Kita in Coronazeiten
Kreative Angebote für die Speldorfer "Fledermäuse"
Von RuhrText
Einen Dreistufenplan hat der Mülheimer Jugenddezernent Marc Buchholz für die Gestaltung der Mülheimer Kindertagesbetreuung unter den besonderen Bedingungen in der Coronakrise vorgeschlagen. Beinahe schlagartig hatten die Kitas Mitte März wegen der Pandemie schließen müssen. Lediglich ein Notbetreuungsangebot für berufstätige Eltern und Alleinerziehende, die keine Möglichkeit für ein Homeoffice haben, wurde Schritt für Schritt eingerichtet. In der Speldorfer Kita „Fledermäuse“ an der Hansastraße legten die Erzieherinnen aber deswegen ihre Hände nicht in den Schoß. Ganz im Gegenteil: Sie entwickelten in den vergangenen Wochen kreative Angebote, um mit den Kindern und Eltern in Kontakt zu bleiben.
Im Homeoffice befanden sich zunächst auch die Erzieherinnen der Kita „Fledermäuse“, bevor die Notbetreuung beginnen konnte. Von 90 Kindern im Alter von einem Jahr bis zur Zeit der Einschulung sind mittlerweile wieder 16 zurück. Noch steht es in den Sternen, ab welchem Zeitpunkt wieder alle Mädchen und Jungen die Kita besuchen dürfen. Bis dahin werden sich die Erzieherinnen (und ein Erzieher) weiterhin viele Aktionen ausdenken. „Wir haben einen Bildungsauftrag, den wir selbstverständlich auch in dieser Krise wahrnehmen. Der Kontakt zu den Kindern und den Familien ist für uns von großer Bedeutung. Viele Eltern sehen sich plötzlich einer Doppel- oder Dreifachbelastung ausgesetzt. So gut es uns erlaubt ist, sind wir für sie und ihre Kinder da. Aus vollem Herzen!“, sagt Nicola Brehmenkamp, Leiterin der Einrichtung, deren Trägerverein die Fröbel Bildung und Erziehung gemeinnützige GmbH ist. Davon zeugen auch die vor der Kita aufgehängten Schilder mit den Aufschriften „Bis bald“, „Wir schicken euch ganz viele Grüße nach Hause“, „Wir vermissen euch“, „Haltet durch“ und „Bleibt gesund“.
Wer den persönlichen Kontakt nicht ganz abreißen lassen möchte, darf sich auch nach Anmeldung vor das „Quasselfenster“ im Hof setzen. Eine tolle Idee! Täglich kommen auf diese Weise Mädchen und Jungen ins Gespräch mit ihren Erzieherinnen, die sich auf der anderen Seite des Fensters befinden, um den geforderten Abstand einzuhalten. „Die Kinder wollen mit uns sprechen und uns zeigen, dass sie einen Zahn verloren haben oder wie lang ihre Haare gewachsen sind. Das Plaudern bereitet ihnen und uns sehr viel Spaß“, so Brehmenkamp. Das 17-köpfige Erzieherinnen-Team der seit 2013 gegründeten Kita „Fledermäuse“ hat in den vergangenen Wochen schon viel Kreativität bewiesen. Es führte mit den Kindern Gespräche über Skype, hat zum Ausdrucken ein Memory-Spiel mit den Porträts der Erzieherinnen erstellt, lustige Fotos in Verkleidungen und mit Grimassen versendet, Informationen über personalisierte, im Internet bestellbare Malbücher erteilt oder auch persönlich jedem Kind zu Ostern einen Schokoladen-Osterhasen nach Hause gebracht. Die Bewohner des nebenan gelegenen Seniorenparks „Carpe Diem“, mit dem die Kita seit Langem kooperiert, durften sich über Gebasteltes von den Kindern freuen. Brehmenkamp: „Wir erfahren in dieser Zeit von den Eltern eine große Wertschätzung. Über die Resonanz auf unsere Aktionen freuen wir uns alle riesig.“
Geöffnetes Quasselfenster
Das Zusammensein der Erzieherinnen mit den Mädchen und Jungen, die im Moment die Einrichtung besuchen dürfen, hat sich im Vergleich zu früheren Zeiten stark verändert. „Wir setzen alle Vorgaben — so gut es geht — um. Die Gruppen mit den entsprechenden Erzieherinnen werden so wenig wie möglich verändert. Auf körperliche Nähe müssen wir weitestgehend verzichten. Aber wenn ein Kind weint, wird es auch auf den Arm genommen. Um Desinfektionsmittel haben sich der Trägerverein und wir frühzeitig gekümmert. Da werden wir auch keine Probleme mit dem Nachschub bekommen“, beschreibt die stellvertretende Kita-Leiterin Carina Wiemer die Situation.
Mit Vertretern der Träger von Kitas, der Kindertagespflege und des Stadtelternrates hat sich die Stadtverwaltung intensiv beraten. Im vorgeschlagenen Dreistufenplan hat bereits die Phase begonnen, in der berufstätige Alleinerziehende nun zusätzlich zu den Eltern aus so genannten systemrelevanten Berufen die Kinderbetreuung in Anspruch nehmen können. In der zweiten Stufe geht es um die Überbrückung der Sommerferien, in der dritten Stufe um die Vorbereitung für das neue Kindergartenjahr ab dem 1. August 2020 — jeweils mit den vom Land verordneten Regeln.
Bis dahin müssen Eltern, Kinder und Erzieherinnen jede Menge Geduld aufbringen. Aber zumindest ein Wiedersehen außerhalb der eigenen vier Wände via Internet ist ja möglich. Das „Quasselfenster“ wird bei Bedarf geöffnet!
Autor:Marcus Lemke aus Mülheim an der Ruhr |
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