaffene OGS-Gruppen effektiv der Betrag pro Kind und Jahr sinke, könne das nicht ohne Qualitätsverluste möglich sein. Zwangsläufig werde der Personalschlüssel weiter sinken und es müsse auf nicht-pädagogische Ergänzungskräfte zurückgegriffen werden.
Berufstätige Eltern seien aber auf die Betreuung ihrer Kinder angewiesen und der Bedarf werde weiter steigen. Momentan sehe es aber so aus, dass die OGS in Mülheim nach und nach kaputtgespart werde. Die Elternschaft endet mit einem Appell: „Wir möchten unsere Kinder weiterhin gut betreut und begleitet wissen. Und wir fordern faire Bedingungen für die Träger und deren Mitarbeiter.“
Autor:Daniel Henschke aus Essen-Werden |
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